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Die Wohltaeter

Titel: Die Wohltaeter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nuri Kino Jenny Nordberg
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Akten von Göteborg auf dem Weg zu ihnen seien. Sie vereinbarten, am nächsten Tag zu telefonieren.
    Ninos fiel auf, dass er in der Aufregung zu weit gefahren war. Er bog in Richtung Odengata ab. Dort schien sich nichts mehr vorwärts zu bewegen, wie er müde bemerkte, als er vorsichtig nach links fuhr, um auf die richtige Spur zu gelangen. Nachdem er einige Zeit auf der Busspur gewartet hatte, während ein Schneepflug vor ihm blinkte, warf er einen Blick in den Rückspiegel und entdeckte Tante Samiras kleinen, braunen Golf einige Autolängen schräghinter sich auf der Odengata. Hinter dem Steuer saß ihr Sohn Tony und gestikulierte. Samira selbst sah wütend aus und bewegte ihre Arme ebenfalls in ausladenden Bewegungen in Richtung Tony. Ninos fuhr in schrägem Winkel etwas weiter auf die Busspur, damit sie ihn entdeckten.
    Dann kurbelte er das Fenster herunter, streckte seinen Kopf und die eine Hand hinaus und winkte. Niemand reagierte. Ein Auto, das auf ihn zugefahren kam, setzte zurück, was offenbar eine Kettenreaktion hupender Autos auslöste, die in die Gegenrichtung fuhren. Ninos’ Gesicht brannte, und er spürte, wie er unter den Armen zu schwitzen begann. Ein Verkehrschaos fehlte ihm gerade noch. Er schaute erneut in den Rückspiegel. Jetzt sah es aus, als wären Samira und Tony kurz davor, sich zu prügeln. Schnell wählte Ninos ihre Nummer, doch niemand antwortete. Als er stattdessen Tonys Nummer wählte, ging Samira ans Telefon.
    »Tja also, ich bin es«, rief Ninos. Er durfte nicht vergessen, Samira zu fragen, ob sie etwas über das Kloster im Libanon gehört hatte. Zurzeit sah es sowieso aus, als würde keiner von ihnen von der Stelle kommen.
    »Ninos, ich hab keine Zeit zu plaudern.« Sie klang gereizt. »Wir sind spät dran. Ein Idiot, der nicht in der Lage ist, Auto zu fahren, blockiert hier den ganzen Verkehr.«
    »Es herrscht ja auch Schneesturm«, begann Ninos und hängte sich erneut aus dem Fenster, um nach Art der Könige zu winken. Jetzt müssten sie ihn doch endlich sehen.
    »Tony ist völlig aufgebracht und kurz davor, ihn umzubringen. Ich kann jetzt nicht sprechen. Warte mal. Jetzt winkt dieser Idiot auch noch, was macht der bloß? Jedenfalls kommen wir nirgendwohin. Es hat keinen Sinn, jetzt mit Tony zu reden, er ist so wütend.«
    Ein Herr mit einer Pelzmütze klopfte ans Beifahrerfenster. Sein Gesicht war verkniffen vor Wut. Ninos winkte ihm zu und deutete auf das Telefon an seinem Ohr, um zu zeigen, dass er jetzt nicht sprechen konnte. Aber der Mann hörte nicht auf zu klopfen.
    Um Ninos herum hupten die Autos und begannen, gleichzeitig in alle Richtungen loszufahren. Ein großer Lieferwagen hielt gefährlich nah an seiner Stoßstange, ein Bus war in einem missglücktenVersuch, vorbeizugelangen, auf den Bürgersteig gefahren. Wie ein Blitz erfasste Ninos die plötzliche Erkenntnis: Die Haltebucht, in die er sich gerade hineingezwängt hatte, war der einzige geräumte Straßenabschnitt in dieser Richtung. Der Verkehrsstau hatte einen Namen. Melke Mire.
    »Hallo, Ninos?«, kreischte Samira, als er eine Weile lang nichts mehr gesagt hatte. »Wir sprechen uns später, ja?«, rief sie in noch schrillerem Ton.
    »Aber, ich bin es doch .«
    »Ja, ich höre , dass du es bist, aber ich habe, wie gesagt, keine Zeit. Was willst du? Können wir das nicht später besprechen?«
    »Aber, ich bin es doch.«
    »Du wiederholst dich! Das höre ich.«
    »Aber schau doch. Ich bin es in dem Auto.«
    »Hör auf, du klingst ja völlig verwirrt. Ich kann nicht sprechen, sage ich. Tony ist stocksauer.«
    »Aber warum musst du auch so schreien?«
    »Irgendein seniler Mensch in einer alten Schrottlaube hat sich auf die falsche Spur gestellt, sag ich doch. Hier ist das totale Chaos ausgebrochen. Tony ist dabei, auszusteigen. Ich lege jetzt auf.«
    Ninos trat Kupplung und Gas durch und hängte sich gleichzeitig auf die Hupe, damit der Lieferwagen ihm die zwanzig Zentimeter gewährte, die er benötigte, um die Abkürzung über die Verkehrsinsel am Seven-Eleven zu nehmen. Er hatte keine Lust, von seinem eigenen Cousin verprügelt zu werden. Er war mit mindestens einem Dutzend schwedischer Schimpfwörter und ebenso vielen ausgestreckten Mittelfingern bedacht worden, und fast genauso viele Verkehrsregeln hatte er missachtet, als er endlich in den Sveaväg einbog und sich dankbar zwischen die anderen Autos einfädelte, die sich vorwärts bewegten.
     
    »Flemming Kragerup hat mir gesagt, ich könnte dich kontaktieren. Du

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