Die Zauberer 03 - Das dunkle Feuer
Fieberhaft redete sie sich ein, dass alles gut werden würde, wenn sie Aldur nur innig genug ihre Liebe versicherte. Aber in den Blicken, mit denen er sie bedachte, lag weder Hingebung noch Zärtlichkeit, sondern nur rohes Begehren. Der Vergleich mit einem Raubtier, das sein Revier markieren wollte, drängte sich ihr auf, und zum ersten Mal in ihrem Leben schämte sie sich ihrer Nacktheit, als sie die Verschnürung der Tunika löste, den Stoff langsam an sich her abgleiten ließ und sich entblößte.
Sie fröstelte, nicht so sehr, weil sie unbekleidet war, sondern weil sie das Gefühl hatte, als wolle Aldur sie mit Blicken verschlingen. Einen endlos scheinenden Augenblick lang stand er vor ihr und starrte sie an, weidete sich so unverblümt und lüstern am Anblick ihrer nackten Brüste und ihrer unverhüllten Weiblichkeit, dass sie nicht anders konnte, als sie mit den Händen zu bedecken. Ein Grinsen huschte daraufhin über die Gesichtszüge des Elfen, dann trat er auf sie zu, umfasste ihre Handgelenke und presste sie gegen die Wand.
Sie versuchte redlich, seiner Begehrlichkeit mit zarten Liebkosungen zu begegnen, um ihm ihre Zuneigung zu zeigen. Er jedoch schien genau jenen niederen Trieben verfallen, die er stets so verachtet hatte. Fiebrig und heiß wanderten seine Hände über ihren Körper und betasteten ihn, dann zerrte er sie zu Boden und warf sich auf sie.
In dem Moment, als er keuchend in sie eindrang, wurde Alannah schmerzlich bewusst, dass der Elf namens Aldur tatsächlich nicht mehr existierte.
Und in dieser Nacht hörte Rothgan die Stimme zum ersten Mal.
2. CYSGURA DORYS SHAKARA
Vier Jahre später
Die Hand war fest um den Zauberstab geschlossen, der im Licht des Deckenkristalls weißlich schimmerte; die blauen Augen, die nicht schmal waren wie die eines Elfen, sondern ihren menschlichen Besitzer verrieten, starrten matt und blicklos.
Sie hatten vieles gesehen, Freude und Leid, Sieg und Niederlage, Triumph und Verzweiflung. Sie hatten größere Wunder geschaut als je ein Mensch zuvor, aber auch in tiefere Abgründe geblickt; und sie waren Zeuge jener dunklen Stunde gewesen, die in mancher Hinsicht Granocks Leben beendet hatte.
Die Stunde des Abschieds.
Die Stunde des Bruchs.
Du blutest, Meister...
Granock brauchte den Blick nicht zu heben. Er wusste auch so, wem die Stimme gehörte, die er in seinem Kopf hörte, obwohl die eisige Stille, die in der Kammer herrschte, nicht gestört worden war. Es war kein anderer als Ariel, sein Koboldsdiener, der zu ihm sprach und der sich wie alle Angehörigen seiner Art der Gedankenübertragung bediente, um sich mitzuteilen.
Dein Zauberstab ...
Granock blickte auf den flasfyn in seiner Hand und stellte fest, dass tatsächlich ein rotes Rinnsal an dem aus Elfenbein gefertigten Schaft rann. Er hatte die Finger so fest in das glatte Material gekrallt, dass unter den Nägeln Blut hervorgetreten war. Granock scherte sich nicht darum. Im Gegenteil, wenn er den Schmerz gefühlt hatte, so hatte er ihn genossen. Es war einer der vielen Wege, die er gefunden hatte, um sich für seine Verfehlung zu bestrafen.
Er zuckte gleichmütig mit den Schultern und wischte das Blut mit seiner Robe ab. Dass es auf dem grauen Stoff dunkle Flecken hinterließ, scherte ihn ebenso wenig wie die Besorgnis, die sich auf Ariels pausbäckigen Gesichtszügen zeigte. Der Kobold vor ihm, trotz der Kälte barfüßig und in grüne Kleidung gehüllt, die an diesem Ort seltsam fehl am Platz schien, stemmte in gespielter Entrüstung die Ärmchen in die Hüften. In dieser Haltung hatte er Granock früher gern verspottet, weil dieser als Mensch die Geheimnisse der Zauberei zu erforschen trachtete. Doch die Unkenrufe des Kobolds waren längst verstummt. Zum einen, weil Granock gelungen war, was kein anderer Mensch vor ihm geschafft hatte, und er in den Orden der Zauberer aufgenommen worden war; zum anderen, weil er schon lange nicht mehr der einzige Sterbliche war, der durch die geheiligten Hallen Shakaras schritt.
Die Zeiten hatten sich geändert.
Krieg war über Erdwelt gekommen wie eine Seuche, und wie in jedem Konflikt galt es, Verbündete zu suchen, die das Überleben sicherten. Ideale und Prinzipien, so schien es, hatten schon vor langer Zeit ihre Bedeutung verloren und waren der bitteren Notwendigkeit gewichen; Granock jedenfalls hatte den Grund, in diesem Krieg zu kämpfen und sich mit aller Macht dafür einzusetzen, dass die gute Seite triumphierte, vor langer
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