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Die Wunderheilerin

Die Wunderheilerin

Titel: Die Wunderheilerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
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dir.»
    Dann lief sie hinaus und suchte Adam. Dieser war gerade bei Sabine, die noch immer wimmernd wie ein gequältes Kätzchen in einer Ecke saß.
    «Was wird aus ihr?», fragte sie.
    Adam zuckte mit den Achseln. «Sie wird es verkraften. Irgendwann. Sie ist noch jung.»
    «Wo soll sie hin? Sie kann hier nicht bleiben.»
    «Die Herbergsmutter geht nach Naumburg. Sie hat dort Verwandte. Eines der Mädchen könne sie mitnehmen, hat sie gesagt.»
    «Gut», erwiderte Priska. «Dann soll Sabine mit ihr gehen. Ich kümmere mich um Margarete.»
    «Du kannst sie nicht zu uns bringen, das weißt du», erinnerte Adam.
    «Ja. Ich weiß. Dort, wo ich sie hinbringen werde, wird sie es gut haben.»
    «Wo soll das sein?»
    Priska lächelte und legte Adam eine Hand auf den Arm. «Mach dir keine Sorgen. Sie wird es gut haben. Lass mich nur machen.»
    Dann stand sie auf und ging davon.
    Eine Stunde später kam sie mit einem Pferd zurück. «Du musst reiten, Margarete, musst dich vor mich auf den Sattel setzen. Kannst du das?»
    Die junge Frau nickte. Priska packte ihre wenigen Sachen in eine Satteltasche, dann stützte sie Margarete, der jeder Schritt Schmerzen zu bereiten schien.
    Wenig später hatte sie Margarete mit Adams Hilfe vorsich auf den Sattel gelehnt, beide Beine auf der rechten Seite.
    «Reite vorsichtig», sagte Adam. «Und pass auf euch beide auf.»
    «Mach dir keine Sorgen», erwiderte Priska und ritt langsam davon, stets darauf bedacht, den Schlaglöchern auszuweichen.
    Der Ritt nach Zuckelhausen dauerte lange, weil Priska das Pferd so sanft wie möglich bewegte, um Margarete keine unnötigen Schmerzen zu bereiten. Als sie endlich die kleine Jagdhütte erreichten, war die Mittagszeit lange vorüber. Priska sprang vom Pferd. «Warte hier auf mich, ich komme gleich wieder», sagte sie und ging zur Hütte. Doch wie sehr erschrak sie, als sie die kleine Behausung leer fand! Sie rief nach Eva, schaute in jeden Winkel, doch alles deutete darauf hin, dass die Hütte schon eine Weile nicht mehr bewohnt war.
    Wo ist sie?, dachte Priska. Wo kann sie nur sein?
    Langsam ging sie zum Pferd und ritt zum Dorf zurück. Vor der Kate der alten Frau blieb sie stehen. Wenn jemand etwas über Eva wusste, dann war sie das.
    Zögernd klopfte sie an die Tür. Sie hatte ihre Hand noch nicht zurückgezogen, als die Tür bereits geöffnet wurde.
    «Ich habe auf Euch gewartet. Grüß Euch Gott, Stadtfrau», sagte die Alte und lächelte Priska zahnlos an.
    «Wisst Ihr, wo meine Schwägerin Eva ist?», fragte Priska und vergaß, den Gruß zu erwidern.
    «Sicher weiß ich das. Sie ist bei mir.»
    «Kann ich sie sehen, mit ihr sprechen?»
    «Aber ja. Kommt herein und bringt auch Euren Gast mit.»
    Vorsichtig half Priska Margarete aus dem Sattel. Die Alte stand dabei. «Ist sie krank?», fragte sie.
    «Acht Männer haben ihr gestern Nacht Gewalt angetan. Seither spricht sie nicht mehr.»
    «Eine aus dem Hurenhaus?»
    «Ihr habt davon gehört?»
    Die Alte nickte. «Ein Gauklertrupp ist durch das Dorf gezogen und hat Wasser am Brunnen geholt. Eine junge Frau hat uns erzählt, was vor der Stadt geschehen ist. Eines der Mädchen hat sich aufgehängt im Wald.»
    Priska nickte. «Das stimmt. Zwei sind davongelaufen, zwei sind tot und zwei geschändet. Die Herbergsmutter geht weg. Margarete aber weiß nicht, wo sie hin soll. Sie hat niemanden», sagte Priska und dachte: Niemanden außer mir. Ich bin ihre Schwester. Es ist meine Pflicht, mich um sie zu kümmern. Aber ich würde es auch ohne diese Pflicht und Verantwortung tun.
    «Meine Hütte ist klein», erwiderte die Alte. «Brot und Milch sind teuer. Fleisch und Butter haben wir schon seit Monaten nicht mehr gesehen.»
    Priska verstand. Sie löste die Geldkatze von ihrem Gürtel und reichte der Alten einige Gulden. Die Alte nahm das Geld und biss darauf herum, um zu prüfen, ob es auch echt war.
    «Vier Gulden», sagte sie. «So viel, wie man für ein ganzes Schwein bezahlen muss. Euch scheint sehr an dem Mädchen zu liegen.»
    Priska antwortete nicht auf diese Bemerkung, sondern sagte: «Ich komme einmal in der Woche zu Euch. Ich bringe Euch Fleisch, Butter und Käse. Und einen halben Gulden, wenn Ihr das Mädchen gut behandelt.»
    Die Alte nickte und betrachtete Margarete, die ganz abwesend neben Priska stand und auf einen Punkt in der Ferne zu blicken schien.
    «Das arme Ding», flüsterte die Alte. Laut aber sagte sie: «Komm mit rein, mein Herzchen. Hier tut dir niemand etwas.»
    Und zu Priska

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