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Die Zauberlehrlinge

Die Zauberlehrlinge

Titel: Die Zauberlehrlinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Goddard
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ja, den haben wir schön drangekriegt, nicht? Mit besten Grüßen Woodrow
    Den letzten Absatz von Hackensacks Brief las Harry erst, als er inmitten der wimmelnden Menge der Pendler auf dem Bahnsteig für die nach Süden abgehenden Züge in Kensal Green stand und auf die nächste Bahn der Bakerloo-Linie wartete. »Das Interesse am Thema verloren?« murmelte er vor sich hin und lächelte grimmig. »Keine Gefahr, Woodrow.«
    Der Zustand von Mrs. Tandys Wohnzimmer war jetzt nicht mehr wichtig. Er wusste nicht, was diese letzte Enthüllung bedeutete. Aber er wusste, dass er es herausfinden musste. Noch an diesem Tag.

60. Kapitel
    Langsam hellte sich ein eisiger Wintermorgen auf, während der Zug durch das schneefleckige Essex fuhr. Harry befasste sich mit dem Gewirr seiner eigenen Gedanken. Er las nochmals Hackensacks Brief und Slades Notizen. Dabei versuchte er sich an möglichst vieles von seiner letzten Reise in diese Gegend zu erinnern. Er dachte an Athene Tilsons Worte -»Wenn Sie höhere Dimensionen wirklich verstehen wollen, gibt es Schlechteres als meinen eigenen Raubzug auf dieses Gebiet« - und die Widmung in dem Buch, das sie ihm gegeben hatte. Für Harry, hatte sie geschrieben. Mögen Sie ebenso viel finden wie suchen. Die Wortwahl war ihm von Anfang an seltsam erschienen. Und jetzt bekam diese Seltsamkeit eine unheilvolle Bedeutung.
    Der Zug erreichte Ipswich um neun Uhr. Es war der gleiche, mit dem Harry im Oktober gefahren war, und so wusste er, dass er bis zum Bus nach Southwold noch reichlich Zeit hatte. Trotzdem hastete er über die Fußgängerbrücke und den Bahnsteig zum Ausgang. Sein Gefühl, keine Zeit verlieren zu dürfen, entstand eher aus einer Geisteshaltung als aus einer Notwendigkeit.
    Als er an den Fenstern des Imbissraums zu seiner Linken vorbeikam, ließ ihn ein merkwürdig vertrauter Anblick innehalten. Eine plumpe Gestalt in zeltartigem Regenmantel saß an einem der Fenstertische und starrte zu ihm hinaus, wie er zu ihr hinein starrte. Ihr Gesicht war bleich wie der Mond, das Haar hell wie eine Flamme, wo ein goldener Sonnenstrahl darauf fiel. In ihren Augen stand eine Verblüffung, die fast an Furcht grenzte.
    Er stieß die Tür auf und trat ein. Die Luft war ein warmer Schwall aus Kaffeeduft und Zigarettenqualm. An einem Ende des Raums war ein Gleisarbeiter eifrig mit einem Spielautomaten beschäftigt. Am anderen Ende, hinter zahlreichen leeren Tischen, saß Athene Tilsons Haushälterin neben einer riesigen, schmuddeligen rosa Reisetasche und einem Cellokasten, der mehr bunte Aufkleber trug als der Schrankkoffer eines Weltreisenden.
    »Mace, nicht wahr?« fragte Harry, als er an ihren Tisch trat »Erinnern Sie sich an mich?«
    »Ja, ich erinnere mich«, murmelte sie.
    »Waren Sie über Weihnachten verreist?«
    »Wie kommen Sie darauf?«
    »Na, die Tasche und weil Sie hier sind.«
    »Ich war nicht verreist, ich reise ab.«
    »Aha. Ferien?«
    »Ich gehe endgültig.«
    »Was? Warum denn das?«
    »Fragen Sie Athene. Es war ihre Entscheidung.«
    »Wie bitte?«
    »Sie hat mich rausgeworfen.«
    »Sie scherzen!«
    »Sehe ich so aus?« Ihre Verlorenheit war fast greifbar, von den winzigen, behandschuhten Händen, die sich um die Teetasse schlössen, bis zu der bitteren, erschrockenen Qual in ihren Augen. Sie scherzte ganz bestimmt nicht. »Athene lässt eine Menge Dinge hinter sich, wenn sie einmal das Beste aus ihnen herausgeholt hat. Ich nehme an, ich hätte nicht überrascht sein sollen, dass ich die nächste auf der Liste war.«
    »Sie hat Sie rausgeschmissen?«
    »Wenn Sie so wollen. Aber da ich eigentlich nie eine richtige Angestellte war... vertrieben käme der Sache näher.«
    »Das verstehe ich nicht.«
    »Wer hat Athene jemals verstanden? Ich jedenfalls nicht - Nicht mal nach dreizehn Jahren.«
    »Sie haben dreizehn Jahre für sie gearbei... Verzeihung, bei ihr gelebt?«
    »Ja. Manche Leute haben einfach Pech, nicht?«
    »Das ist allerdings eine lange Zeit. Ich bin gerade unterwegs zu Dr. Tilson. Haben Sie...«
    »Gehen Sie nicht hin.« Ihr Gesicht wurde plötzlich rot. Sie hob die Hand und umklammerte seinen Unterarm. »Bitte nicht!«
    »Warum nicht?«
    »Versprechen Sie mir einfach, dass Sie nicht gehen.«
    »Das kann ich nicht.«
    »Sie müssen!«
    »Nicht ohne eine Erklärung.«
    » Auf Bahnsteig zwei läuft der planmäßige Neun-Uhr-Zwölf-Zug nach London Liverpool Street ein «, unterbrach sie der Bahnhofslautsprecher. Mace blickte mit einem Ruck auf und sah dann auf ihre riesige

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