Die Wohltaeter
große Anzahl verschiedener Shampoos sowie billige Trinkgläser, die mit Weintrauben verziert waren. Alles wurde zu »humanen« Preisen verkauft, wie es in Samiras Flyern hieß, die sie drucken und von einem Neffen in Kungsholmen verteilen ließ.
Zwar hatte sich Ninos selbst jahrelang um die Steuererklärungen für das Gewerbe sämtlicher Verwandten gekümmert, aber er überredete Samira dennoch, geduldig alle Bereiche ihres Geschäfts durchzugehen, die mehrwertsteuerpflichtig waren, und ihm zu erklären,wie das funktionierte, damit er »eine ganz gewöhnliche Geschäftsinhaberin aus der Stockholmer Innenstadt« für den Artikel zitieren konnte, den er bereits zu entwickeln begonnen hatte.
Auf Ninos’ Wunsch hin verhielt Samira sich äußerst pädagogisch und holte einen Kajalstift, den sie auf den Ladentisch legte.
»Ich kaufe diesen Stift für zehn Kronen. Darin sind zwei Kronen Mehrwertsteuer enthalten, die der Verkäufer aufgeschlagen hat. Kannst du mir folgen?«
Ninos nickte.
»Diesen Betrag ziehe ich später ab, wenn ich meine Steuererklärung mache. Also bekomme ich die zwei Kronen zurück. Der Stift kostet mich demnach eigentlich nur acht Kronen. Wenn ich diesen Kajalstift weiterverkaufe, muss ich allerdings ebenfalls die Mehrwertsteuer addieren. Wenn ich ihn für zwanzig Kronen verkaufe, sind vier davon Mehrwertsteuer. Diese vier Kronen muss ich später ans Finanzamt abführen. Da ich den Stift zu einem höheren Preis verkaufe, als ich ihn gekauft habe, erhöht sich die Mehrwertsteuer mit jedem Weiterverkauf. Steuer auf Mehrwert.«
»Und wenn du deine Ware gratis bekommen würdest?«, erkundigte Ninos sich.
»Dann müsste ich trotzdem Mehrwertsteuer draufschlagen, wenn ich sie verkaufe. Und dieses Geld bin ich dem Staat schuldig.«
»Und wenn du alles spenden würdest, was du einnimmst?«
»Dann müsste ich trotzdem Mehrwertsteuer aufschlagen und abgeben. Erinnerst du dich nicht mehr daran, dass du einmal deine Tageseinnahmen aus der Gaststätte an ein Kinderheim in Rumänien gespendet hast«, rief ihm Samira ins Gedächtnis. »Damals dachtest du doch auch, du würdest die Mehrwertsteuer sparen, aber damit hat sich das Finanzamt ja nicht zufriedengegeben. Die Mehrwertsteuer, welche die Menschen bezahlen, wenn sie dir etwas abkaufen, ist ja nicht dein Geld, sie gehört von Anfang an dem Staat. Die kannst du nicht einfach spenden.«
»Es sei denn, man ist von der Mehrwertsteuer befreit.«
»Ja, aber als normaler Gewerbetreibender kann man sich niemals von der Mehrwertsteuer befreien lassen. Da muss man einegesonderte Vereinbarung mit dem Finanzamt darüber treffen, dass man kein Geschäft betreibt, sondern nur in der Wohltätigkeit aktiv ist. Normale Unternehmen dürfen nur etwas spenden, wenn sie vorher auf ihre Einnahmen Steuern gezahlt haben.«
Samira schien mit ihrer Steuerexpertise sehr zufrieden. »Ich habe das mehrmals geprüft. Ich hatte zwischendurch Pläne, mehr von meinem Gewinn an unser Volk zu spenden, aber dann muss man eine Stiftung oder einen gemeinnützigen Verein gründen. Man kann nicht einfach ein bisschen Gewinn machen und ein bisschen spenden, ohne Steuern zu zahlen.«
»Und wenn man Verluste schreibt?«
»Das spielt keine Rolle. Man kann nur entweder gemeinnützig oder gewerbetreibend sein.«
Ninos nickte nachdenklich. So einfach war das.
Ninos hatte noch eine Station vor sich, bevor er zur Morgenzeitung fuhr. Auf dem Weg dorthin rief er Flemming Kragerup in Dänemark an.
»Einige Ausbilder haben mich in einen Keller gelockt und versucht, mich zu bestechen. Zum Glück sind meine Freunde gekommen und haben mich befreit, ich weiß nicht, was sie sonst noch mit mir angestellt hätten.«
»Das ist genau ihr Stil«, antwortete Kragerup aufgeregt. »Sie versuchen es immer zuerst mit Bestechung.«
»Und was kommt dann?«, erkundigte sich Ninos interessiert.
Kragerup verstummte kurz. »Das weiß ich nicht. Natürlich haben sie Aussteiger unter Druck gesetzt, und es gehen Gerüchte um, dass sie auch Schlimmeres getan haben. Aber bei Journalisten waren ihre Mittel bisher immer Bestechung und natürlich Verleumdungsklagen. «
»Die setzen sie bei uns ebenfalls ein. Aber haben sie denn Menschen umgebracht?«
»Soweit ich weiß, nicht. Aber Schweden ist ein spezieller Fall, das hatte ich Ihnen ja bereits gesagt. Haben Sie schon die Unterlagen über Zimbabwe gelesen, die ich Ihnen gegeben habe?«
Ninos musste einräumen, dass er noch nicht dazu gekommenwar. Es erschien ihm
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