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Die wunderbare Reise des kleinen Nils Holgersson mit den Wildgaensen - Vollstaendige Ausgabe

Die wunderbare Reise des kleinen Nils Holgersson mit den Wildgaensen - Vollstaendige Ausgabe

Titel: Die wunderbare Reise des kleinen Nils Holgersson mit den Wildgaensen - Vollstaendige Ausgabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Selma Lagerloef
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in aller Frühe legte die Hausmutter eine Halfter oder Schlinge um Jarro, die ihn am Gebrauch seiner Flügel hinderte, und dann übergab sie ihn jenem Knecht, der ihn damals auf dem Hofe gefunden hatte. Der Knecht nahm ihn unter den Arm und ging mit ihm zum Tåkern hinunter.
    Während Jarro krank lag, war das Eis geschmolzen. Das alte vertrocknete Röhricht vom vorigen Jahre stand noch an den Ufern und Holmen, aber alle Wasserpflanzen hatten in der Tiefe Schößlinge getrieben, und die grünen Spitzen reichten schon bis zur Oberfläche des Wassers. Und jetzt waren fast alle Zugvögel zurückgekehrt. Die gebogenen Schnäbel der Scharben sahen aus dem Schilf hervor, die Taucher schwammen mit einem neuen Halskragen umher, und die Bekassinen sammelten eifrig Stroh zu ihren Nestern.
    Der Knecht bestieg einen Kahn, legte Jarro auf den Boden und begann in den See hinauszustechen. Jarro, der sich jetzt daran gewöhnt hatte, nur Gutes von den Menschen zu erwarten, sagte zu Cäsar, der auch dabei war, er sei dem Knecht sehr dankbar, daß er ihn auf den See hinausfahre. Aberder Knecht hätte ihn nicht so fest zu fesseln brauchen, denn er wolle den Menschen gar nicht entfliehen. Cäsar gab keine Antwort, er war an diesem Morgen äußerst wortkarg.
    Das einzige, was Jarro ein wenig sonderbar vorkam, war, daß der Knecht seine Flinte mitgenommen hatte. Die guten Leute auf dem Hofe würden doch sicherlich keine Vögel schießen wollen. Und außerdem hatte ihm Cäsar gesagt, die Menschen gingen in dieser Jahreszeit nicht auf die Jagd. „Es ist Schonzeit,“ hatte er gesagt, „obgleich das für mich natürlich nicht gilt.“
    Der Knecht ruderte zu einem der schilfumkränzten Sumpfholme hinüber. Hier stieg er aus, schichtete altes Röhricht zu einem großen Haufen zusammen und legte sich dahinter nieder. Die Schlinge um die Flügel und mit einer langen Schnur an das Boot angebunden, durfte Jarro umhergehen.
    Plötzlich erblickte dieser einige von den jungen Wildenten, in deren Gesellschaft er früher um die Wette über den See hin und her geschwommen war. Sie waren weit entfernt, aber Jarro rief sie mit einigen lauten Rufen herbei. Sie gaben ihm Antwort, und eine große schöne Schar näherte sich ihm. Bevor sie noch herangekommen war, begann Jarro von seiner wunderbaren Errettung und von der Güte der Menschen zu berichten. Aber schon knallten zwei Schüsse hinter ihm. Drei Enten sanken tot ins Röhricht. Cäsar platschte hinaus und fing sie auf.
    Da verstand Jarro – die Menschen hatten ihn gerettet, um ihn als Lockvogel zu gebrauchen. Und das war ihnen auch geglückt. Drei Enten hatten um seinetwillen sterben müssen.
    Es war ihm, als müsse er vor Scham selbst sterben, ja, es war ihm, als ob ihn auch sein Freund Cäsar verächtlich ansehe; und als sie wieder in der Stube waren, wagte er nicht mehr, sich neben den Hund zu legen.
    Am nächsten Morgen wurde Jarro abermals an den kleinen Holm gebracht. Auch diesmal gewahrte er bald einige Enten. Als er sie aber auf sich zufliegen sah, rief er ihnen zu: „Fort! Fort! Nehmt euch in acht! Fliegt wo anders hin! Hinter dem Schilfhaufen liegt ein Jäger im Hinterhalt! Ich bin nur ein Lockvogel!“ Und es gelang ihm wirklich, die Enten zu verhindern, in Schußweite heranzukommen.
    Jarro hatte kaum Zeit, ein Grashälmchen zu verzehren, so eifrig war er auf der Wacht. Sobald sich ein Vogel näherte, schrie er ihm seinen Warnungsruf entgegen; er warnte sogar auch Taucher und Bläßhühner, obgleich er sie verabscheute, weil sie die Enten aus ihren besten Verstecken verdrängten. Aber seinetwegen sollte gewiß kein einziger Vogel ins Unglück geraten. Und dank Jarros Wachsamkeit mußte der Knecht heimkehren, ohne Gelegenheit zu einem einzigen Schuß bekommen zu haben.
    Dessenungeachtet sah Cäsar weniger mißvergnügt aus als am Tage vorher; und als es Abend wurde, nahm er Jarro ins Maul, trug ihn zum Herd hin und ließ ihn zwischen seinen Vorderpfoten schlafen.

    Aber Jarro fühlte sich nicht mehr behaglich in der Stube; er war tief unglücklich, und das Herz tat ihm weh bei dem Gedanken, daß die Menschen ihn nie lieb gehabt hätten. Wenn jetzt die Hausfrau oder der kleine Junge ihn streichelten, steckte er den Schnabel unter den Flügel und tat, als ob er schliefe.
    Mehrere Tage hatte Jarro seine traurige Wacht gehalten, und man kannte ihn schon am ganzen Tåkern. Eines Morgens, als er wie gewöhnlich rief: „Nehmt euch in acht, ihr Vögel! Kommt mir nicht nahe! Ich bin nur ein

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