Die Zauberer 01 - Die Zauberer
die Nachricht von dem Überfall überbracht hätte. Aber Accalon wollte die Botschaft persönlich überbringen, wollte dem König selbst berichten, welch schrecklichen neuen Feind der schwarze Dschungel Aruns hervorgebracht hatte.
Noch immer stand ihm das Geschehen deutlich vor Augen, sah er seine Kameraden und Untergebenen unter den Pranken der grausamen Echsenkreaturen sterben, überall waren Blut und zerfetztes Fleisch. Weder wusste er, woher die unheimlichen Krieger gekommen waren, noch wie viele es von ihnen gab - ein ganzes Heer von ihnen jedoch, das war ihm klar, konnte das Reich vernichten.
In solch trübe Gedanken versunken, lenkte er das Pferd nach Nordwesten. Und je müder er wurde und je mehr ihn die Erschöpfung niederdrückte, desto weniger war er in der Lage, Erinnerung und Gegenwart zu unterscheiden; immer wieder blickte er sich im Sattel um, ob ihm nicht jemand folgte. Jedes Mal erwartete er, schuppige Kreaturen aus dem Unterholz brechen zu sehen, was zwar nicht geschah, doch in Hauptmann Accalons Gedanken wurden aus den ohnehin grässlichen Echsenkriegern unbesiegbare Monstren von apokalyptischer Gestalt, und noch ehe er die ausgedehnten Wälder von Trowna erreichte, war er zu der Überzeugung gelangt, dass das Reich dem Untergang geweiht war und es in ganz Erdwelt nur eine einzige Person gab, die dieser schrecklichen Entwicklung noch Einhalt gebieten konnte. Elidor, König aller Elfen und Herrscher des Reiches von Tirgas Lan ...
26. CARIAD GWAHARTHUN
»Komm schon! Versuch es noch einmal!«
Doch Granock hörte seinen Freund Ogan kaum. Seine Laune war so weit gesunken, dass sie die frostigen Temperaturen außerhalb der Eisfestung noch weit unterbot.
»Was hast du denn?«, rief Ogan besorgt. »Möchtest du lieber eine Pause machen?«
»Nein«, entgegnete Granock genervt, »ich möchte am liebsten alles hinschmeißen. Ich komme mit diesem elenden Ding einfach nicht zurecht!« Und um zu demonstrieren, was er meinte, warf er den Übungszauberstab, den er in den Händen gehalten hatte, zornig zu Boden.
»Das ist nicht gut«, sagte der Elf voller Bestürzung. Er stand auf der anderen Seite des Kampfplatzes, den eigenen Zauberstab fest umklammernd. »Ihr müsst eins werden, der flasfyn und du, und das geht nicht, wenn du ihn wegwirfst.«
»Was du nicht sagst«, fuhr Granock seinen elfischen Mitschüler an, der fast zwei Köpfe kleiner war als er und dessen Kleidung über Bauch und Hüften auffällig spannte. Ogan wurde von Tag zu Tag dicker, und seitdem er auf der Ordensburg Shakara weilte, hatte man ihm bereits die dritte Tunika schneidern müssen.
»Du musst dich konzentrieren, Granock«, beharrte er. »Nur wenn du es dir vorstellen kannst, kannst du es auch tun.«
»Das habe ich allmählich verstanden«, knurrte Granock. »Aber es mir vorzustellen und es tatsächlich zu tun, sind zwei völlig verschiedene Dinge.« »Sind sie nicht«, widersprach Ogan. »Sieh nur, selbst ich kann es, obwohl ich sonst der Schwächste von allen bin.«
Und um seine Worte unter Beweis zu stellen, ließ er ihnen einen konzentrierten Gedankenimpuls folgen, der Granock mit Wucht gegen die Brust traf und ihn zurücktaumeln ließ, bis sich seine Beine ineinander verhedderten und er zu Boden fiel.
»Siehst du?«, fragte Ogan und grinste übers ganze bleiche, feiste Gesicht. »Ja«, stöhnte Granock, sich nur mühsam beherrschend, »ich seh's.« Es war nicht das erste Mal, dass er an diesem Morgen auf den Hintern gefallen war - und das nicht nur im übertragenen Sinne. Anfangs hatte er sich darüber gefreut, dass sich Ogan als einer der wenigen Elfen, die sich überhaupt mit ihm abgaben, erboten hatte, ihm ein wenig Nachhilfeunterricht zu geben. Denn während die anderen Novizen bereits dabei waren, ihren Umgang mit dem Zauberstab zu perfektionieren, brachte der junge Mensch noch nicht einmal einen einfachen tarthan zustande, von einem dailän- wath ganz zu schweigen.
Auf allen anderen Unterrichtsgebieten - von angewandter Metaphysik über Geschichts- und Naturkunde bis hin zur hohen Mysterik - hatte er rasch aufgeholt und brauchte den Vergleich mit den anderen Novizen nicht mehr zu scheuen. Auch seine Sprachkenntnisse wurden immer besser, und im Umgang mit der ihm eigenen Gabe wurde er zusehends geschickter. Wenn es allerdings darum ging, das zu wirken, was man landläufig als Zauberei bezeichnete, in Wirklichkeit jedoch nichts anderes war als das exakte Zusammenwirken mentaler Fähigkeiten und den Kräften, die den
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