Die Wohltaeter
gerettet werden wollten, aber wenigstens hatte er sein Bestes getan. Das galt auch für ihre italienische Kommandantin, die imstande gewesen wäre, eine ganze Schulklasse von Møllers Freiwilligen niederzuschießen, um eine Schwedin nach Hause zu holen.
»Warum trägst du das alles mit dir herum?«, fragte er Sofia und zeigte auf ihren Rucksack.
»Schussverletzungen«, murmelte Sofia.
Das brachte Ninos für kurze Zeit zum Verstummen.
»Woher wusstest du so gut über Lithium Bescheid«, war er anschließend gezwungen zu fragen.
Sofia schaute weg. »Ich nehme es seit 1991.«
Der Krieg im Persischen Golf, dachte Ninos. Aber Italien hatte wohl kaum seine Kampftaucher dorthin geschickt?
Zoran sagte, was Ninos dachte: »Aber es waren doch wohl nur eure Flugzeuge im Golfkrieg?«
Sofia sah ihn scharf an. Dann schwieg sie.
45
»Bitte sehr«, sagte Zoran, kurz nachdem das Flugzeug in Heathrow gestartet war, und beugte sich zu Ninos vor. »Das wollte ich dir eigentlich schon in Arlanda geben.« Er überreichte ihm eine gelbe Papiermappe.
»Was ist das?«
»Dieser Typ im Kanal. Die Voruntersuchung.«
Ninos nahm Zoran die Mappe aus der Hand. Er hatte keine Lust, nachzufragen, woher er sie hatte. Die Polizei hatte Ninos die Herausgabe zweimal verweigert, als er dort anrief. »Die Voruntersuchung ist also abgeschlossen?«
»Glaube schon«, antwortete Zoran.
Ninos überflog die sechzehn Seiten. Die Untersuchung schien eher pflichtgemäß erfolgt zu sein als aufgrund eines dringenden Straftatverdachts. Ein britischer Staatsangehöriger, der in Stockholm eine Art Ferienreise gemacht hatte, war in Folge seines Alkoholkonsums ertrunken. Der Engländer hatte fast zwei Promille im Blut gehabt, und laut Polizeibericht war er entweder aus freiem Willen ins Wasser gesprungen, um sich das Leben zu nehmen, oder auf eine andere Weise im Wasser gelandet, die nicht ermittelt werden konnte. Die Polizei hatte keine unmittelbaren Zeugen finden können, aber der Obduktionsbericht hielt fest, dass der Tote wegen seines Alkoholkonsums bereits kurz vor der Bewusstlosigkeit gestanden haben könnte, bevor er ins Wasser gefallen sei.
Ein Zeuge hatte ausgesagt, er habe den Mann den Strandväg vor der Brücke entlangrennen sehen, aber nichts habe darauf hingewiesen, dass jemand ihn verfolgte.
Es gab mehrere Anlagen: einige Restaurantrechnungen, ein Flugticket und eine Kopie seines Passes. Das letzte Dokument war eine Liste mit Namen, welche die Polizei in seinem Besitz gefunden hatte. Sie hatten gewisse Anstrengungen unternommen, herauszufinden, wer die genannten Personen waren, aber nur einen von ihnen ausfindig gemacht: Ole Iversen. Iversen hatte erklärt, warum sein Name auf der Liste stand. Angeblich hatte der Verstorbene den Auftrag gehabt, gewisse Wohltätigkeitsprojekte umzustrukturieren, die in die internationale Stiftung Hand in Hand eingingen. Der Engländer war ein renommierter Berater gewesen, den HHH angestellt hatte, um größere Anträge für neue Projekte bei mehreren internationalen Organen zu stellen. Da er früher mit der UN in Genf kooperiert hatte, reiste er mit Diplomatenpass. Ein Teil seiner Arbeit hatte damit zu tun, seine guten Kontakte innerhalb der UN zu aktivieren. HHH bedauerte zutiefst, dass der Berater, den sie eingestellt hatten, unter so tragischen Umständen ums Leben gekommen war, hatte Iversen in einer Stellungnahme geschrieben.
Unter den Namen auf der Liste war nur ein einziger, den Ninos wiedererkannte: Stan Jaeger. Er stand ganz am Ende. War dies vielleicht eine Liste der Notwendigen? Aber warum sollten es dann zwanzig Namen sein. In jedem Fall waren sie wohl alle Ausbilder.
»Was soll ich damit anfangen?«, fragte Ninos sich selbst, ohne mit einer Antwort zu rechnen.
»Das kann ich dir nicht sagen. Du bist der Journalist«, antwortete Zoran.
Jedenfalls war ich das bis vor drei Tagen, dachte Ninos müde. Er las sich die Liste noch zweimal durch und stopfte sie in die Tasche. Er war kurz versucht, die Liste an Zoran weiterzugeben, aber abgesehen davon, dass Ninos seine Hände nicht mit Blut beflecken wollte, war er beinahe sicher, dass dies gegen die ethischen Regeln verstieß. Er lachte bei diesem absurden Gedanken und fühlte sich machtlos.
Es war an der Zeit, einen Drink zu nehmen. Eigentlich war Alkohol für Ninos schon lange nicht mehr der große Kick, aber jetzt hatte er das Gefühl, dass er ihn aus rein chemischen Gründengebrauchen könnte. Er drückte den Stewardessknopf über
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