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Die Zauberlehrlinge

Die Zauberlehrlinge

Titel: Die Zauberlehrlinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Goddard
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Armbanduhr. »»Dieser Zug hält in Manningtree, Colchester und London Liverpool Street!«
    »Ihr Zug?«
    » Ja. «
    »Wohin fahren Sie?«
    »Ich weiß nicht genau.«
    »Sie wissen es nicht?«
    »Ich meine, es spielt keine Rolle.«
    »Aber das geht doch nicht!«
    »Keine Rolle im Vergleich zu...« Sie ließ seinen Arm los, und ihre Hand fiel auf den Tisch zurück. »Hören Sie auf meinen Rat. Gehen Sie nicht nach Southwold.«
    »Warum nicht?«
    Sie sah ihn mit großen, flehenden Augen an. »Stimmt es, dass David Ihr Sohn war;'«
    » Ja. «
    Sie nickte. »Es gibt eine gewisse Ähnlichkeit, das sieht man.«
    »Kannten Sie ihn gut?«
    »Ich habe ihn geliebt.«
    »Was?«
    »Ich liebte David. Verehrte ihn aus der Ferne. In Cambridge und seither. Unerwiderte Leidenschaft ist nicht sonderlich poetisch. Eigentlich eher zerstörerisch.«
    »Sie waren mit David in Cambridge?«
    »Ja.« Ihre Augen bekamen einen träumerischen Blick.
    »Athene war meine Tutorin und Davids Fachbereichsleiterin. Man könnte sagen, dass sie uns zusammenbrachte. Und auseinanderhielt.«
    »Ich hatte davon keine Ahnung.«
    »Warum sollten Sie auch?« Der Zug nach London ratterte in den Bahnhof, doch Mace machte keine Anstalten aufzustehen. »Warum sollte irgendjemand eine Ahnung davon haben?«
    »Erzählen Sie mir davon.« Harry setzte sich neben sie. »Ich würde es gern verstehen.«
    »Ich werde meinen Zug verpassen.«
    »Es gibt noch andere.«
    »Das haben übrigens meine Freunde über David gesagt. Es gibt viele Fische im Meer, eine Menge Kieselsteine am Strand. Nimm dich zusammen, komm auf eine Party und such dir einen Jungen. Verstehen Sie? Die üblichen Platitüden. Nicht gerade hilfreich.«
    »Warum hat es nicht geklappt?«
    »Nicht wegen meines Gewichts, wenn Sie das meinen.«
    »Ich habe nie...«
    »Damals war ich schlank. Sogar schön, wie manche fanden, direkt präraffaelitisch.« Sie runzelte die Stirn und bedeckte sie mit einer Hand. »Tut mir leid. Ich war immer überempfindlich. Vor allem, seit... Nun ja, Tatsache ist, dass David sich einfach nicht für mich interessierte. Ursprünglich studierte ich Musik, nicht Mathematik. Er fand, dass jeder, der den Kontrapunkt der Mathematik vorzog, entweder pervers oder dumm sein musste oder beides. Wenn ich zurückblicke, denke ich, eigentlich hätte es mir klar sein müssen, dass es hoffnungslos war. Wir hatten einfach nicht genug Gemeinsamkeiten.« Sie brachte ein schwaches Lächeln zustande. »Aber mit neunzehn war ich eben nicht sehr besonnen.«
    »Wer ist das schon?«
    »David zum Beispiel. Besonnen, zielstrebig, erschreckend reif und dazu unwiderstehlich attraktiv.«
    »War da jemand anderer?«
    »O ja, da war jemand anderer, nur wusste ich das damals nicht. Ich dachte, er wäre ungebunden. Deswegen war die Abfuhr ziemlich schwer hinzunehmen. So schwer, dass...« Sie seufzte und schüttelte den Kopf. »Ich bewies ihm, dass er mich zu Recht für dumm gehalten hatte.«
    »Wie das?«
    »Ich gab das ernsthafte Studium auf, folgte ihm überallhin, bombardierte ihn mit Liebesgedichten. Oh, und ich fing an, Ladendiebstähle zu begehen, hauptsächlich Bücher und Kleider. Der Psychiater sagte, ich wolle Aufmerksamkeit erregen. Die Aufmerksamkeit der Polizei erregte ich jedenfalls und die der Universitätsbehörden. Als sie mit mir fertig waren, war nicht mehr viel übrig.« Abwesend strich sie über den Hals des Cellokastens. »Nicht mal eine halbwegs anständige Cellistin.«
    »Sie müssen eine schwere Zeit durchgemacht haben.«
    Sie nickte. »Umso schwerer, als ich selbst daran schuld war.«
    »Wie kam es, dass Sie schließlich mit Dr. Tilson lebten?«
    »Sie hatte Avocet House gerade für ihren späteren Ruhestand gekauft und brauchte jemanden, der sich während der Woche darum kümmerte, wenn sie in Cambridge war. Ich war auf Bewährung und hatte keine große Wahl. Entweder musste ich Athenes Angebot annehmen oder zu meinen Eltern zurückgehen. Da gab es nichts zu überlegen, glauben Sie mir. Wenn ich zu denen gegangen wäre, säße ich heute vermutlich in einer Anstalt.«
    »Fahren Sie jetzt zu ihnen?«
    »Für ein paar Tage. Und dann... ich weiß nicht.«
    »Aber warum sind Sie die ganze Zeit in Southwold geblieben? Die Bewährung kann doch keine dreizehn Jahre gedauert haben.«
    »Es gefiel mir da, und ich mag Athene. Sie hat so etwas Friedliches. Das kann ziemlich ansteckend sein. Ich wollte mich vor der Welt verstecken, und sie wollte sich aus der Welt zurückziehen. Es war für uns beide

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