Die zauberhafte Tierhandlung, Band 03: Lotte und das Einhorn (German Edition)
während der Sommerferien ein paarmal über den Weg gelaufen und hatte sie schon nicht ausstehen können, bevor sie herausfand, dass sie in derselben Klasse waren. Sie und Sofie hatten eine abgemagerte kleine Katze vor Zara und ihrer Bande gerettet (auch wenn Sofie sich inzwischen weigerte zuzugeben, dass sie daran beteiligt gewesen war – sie war kein Katzenfan), womit sie sich Zara zu einer noch größeren Feindin gemacht hatten. Lotte hatte die Katze mit in den Laden genommen, wenn auch ein wenig widerstrebend. Sie war sich nicht sicher gewesen, was Onkel Jack davon halten würde, eine kleine verhungerte Streunerin beisich aufzunehmen, die nicht sprechen konnte, da doch all seine anderen Tiere magisch waren. Aber es hatte sich herausgestellt, dass Tabitha sehr wohl über magische Kräfte verfügte, und Lotte hatte ein wundervolles Zuhause bei Ariadne für sie gefunden, deren neue Vertraute sie nun war.
»Machst du Halloween irgendwas?«, fragte Lotte Ruby.
»Nein. Meine Mum hält nichts von dem ganzen Zirkus. Sie zwingt uns alle, bei zugezogenen Vorhängen im Wohnzimmer zu sitzen und so zu tun, als wären wir nicht da. Ich meine, sie würde mich wahrscheinlich auf eine Halloweenparty gehen lassen, aber sie mag die Süßes-oder-Saures-Bettelei nicht. Sie sagt, das alles sei bloß erfunden worden, damit dieMenschenDingekauften.Warumfragstdu?Möchtest du losziehen?«
»Nein.« Lotte war nicht sicher, wie sie es formulieren sollte. Sie wollte nicht verrückt klingen. »Ich war letztes Jahr mit Freunden von meiner alten Schule beim Süßes-oder-Saures. Mir macht es nichts aus, es dieses Jahr ausfallen zu lassen. Es ist nur, dass ich heute Morgen das Gefühl hatte, dieses Halloween könnte ein bisschen, na ja, unheimlich werden.«
Ruby sah sie an, als wolle Lotte sie veräppeln. »Was, hast du etwa Angst, jemand könnte dir mit seinen Plastikvampirzähnen eine fiese Bisswunde verpassen?«, fragte sie grinsend.
Lotte starrte auf ihre Hände und murmelte leise: »Aber was ist, wenn sie gar nicht aus Plastik sind?«
»Oh!« Rubys Grinsen verblasste. »Oh, ich verstehe, was du meinst.«
»Alle verkleiden sich, und es macht Spaß und ist lustig und nicht wirklich unheimlich. Aber was, wenn es die Wesen, als die wir uns verkleiden, tatsächlich gibt?«, fragte Lotte.
»So hatte ich das bisher noch nicht betrachtet«, gab Ruby zu.
»Bei Halloween geht es um mehr als nur um Süßigkeiten und Kürbisse. Und wir wissen, dass es Hexen gibt.«
»Natürlich wissen wir das, du bist schließlich eine«, stellte Ruby fest.
Lotte schüttelte entschlossen den Kopf. »Ich bin nur Ariadnes Lehrling. Was einen großen Teil der Zauberei angeht, weiß ich bisher noch nicht mal, was ich da tue. Und das ist der Grund, warum ich diesen Samstag zu Hause bleiben und fernsehen werde. Selbst wenn ich zur besten Halloweenparty aller Zeiten eingeladen werde!«
Am Nachmittag hatte sich der Nebel vom Morgen verzogen und einem wunderschönen, knackig kalten Oktobertag Platz gemacht. Trotzdem war Lotte auf dem Heimweg nach wie vor unbehaglich zumute. Sie war eine Hexe. Ariadne hatte es selbst gesagt, nachdem Lotte Zara vor ein paar Wochen mit einem Zauberbann belegt hatte. Zara hatte versucht, Lotte hereinzulegen und es so aussehen lassen, als habe sie bei einem Test geschummelt, und Lotte hatte sich mit einem Zauber davor geschützt. Bis dahin war sie zu ängstlich gewesen, ganz allein zu zaubern. Sie war Zara sogar dankbar, auf eine verquere Art und Weise. Und sie hatte keine Angst mehr vor ihr. Lotte konnte Zara immer noch nicht leiden, aber der Zauber hatte die Macht gebrochen, die Zara über sie gehabt hatte.
Ruby war der Meinung, es sei alles umsonst gewesen, weil die anderen vergessen hatten, dass es passiert war, aber Lotte war sich da nicht so sicher. Zara hatte nicht dieselbe Macht über die Klasse wie zuvor. Ihre kleine Bande lief ihr immer noch hinterher wie lauter Hündchen, aber einige der anderen Mädchen hatten sich in letzter Zeit getraut, ihr die Stirn zu bieten. Es war, als habe Lottes Zauber den Bann gebrochen, mit dem Zara sie alle bisher belegt hatte.
Lotte blinzelte und blieb mitten auf dem Bürgersteig stehen. Ruby war nach Hause gegangen, daher war sie zum Glück allein und konnte in Ruhe darüber nachdenken. Zaras Bann? Lotte hatte damit eigentlich nicht gemeint, dass Zara auch eine Hexe war – aber gab es einen Grund, wieso sie keine sein sollte? Sie hatte auf jeden Fall eine seltsame, beinah übernatürliche
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