Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die wundersame Geschichte der Faye Archer: Roman (German Edition)

Die wundersame Geschichte der Faye Archer: Roman (German Edition)

Titel: Die wundersame Geschichte der Faye Archer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
Vom Netzwerk:
kannst jetzt nicht schlafen!«
    »Ich wollte dösen.«
    »Du kannst auch nicht dösen.«
    »Warum nicht?«, fragte Faye genervt.
    »Weil …«
    Faye wartete. Was bildete sich diese Blondine bloß ein?
    »Ich habe Angst«, sagte ihr Gegenüber und schluckte. »Ich bin Dana.« Die hellen blauen Augen, die vermutlich schon ganze Heerscharen von Studenten in den Wahnsinn getrieben hatten, glitzerten feucht. »Du kannst jetzt nicht schlafen und mich allein lassen.«
    »Faye«, stellte Faye sich vor. Plötzlich war all ihre Wut verflogen. »Keine Panik, wir müssen nur die Zeit totschlagen. Außerdem bist du nicht allein. Selbst dann nicht, wenn ich döse.«
    Dana umfasste ihr Handgelenk. »Ich habe aber Angst.«
    Faye seufzte. »Ist ja gut.« Sie schüttelte sie ab und rieb sich die Stelle. »Das solltest du nicht tun, das ist nervig.«
    Dana starrte sie betreten an. Zu Fayes Überraschung sagte sie: »Ich weiß.«
    »Na, dann …«
    »George sagte das auch immer.«
    »George?«
    Sie winkte ab. »Lange Geschichte.«
    Faye nickte. Eigentlich wollte sie diese Geschichte auch gar nicht hören.
    »Ich habe grässliche Angst vor engen Räumen«, sagte Dana schließlich, und dann erzählte sie Faye, warum dem so war, und diese Geschichte hatte nichts mit George zu tun.
    Nach einer geschlagenen Stunde setzte sich der Aufzug wieder in Bewegung. Als die Türen sich öffneten, schauten beide Mädchen auf die Schuhe der anderen Studenten, die draußen warteten. Der Aufzug steckte noch immer viel zu tief im Schacht, sodass sie klettern mussten, um den Fußboden der Etage zu erreichen.
    Arme streckten sich ihnen hilfreich entgegen, und Dana Carter wurde zuerst herausgezogen, dann erst folgte Faye. Eine Traube von Jungs kümmerte sich um Dana, während Faye in Ruhe ihre Tasche überprüfte und beschloss, nach Hause zu gehen. Nach Danas Geschichte und der Zeit im muffigen Aufzug hatte sie das Interesse an der Bibliothek verloren. Sie wollte fort und sehnte sich nach der Stadt.
    Unbemerkt machte sie sich aus dem Staub und überließ es Dana, den anderen von ihren Ängsten und den seltsamen Geräuschen im Aufzug zu erzählen. Faye ertappte sich bei dem Gedanken, die blonde Schönheit doch ganz nett zu finden. Und bevor sie den Ausgang erreichte, wurde sie überrascht. Dana hatte die Jungs stehen lassen und kam ihr nachgelaufen.
    »Danke«, sagte sie, richtete ihre Frisur und sah an Faye vorbei in die Glastür, in der sie sich spiegelte. »Dafür, dass du nicht gedöst hast.« Jetzt schaute sie Faye an. »Ernsthaft. Danke.«
    Faye lächelte. »Schon okay.«
    So hatte ihre Freundschaft begonnen. Seit jener Begegnung im Aufzug waren Faye Archer und Dana Carter jeden Tag ein wenig unzertrennlicher geworden, und das, obwohl sie kaum verschiedener hätten sein können. Und letzten Endes war es Dana gewesen, die Faye dazu geraten hatte, einen Yogakurs zu besuchen, ohne den sie weder Mica Sagong noch Alex Hobdon je kennengelernt hätte.
    Faye schmunzelte, als sie an den Aufzug und Dana dachte und drüben, auf der anderen Straßenseite, das Real Books sah. Manchmal passierten die Dinge einfach so, und man wusste erst nachher, wie gut es war, dass sie einem zugestoßen waren. Und während Faye diesen Gedanken ins Septemberlicht dieses Morgens entließ, hüpfte sie beschwingt über die Straße, unbelehrbar, wie sie war, noch immer nach einem Motorroller Ausschau haltend.
    Das Real Books war in jeder Hinsicht ein zeitloser Ort. Das Plätschern des Brunnens vermischte sich mit all den Geräuschen, die das Leben draußen auf der Straße malte und die mit Faye in den Laden schlüpften. Mica Sagong begrüßte sie freundlich und bot ihr einen Tee an. »Du siehst aus wie jemand, der seine Mitte sucht.«
    Sie zog ein Gesicht. »Sonst noch was?«
    »Du wirkst angespannt.« Er saß ruhig in der Leseecke zwischen den saftig grünen Yuccapalmen.
    »Habe ich dich nach deiner Meinung gefragt?«
    »Nicht mit Worten.«
    Sie blieb stehen und funkelte ihn an.
    »Alles, was im Leben geschieht«, erklärte Mica ungefragt, »ist Karma.«
    Faye sagte: »Okay, schon klar.« Sie stellte ihre Tasche im Büro ab, und dann ging sie nach vorn und legte das Skizzenbuch sorgsam in die Schublade unter der alten Registrierkasse. Sie warf einen letzten Blick darauf und begann mit der Arbeit, die erst einmal darin bestand, hinter der Kasse zu stehen, die Tür zu beobachten und darauf zu warten, dass ein Kunde den Laden betrat. Sie verlagerte ihr Gewicht von einem Bein auf das

Weitere Kostenlose Bücher