Die Wolkenkinder
reichlich getaner Arbeit, ziemlich abgekämpft und müde am Brunnen zusammen, um sich für die Nacht zu waschen. Jetzt im Hochsommer war das angenehm, man konnte sogar die paar ärmlichen Klamotten, die einem seit Jahren in Fetzen am Leib hingen, säubern und über Nacht zum trocknen aufhängen, sodass man sie am nächsten Tag wieder zu Verfügung hatte, denn eine zweite Garderobe hatte natürlich niemand – woher denn auch?
Ein paar Hände frisches Wasser ins Gesicht und man war fast wieder ein richtiger Mensch – welch eine Wohltat für Leib und Seele!
Niemand war zu sehen. Knechte und Mägde, sowie die Familie des Bauern schienen zu Tisch gegangen zu sein; die Jungs würden später wohl die Reste und vielleicht ein Stück Haferbrot bekommen, aber im Moment jedenfalls waren sie allein auf der weiten Fläche des Hofes und zudem ein gutes Stück entfernt vom Haupthaus. Das war die Gelegenheit für ein wenig Spaß und schon hatte Dietbert die erste Ladung Wasser im Gesicht. Der Täter, Randolf, unternahm sofort einen Fluchtversuch, sah sich aber nach Sekundenbruchteilen in den knochigen Händen seines Gegners gefangen, die ihn wie Schraubstöcke gefangen hielten. Jetzt kam, was kommen musste! Randolfs schöner Lockenkopf machte mit dem frisch eingepumpten und deshalb herbkühlen Wasser der Viehtränke erfrischende Bekanntschaft. Doch seine Rettung nahte: Lothar war, nackt wie er war, auf den ebenfalls völlig entblößten, Dietbert gesprungen, um ihn mit einem triefnassen Lumpen zu attackieren.
Die Schlacht war nun in vollem Gange.
Hätte Dietbert gewollt: Die anderen wären sang- und klanglos unter gegangen! Aber das war nicht sein Ziel, vielmehr war es ihm daran gelegen, die anderen auch einmal auf seinem Buckel reiten zu lassen – es ging um unbändige Freude! Freude und körperliche Nähe, wie sie einem normalerweise eine liebende Mutter geben würde – hätte man bloß eine gehabt!
Die Jungs hatten ihren Heidenspaß und waren schließlich völlig am Ende ihrer Kräfte lachend neben der steinernen Viehtränke aufeinander gesunken.
„Was treibt ihr denn hier?“ drang die helle, aufreizende Stimme einer jungen und normalerweise sehr scheuen Magd an ihre Ohren, was sie schlagartig wieder munter machte.
Die Jungs zuckten gleichzeitig herum und mussten nach kurzer Verblüffung und noch größerem Entsetzen feststellen, dass der äußerst interessierte Blick der jungen Dame fest auf ihren, immer noch völlig unbekleideten, Körpern hing!
Und schon ging die Hatz auf jeden nur erreichbaren Fetzen los, der dazu dienen konnte ihre nackten Hintern und so einiges mehr zu bedecken. Eine gelassenere Vorgehensweise wäre sicherlich von Vorteil gewesen, so aber entstand ein regelrechter Tumult, der in einigen Bauchlandungen und wahnwitzigen Verrenkungen mündete – sehr zum Amüsement der jungen Magd, die inzwischen mit glühenden Wangen das unerwartete Schauspiel sichtlich genoss – diese Bilder würde sie in sich aufsaugen und später immer mal wieder in wohlige Erinnerung rufen.
Letztlich war es doch noch jedem der Jungs gelungen sich irgendein Kleidungsstück zu greifen und sich vorzuhalten. So standen sie jetzt ziemlich betröppelt in Reih und Glied vor der Magd, die ihr Lachen kaum unterdrücken konnte, eine ernste Miene aufzusetzen versuchte und zur Standpauke ansetzte: „Ihr seid vielleicht eine Lausebande! Seid bloß froh, dass euch der Bauer so nicht gesehen hat! Der hätte euch sicherlich das Fell gegerbt! Eigentlich sollte ich euch Brot und Sellerie zum Abendessen bringen, aber solche Dreckspatzen werden ja wohl kaum mit ihren Schlammfingern zum Brot greifen wollen. Seht zu, dass ihr wieder in Ordnung kommt! Ich stelle euch derweil euer Essen auf den Brunnenrand!“
Mit einem schelmischen Grinsen stellte sie die grob geschnitzten Holzteller auf die Sandsteinfassung des Ziehbrunnens ab, schmiss ihre Röcke schwungvoll herum und ließ die Jungs mit offenen Mündern zurück.
Doch bevor sie mit ihrem wackelndem Hintern außer Hörweite geraten war, fiel ihr plötzlich wieder ein, was sie eigentlich unbedingt loswerden wollte! Sie blieb abrupt stehen, zögerte etwas, fasste sich aber dann doch ein Herz und drehte sich noch einmal um. Mit gedämpfter, verschwörerischer Stimme ließ sie die jungen Kerle ängstlich geduckt wissen: „Einer von euch ist anscheinend heute ziemlich in die Scheiße getreten! Emmerich plant Böses! Nehmt euch bloß in
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