Die zauberhafte Tierhandlung, Band 02: Lotte und die Drachenmagie (German Edition)

passiert war, obwohl der Rest der Klasse es vergessen zu haben schien.
    Ruby grinste sie an. Sie war so blass geworden, dass ihre Sommersprossen sich sehr viel deutlicher von der Haut abhoben als sonst. Dann flüsterte sie leise (dabei machte Mrs Laurence im Moment nicht den Eindruck, als nähme sie viel wahr): »Aber sie haben es alle vergessen! Was soll das bringen?«
    Lotte schüttelte den Kopf. »Ich glaube, du erinnerst dich daran, was wirklich passiert ist, weil wir wissen, dass wir dir vertrauen können. Aber Zara hat nicht alles vergessen. Sie weiß, dass etwas Schreckliches vorgefallen ist.« Sie warf einen kurzen Blick über die Schulter zu Bethany, Ellie und dem Rest von Zaras kleiner Bande. »Und sie wissen es auch, sieh nur.«
    Ruby nickte. »Ich hoffe, sie schlottern so vor Angst, dass sie sich eine Weile noch nicht mal in deine Nähe wagen«, zischte sie grimmig.
    Lotte zuckte leicht mit den Schultern. »Ich würde keine Wetten darauf abschließen, wie lange es anhält. Aber auch wenn sie wieder gemein zu mir sind, habe ich ja die Erinnerung an das, was heute passiert ist. Sie werden mir nie wieder solche Angst einjagen wie bisher.«
    »Du hast gewonnen, Lotte!«, hauchte Ruby, ein Auge auf Mrs Laurence gerichtet, die langsam aufzuwachen schien.
    Und Lotte nickte und grinste zurück. Ja. Sie hatte gewonnen.
    Sofie sprang an Lotte hoch, als sie die Ladentür aufstieß. »Was ist passiert? Erzähl mir alles!«, bellte sie, und plötzlich erschallte eine wilde Mischung aus Quieken und Zischen und Flattern, als sämtliche Tiere im Laden verlangten, mehr zu erfahren.
    Lotte hob Sofie auf und streichelte ihre samtweichen Ohren. »Weißt du es denn nicht?«, fragte sie etwas verwirrt. »Ich hatte angenommen, du könntest es sehen.«
    Sofie schüttelte verärgert den Kopf. »Nein, nicht richtig. Du hast all meine Magie genommen. Ich musste den ganzen Nachmittag schlafen, um mich davon zu erholen!«
    »Aber das tust du doch sonst auch«, warf Onkel Jack ein.
    Sofie guckte ihn an, als sei er ein Idiot. »Ja. Aber heute war es nicht, weil ich es wollte .«
    Lotte setzte sich auf die Ladentheke und beschrieb den Zara-Zauber, so gut sie konnte. Es dauerte ewig, weil sie ständig von irgendwem unterbrochen wurde, und dann kam Danny nach Hause, und sie musste wieder von vorn anfangen.
    »DasklingtnachsehrmächtigerZauberei«,murmelteOnkelJackbesorgt,alsLotteschließlichmitihrerGeschichtefertigwar.»Ichbinnichtsicher,obAriadnedirdieseDingeschonbeibringensollte.«
    »Sie hat es uns nicht beigebracht!«, rief Sofie aus. »Wir haben es uns selbst ausgedacht, Lotte und ich.« Sofie thronte stolz auf dem Tresen. Sie war so beeindruckt von sich selbst, dass sie fast ein Stück gewachsen zu sein schien.
    LottezucktemitdenSchultern.»EswarsowiesoeineeinmaligeSache.KeineSorge.«SiesahzuDannyrunter,dersichaufdieLadenthekestützte.SeptimussaßaufseinerSchulter.»Wiewar’sinderSchule,Sep?«
    Septimus’ Schnurrhaare zitterten vor Abscheu. »Woher Menschen die Frechheit nehmen, Ratten dreckig zu nennen … !« Er schauderte. »Die Toiletten! Und der Geschichtslehrer lag komplett falsch mit der Pest. Wir Ratten hatten nichts damit zu tun.«
    Danny grinste. »Es war toll. Wir haben diese irre Idee für Bio morgen. Sep wird so tun, als sei er aus einem der Käfige in Mr Jones’ Labor ausgebüchst. Die Mädchen werden alle durchdrehen!« Dann sah er auf den Boden und murmelte etwas, das so leise war, dass Lotte es fast überhört hätte. »Danke, Lotte. Für gestern. Du bist ein viel besserer Kumpel als die Jungs in der Schule. Oder du wärst es, wenn du nicht meine kleine Cousine wärst, meine ich.«
    Lotte seufzte, und Sofie verdrehte die Augen. Nach Dannys Maßstab war er gerade praktisch zu Kreuze gekrochen. Andererseits hatte sie nicht damit gerechnet, dass er überhaupt so viel zugeben würde.
    »Und was ist, wenn man dich erwischt?« Sofie versuchte, ihm etwas Vernunft einzubläuen. Lotte hörte mit halbem Ohr zu, wie Sofie sich mit Sep zankte, und erlaubte dem warmen Summen unzähliger Ladengeräusche, die Kabbelei allmählich auszublenden. Die pinkfarbenen Mäuse stritten sich, wie sie sich am besten in Lottes Turnbeutel versteckten, damit sie auch zur Schule gehen konnten. Lotte machte sich eine gedankliche Notiz, ihre Sportschuhe am nächsten Morgen gründlich auszuklopfen.
    »Alles okay, Lotte?«, fragte Onkel Jack. »Du siehst aus, als wärst du in Gedanken meilenweit weg.«
    Lotte lächelte ihn an. »Mir geht es gut.