Die wundersame Reise einer finnischen Gebetsmühle
hatte mittlerweile die erste Prototypversion seiner Gebetsmühle fertiggestellt, zugeschnitten hauptsächlich auf Tibeter. Könnte man nicht hinreisen, um den religiösen Apparat an Ort und Stelle zu vermarkten, wollte Lauri wissen. Kalle bezweifelte das Zustandekommen einer Reise nach Tibet, denn die Chinesen hatten ja das Land schon vor Jahrzehnten besetzt und würden nicht so leicht Visa erteilen, schon gar nicht für westliche Vermarkter von Gebetsapparaten. Sogar der Dalai Lama hatte seinerzeit aus seinem Heimatland fliehen und nach Nordindien ins Exil gehen müssen.
»Reisen wir doch nach Indien«, entschied Kalle. »Dort gibt es wahrscheinlich mehr Nutzer für die Gebetsmühle als in ganz Tibet.«
In der Tat … Auch Lauri teilte die Vorstellung, dass Indien ein durch und durch religiöser Staat war. Dort blühte natürlich der Hinduismus mit all seinen verschiedenen Strömungen, und vermutlich gab es in Indien auch Muslime. All das musste vor der wichtigen Reise abgeklärt werden. Man könnte auch versuchen, den Dalai Lama, der erst unlängst von einem westlichen Fernsehsender interviewt worden war, höchstpersönlich zu treffen. Lauri ging davon aus, dass sich das mit ein wenig Glück arrangieren ließe.
Die Gebetsmühle war aus vielen alltäglichen Elementen zusammengesetzt: einem Mikrofon, Lautsprecheranlagen, einem Minicomputer und Ähnlichem. Kalle hatte beim Montieren feststellen müssen, dass es sich um kein ganz gewöhnliches Gerät handelte. Er hatte viele Erfindungen in seinem Leben gemacht, aber noch nie eine wie diese. Die Mühle schien ihren eigenen Kopf und eigene Angewohnheiten zu haben, höchst seltsam, und sie war sogar von allein und ohne Akku angesprungen. Sie ließ sich nur schwer leise drehen, da half auch nur manchmal, dass Kalle sie im Arbeitsraum an die Wand warf. Die hölzerne Schutzhülle bekam Dellen, und das Monstrum veranstaltete deswegen einen so grässlichen Lärm, dass Kalle es in Ruhe lassen musste.
Für diesen Apparat wollte er lieber gar nicht erst ein Patent beantragen, das Verfahren wäre lang und teuer. Aber Modellschutz würde er natürlich bekommen. Sein Freund Lauri bereitete also die entsprechenden Unterlagen vor, und nach zwei Tagen waren die erforderlichen Zeichnungen und Dokumente fertig. Kalle prüfte alles und befand es für gut. Schon jetzt flößte ihm das ganze Projekt irgendwie Angst ein.
Lauri schaffte die Papiere zur Post und widmete sich anschließend der Reise nach Indien und den Luftwirbelverteilern für die modernen Düsenflugzeuge.
Kalles Erfindung war im Prinzip einfach, wie es so oft bei klugen Ideen der Fall war. Die Lösung lag in der Form der Querblätter. Sie würden nicht aussehen wie üblich, sondern wären an einer der Kanten gebogen, sodass sie gleichsam die Luftströme an sich reißen und unter dem Einfluss des Druckes in die gewünschte Richtung umlenken würden. Kalle hatte seine Idee im Wasser erprobt. In der untersten Stromschnelle des Vantaanjoki hatte der Prototyp ausgezeichnet funktioniert.
Lauri leitete das Patentverfahren ein. Kalle erklärte, dass womöglich ein Jahr oder sogar zwei vergehen würden, bis er das Patent erhalten würde, aber für die Übergangszeit könnte man Erfindungsschutz durchsetzen.
Lauri fand es belebend, sich außer mit trockenem Papierkram auch mit Reisevorbereitungen beschäftigen zu können. Er war nie in Indien gewesen, sodass ihn auch in dieser Hinsicht die Reise interessierte. Um diese Jahreszeit würde es heiß sein in Südostasien, aber das war für einen Mann, der fast zwei Tage im eiskalten Finnischen Meerbusen gestanden hatte, nur von Vorteil.
Zunächst flogen sie mit der Finnair nach Paris, wo Lauri mit dem Hauptkontor der französischen Air France Kontakt aufnahm. Gemeinsam gingen die Freunde ins Büro der Fluggesellschaft, um das System zur Eliminierung von Luftwirbeln vorzustellen. Kalle hatte sogar ein Modell der Querblätter, die hinten am Motor befestigt werden sollten, mitgebracht. Die neue Idee stieß in der Fluggesellschaft sofort auf großes Interesse. Lauri tauschte die Nutzungserlaubnis gegen Flugtickets ein. Er und Kalle bekamen ein ganzes Heft mit Air-France-Tickets, die sie beide berechtigten, mit Maschinen der französischen Fluggesellschaft und auf deren Kosten zu jedem beliebigen Zielort zu fliegen.
Lauri und Kalle schrieben sich eigenhändig Tickets erster Klasse von Paris nach Neu Delhi und zurück aus. Lauri schlug erneut vor, dass sie bei der Gelegenheit auch
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