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Die wunderbare Reise des kleinen Nils Holgersson mit den Wildgaensen - Vollstaendige Ausgabe

Die wunderbare Reise des kleinen Nils Holgersson mit den Wildgaensen - Vollstaendige Ausgabe

Titel: Die wunderbare Reise des kleinen Nils Holgersson mit den Wildgaensen - Vollstaendige Ausgabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Selma Lagerloef
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war.
    ‚Paß nun wohl auf, was ich sage, Malin,‘ begann er. ‚Was du da gesagt hast, daß du dich den Wölfen vorwerfen wollest, war wirklich gut von dir. Aber das ist nicht nötig, denn ich weiß jetzt, wie uns allen dreien geholfen werden kann. Du mußt jetzt nur tun, was ich sage. Du nimmst die Zügel, und was ich auch danach tue, du bleibst ganz ruhig sitzen und fährst geraden Wegs nach Linsäll. Dort weckst du die Leute auf und sagst ihnen, daß ich hier mit zehn Wölfen allein auf dem Eise sei, und bittest sie, mir zu helfen.‘
    Der Bauer wartete nun, bis die Wölfe wieder ganz dicht herangekommen waren. Dann wälzte er den großen Bottich aufs Eis hinab, sprang selbst nach und kroch darunter.
    Es war ein großer, schwerer Bottich, dazu gemacht, einen ganzen Weihnachtsvorrat an Bier fassen zu können. Die Wölfe sprangen darauf zu, bissen in die Reifen und versuchten, den Bottich umzustürzen. Aber er war zu stark und zu schwer, sie konnten nichts ausrichten; der darunter saß, war sicher.
    Ja, der Bauer wußte, daß er sicher war, die Wölfe konnten ihm nichts anhaben, und er lachte unter seinem Bottich.
    Aber plötzlich wurde er sehr ernst. ‚Sobald ich wieder in irgendeiner Not bin,‘ sagte er, ‚werde ich an diesen Braubottich denken; und ich werde mich daran erinnern, daß ich weder mir selbst noch andern unrecht zu tun brauche. Es gibt immer noch einen dritten Ausweg, es handelt sich nur darum, ihn zu finden.‘“
    Damit schloß Bataki seine Erzählung. Aber Nils Holgersson hatte jetzt schon gemerkt, daß Bataki nie eine Geschichte erzählte, ohne eine besondere Absicht dabei zu haben, und je länger er ihm zuhörte, desto nachdenklicher wurde der Junge.
    „Ich möchte wohl wissen, warum du mir eigentlich diese Geschichte erzählt hast?“ sagte er schließlich.
    „Ach, sie ist mir eben gerade eingefallen, als ich den Sonfjäll betrachtete,“ antwortete der Rabe.
    Sie flogen nun weiter den Ljusnan entlang, und nach ungefähr einer Stunde gelangten sie an das Dorf Kolsätt, das gerade auf der Grenze vonHälsingeland liegt. Hier ließ sich der Rabe in der Nähe einer kleinen niedrigen Hütte nieder. Sie hatte keine Fenster, sondern nur eine Luke; aus dem Schornstein stieg ein mit Funken vermischter Rauch empor, und aus dem Hause heraus dröhnten laute Hammerschläge.
    „Wenn ich diese Schmiede hier sehe,“ sagte der Rabe, „muß ich unwillkürlich daran denken, daß es in früherer Zeit im Härjedal und ganz besonders in diesem Dorfe hier ausgezeichnete Schmiede gegeben hat, die ihresgleichen im ganzen Reiche nicht hatten.“
    „Kannst du mir nicht vielleicht auch von ihnen eine Geschichte erzählen?“ fragte der Junge.
    „O doch, denn ich habe gehört, ein Schmied von Härjedal habe einmal zwei andere Schmiedemeister, einen von Dalarna und einen von Wärmland, zu einem Wettstreit im Nägelschmieden herausgefordert. Die Herausforderung wurde angenommen, und die drei Schmiede kamen hier in Kolsätt zusammen. Der Dalmann machte sich zuerst an die Arbeit. Er schmiedete ein Dutzend Nägel, die alle ganz gleich und so spitzig und glatt waren, daß sie nicht besser hätten sein können. Nach ihm kam der Wärmländer an die Reihe. Er schmiedete auch ein Dutzend Nägel, und diese waren über alles Lob erhaben, und dazu kam noch, daß dieser Schmied nur halb soviel Zeit dazu gebraucht hatte als der Dalmann. Als die zu Schiedsrichtern erwählten Männer dies sahen, sagten sie zu dem Schmied vom Härjedal, es hätte gar keinen Wert, wenn er noch irgendeinen Versuch machte, denn besser als der Dalmann und hurtiger als der Wärmländer könne er doch nicht schmieden.
    ‚Nein, ich ergebe mich nicht,‘ sagte der Mann vom Härjedal. ‚Es wird sich ja wohl noch etwas finden, womit ich mich auszeichnen kann.‘ Er legte das Eisen auf den Amboß, ohne es vorher in der Esse erhitzt zu haben, und hämmerte drauf los, bis es heiß war, und dann schmiedete er einen Nagel um den andern, ohne Kohlen oder einen Blasebalg zu brauchen. Noch niemals hatte man einen Schmied mit solcher Meisterschaft den Hammer schwingen sehen, und der Schmied von Härjedal wurde als der beste im ganzen Lande ausgerufen.“
    Bataki schwieg, aber der Junge wurde noch nachdenklicher.
    „Warum hast du mir das eigentlich erzählt, Bataki?“ sagte er.
    „Ach, die Geschichte fiel mir ein, als ich die alte Schmiede da sah,“ antwortete Bataki ganz gleichgültig.
    Die beiden Reisenden stiegen nun wieder miteinander in die Luft hinauf,

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