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Die wunderbare Reise des kleinen Nils Holgersson mit den Wildgaensen - Vollstaendige Ausgabe

Die wunderbare Reise des kleinen Nils Holgersson mit den Wildgaensen - Vollstaendige Ausgabe

Titel: Die wunderbare Reise des kleinen Nils Holgersson mit den Wildgaensen - Vollstaendige Ausgabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Selma Lagerloef
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der Junge fürchtete, es könnte ein Unglück daraus entstehen, wenn er die Bedingung des Wichtelmännchens erführe.
    Jetzt saß der Junge traurig und schweigsam auf dem Rücken des Gänserichs; er ließ den Kopf hängen und hatte gar keine Lust, sich umzuschauen. Er hörte, wie die Wildgänse den jungen Gänsen zuriefen, jetzt flögen sie nach Dalarna hinein, und jetzt könne man den Städjan droben im Norden sehen, und jetzt flögen sie über den östlichen Dalälf, jetzt hätten sie den Horrmundsee erreicht – und jetzt hätten sie das Tal des westlichen Dalälfs unter sich; aber der Junge mochte nichts von allem dem ansehen.
    „Ich werde ja wohl mein Leben lang mit den Wildgänsen umherziehen müssen und bekomme also noch mehr als genug von diesem Lande zu sehen,“ dachte er.
    Es ermunterte ihn auch nicht, als die Wildgänse riefen, jetzt hätten sie Wärmland erreicht, und der Fluß, dem sie südwärts folgten, sei der Klarälf. „Ich habe schon so viele Flüsse gesehen,“ dachte er, „und brauche mir also nicht die Mühe zu nehmen, noch einen zu betrachten.“
    Aber wenn der Junge auch mehr Lust gehabt hätte, sich umzusehen, wäre es doch kaum der Mühe wert gewesen, denn im nördlichen Wärmland gibt es nichts als große, einförmige Wälder, durch die sich der Klarälf schmal und schäumend hindurchschlängelt. Da und dort sieht man einen Kohlenmeiler, einen Brandplatz, wo früher ein Meiler gestanden hatte, oder einige niedrige Hütten ohne jeden Schornstein, in denen die Finnen wohnen; aber im allgemeinensteht der weite Wald so unberührt da, daß man meinen könnte, man befinde sich hoch droben in Lappland.
    Die Wildgänse ließen sich auf einem solchen Brandplatz am Ufer des Klarälf nieder; und während die Vögel von der eben hervorsprießenden frischen Wintersaat in der Nähe weideten, hörte der Junge helles Lachen und lautes Reden aus dem Walde herausdringen. Das Ränzel auf dem Rücken und die Axt über der Schulter kamen sieben große starke Männer des Weges daher. An diesem Tage sehnte sich der Junge ganz unbeschreiblich nach Menschen; er war daher ganz beglückt, als diese sieben Arbeiter die Ränzel vom Rücken nahmen und am Flußufer Rast machten.
    Sie unterhielten sich äußerst lebhaft miteinander, und der Junge lag hinter einem Erdhaufen, voller Freude darüber, Menschenstimmen zu hören. Er erfuhr bald, daß diese Männer Wärmländer waren, die sich auf dem Wege nach Norrland befanden, wo sie sich nach Arbeit umsehen wollten. Es waren fröhliche Menschen, die viel zu erzählen wußten, denn sie hatten an den verschiedensten Orten in Arbeit gestanden. Aber während sie sich nun so eifrig unterhielten, sagte einer ganz zufällig, er sei jetzt in allen Teilen von Schweden gewesen, aber keiner habe ihm so gut gefallen, wie die Nordmark droben im westlichen Wärmland, wo er daheim sei.
    „Ich stimme ganz mit dir überein, wenn du nur anstatt Nordmark Fryksdal sagst, wo meine Heimat ist,“ fiel einer von den andern ein.
    „Ich aber bin aus dem Bezirk Jösse,“ sagte ein dritter, „und ich versichere euch, dort ist es noch viel schöner als in der Nordmark und im Fryksdal.“
    Nun kam es heraus, daß alle diese sieben Männer aus den verschiedenen Teilen von Wärmland waren, und daß jeder seine Heimatgegend für besser und schöner hielt als die der andern. Sie stritten sich ein wenig, aber keiner konnte den andern von der Richtigkeit seiner eigenen Behauptung überzeugen. Es sah fast aus, als würden sie sich schließlich im Ernst entzweien; doch da kam ein alter Mann mit langem, schwarzem Haar und kleinen, zwinkernden Augen des Wegs daher.
    „Was gibts, ihr Leute? Warum streitet ihr euch denn?“ fragte er. „Ihr schreit ja, daß es nur so durch den Wald schallt.“
    Einer der Wärmländer wendete sich rasch an den Neuangekommenen und sagte: „Da du hier so hoch droben durch den Wald wanderst, bist du wohl ein Finne?“
    „Ja, das bin ich,“ erwiderte der Alte.
    „Ei, das ist recht gut,“ sagte der Mann, „denn es heißt ja, ihr Finnen hättet mehr Verstand als andere Menschen.“
    „Ein guter Ruf ist besser als Gold,“ sagte der Finne.
    „Nun, wir streiten uns eben darüber, welcher Teil von Wärmland der beste sei. Könntest du da nicht vielleicht unsern Streit schlichten, damit wir uns dieser Frage wegen nicht schließlich noch untereinander verfeinden?“
    „Ich werde entscheiden, so gut ich kann,“ sagte der Finne. „Aber ihrmüßt Geduld mit mir haben, denn

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