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Die wundersame Geschichte der Faye Archer: Roman (German Edition)

Die wundersame Geschichte der Faye Archer: Roman (German Edition)

Titel: Die wundersame Geschichte der Faye Archer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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andere. Schließlich nahm sie sich den kleinen Hocker aus dem Hinterzimmer. Sie gähnte und sah zu Mica hinüber, aber der saß da mit geschlossenen Augen und einem geöffneten Buch auf dem Schoß.
    »Du machst dein Meditationsgesicht«, stellte Faye fest.
    »Ist kein Kunde da, den du beraten kannst?«
    »Nur wir beide.«
    »Ich meditiere.«
    Faye sagte: »Ich weiß.«
    »Ich genieße die Stille.«
    »Die Stille ist schön.«
    Jetzt öffnete Mica ein Auge und blinzelte in ihre Richtung. »Ich könnte dich entlassen, Faye Archer, das weißt du?«
    »Dann hättest du aber weniger Zeit zum Meditieren.«
    Er seufzte und schwieg.
    »Tut mir leid«, sagte sie.
    Er nickte.
    Vor einem Jahr hatte Mica einen ganzen Monat damit verbracht, einfach so dazusitzen. Er hatte Faye aufgetragen, sich um den Laden zu kümmern, während er sich vier Wochen dafür Zeit nahm. Nur aß, saß, schwieg, schlief. Jeden Tag aufs Neue, das war alles. Meditation, sonst nichts.
    »Du wirst eins mit deinen Gedanken«, hatte er gesagt, als er wieder da war, »und deine Gedanken sind eins mit dir.«
    »Es hat durch die Decke geregnet«, hatte Faye ihm erklärt. »Ich dachte, es sei gut, wenn ich es richten lasse.« Sie hatte ihm die nicht gerade geringe Rechnung des Handwerksbetriebs präsentiert. Mica hatte gelächelt und gesagt: »So ist das Leben, manchmal regnet es durch die Decke.«
    Einen Tag später war er wieder normal gewesen und hatte seine Homepage auf den neuesten Stand gebracht und einen langen Blog-Eintrag über die Vorteile des langen Sitzens verfasst.
    »Du bist komisch«, hatte sie gesagt.
    »Du bist frech«, hatte er erwidert und gegrinst.
    Wenn Mica nicht reden wollte, würde er beharrlich schweigen. Also gab Faye es auf, ihn zu ärgern.
    Glücklicherweise betrat schon bald ein Kunde den Laden. Ein Student, der ein Buch über einen Superhelden suchte. Er hatte den Titel vergessen, den Autor sowieso. »Es sind zwei Autoren, glaube ich, aber vielleicht ist auch nur einer der Autor und der andere der Zeichner.«
    Faye sagte: »Hm.«
    »Es geht um einen Helden, der maskiert ist. Er hat eine Freundin, die sich ›Mottenmädchen‹ nennt. Oder so ähnlich.«
    »Der Eskapist«, hörte sie Mica sagen. »Steht hinten bei den Eisner-Büchern.«
    Faye kannte die Eisner-Bücher, weil Will Eisner Geschich ten erzählte, die sie mochte.
    »Danke«, rief sie Mica zu und führte den jungen Studenten zu dem Regal, und an dem glücklichen Leuchten in seinen Augen und der Tatsache, dass er sie keine Sekunde länger beachtete, erkannte sie, dass er das, was er suchte, gefunden hatte.
    »Du weißt erst, was Glück ist«, hatte Mica einmal gesagt, »wenn du das Leuchten in den Augen eines Nerds gesehen hast.«
    Faye wusste, was er meinte.
    Der UPS-Mann – niemand war pünktlicher – kam in den Laden und brachte eine Ladung Pakete mit den Novitäten dieses Herbstes. Faye nahm alles entgegen, quittierte den Empfang, sah, dass der Student glücklich zwei Sammelbände Der Eskapist zur Kasse trug. Sie kassierte, bettete die beiden Comics behutsam in eine Papiertüte und überreichte sie dem Kunden, als habe er gerade den Heiligen Gral erstanden.
    Als er den Laden verlassen hatte, erhob Mica sich aus seinem Stuhl und kam zu ihr.
    »Endlich ein leidenschaftlicher Leser«, stellte er fest und sah dem Studenten hinterher.
    Faye wusste, was jetzt kam.
    »Viele Kunden«, pflegte Mica zu sagen, und er sagte genau das auch jetzt, »scheinen sich der Bücher, die sie suchen, zu schämen. Ist das nicht seltsam?«
    Faye nickte. Manche Kunden drückten sich irgendwie schuldbewusst und verdächtig wie Diebe zwischen den Regalreihen herum, schauten sich jedes Mal, wenn sie ein Buch anfassten, hektisch um, als würde jemand ihnen folgen und sie beobachten. Diese Kunden wollten keine Beratung, sie wollten ihre Ruhe. Wenn man sie ansprach, dann kauften sie gar nichts, also ließ man sie am besten in Frieden und verkaufte ihnen kommentarlos, was immer sie auf den Tisch legten.
    »Man sollte sich niemals für ein Buch schämen.«
    »Für manche vielleicht schon«, mutmaßte Faye.
    Mica lächelte vielsagend: »Ja, für manche schon.«
    Faye dachte belustigt, dass es diejenigen Bücher, derer man sich schämen musste, vermutlich gar nicht im Real Books zu kaufen gab, denn Mica Sagong war in dieser Hinsicht, und nicht nur in dieser, sehr gewissenhaft.
    »Ich bin kurz fort«, sagte Mica.
    Faye wusste, dass er gegen elf einen Workshop leitete, drüben an der Long Island

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