Die zehn besten Tage meines Lebens: Roman (German Edition)
ja … Ich muss unterwegs allerdings einen Zwischenstopp einlegen.« Ich informierte den Knaben vom Parkservice, dass ich meinen Wagen über Nacht stehen lassen würde und stieg ein.
»Na, hektischen Tag gehabt?«, wollte die Fahrerin wissen.
»Und wie. Ich habe keine Ahnung, wo die Zeit geblieben ist.«
»Das sind doch immer die besten Tage, nicht?«, sagte sie, und ich musste ihr Recht geben.
Peaches war nach wie vor high von den Medikamenten, die ihr der Tierarzt verabreicht hatte. Ich legte mich in voller Montur mit ihr ins Bett, was sich, wie Sie bereits wissen, bald als eine sehr weise Entscheidung entpuppen sollte.
Bevor ich einschlief, sann ich noch einen Augenblick über mein Gespräch mit Kate nach und kam zu folgendem Ergebnis: 1) Kate musste verrückt sein. 2) Was sah sie, was ich nicht sah? Was hatte sie mit »Du willst es bloß nicht wahrhaben« gemeint? Warum war ich derart rastlos und unzufrieden? War mein Leben wirklich so toll, wie sie es beschrieben hatte, oder war es so, wie ich es sah – geprägt von dem wahnwitzigen Bedürfnis, alles richtig zu machen, obwohl ich vermutlich nie wissen würde, was »richtig« eigentlich bedeutete?
Seltsamerweise bin ich, wenn ich jetzt zurückblicke, eigentlich ganz zufrieden mit meinem Leben. Was zum Geier habe ich eigentlich so krampfhaft zu beweisen versucht? Was hätte noch geschehen müssen, bis mir endlich klar geworden wäre, dass mein Leben so, wie ich es gelebt habe, völlig in Ordnung war?
Ich habe eine Entwicklung durchgemacht, vom ziellosen Partygirl zur erwachsenen Frau, die ihren Platz in der Welt gefunden hat.
Wie es scheint, gehörte ich zu den Menschen, die gar nicht bemerken, wie blendend sie sich amüsieren, bis die Party plötzlich vorüber ist. Ich hatte großartige Freunde. Ich hatte einen tollen Job. Ich hatte Spaß am Leben. Warum war mir das alles nicht klar?
»Ich muss mir einen Mann suchen«, nahm ich mir vor, ehe ich einschlief.
Gegen vier Uhr früh erwachte ich, weil Peaches neben meinem Bett winselte. Als ich mich nach einer Dreiviertelstunde endlich widerwillig aus dem Bett gequält hatte, stellte ich fest, dass es schön war, um diese Uhrzeit mutterseelenallein draußen zu sein, während alles schlief. Vielleicht war ich ja noch ein wenig betrunken, obwohl ich das eigentlich bezweifle; jedenfalls wurde ich von einer regelrechten Hochstimmung erfasst, wie ich so mit meinem Hund durch die Nacht spazierte und die angenehme Kühle genoss, die mir entgegenschlug. Wir hatten die ganze Straße für uns; kein Auto weit und breit.
»Na, geht es dir jetzt besser, meine Süße?«, fragte ich und bückte mich, um Peaches hochzuheben, als sie endlich ihr Geschäft erledigt hatte und wir uns auf den Rückweg machten.
Tja, und das war das Ende vom Lied. Das ist das Letzte, woran ich mich erinnere, ehe wie aus dem Nichts die Lichter des Mini Coopers auf uns zurasten.
Hätte mir davor jemand gesagt, dass dieser Tag zu den besten meines Lebens zählen würde, ich hätte ihn für bescheuert gehalten. Ich wäre völlig anderer Meinung gewesen. Schließlich war ich die ganze Zeit hochgradig gestresst von einem Termin zum nächsten gehetzt, hatte mir den Mund fusslig geredet, den Kopf zerbrochen, mir Sorgen gemacht. Im Nachhinein betrachtet jedoch war alles genau so, wie es sein sollte.
Das dürfte wohl der entscheidende Unterschied sein. An seinem Geburtstag denkt man unwillkürlich an die Zukunft. Man malt sich aus, was das kommende Jahr wohl bringen mag. Wenn uns nun aber jemand sagen würde: »Heute ist der letzte Tag deines Lebens«, dann hätten wir gar keine andere Wahl, als zurückzublicken und Resümee zu ziehen. Das würde bestimmt viele Ereignisse ins rechte Licht rücken. Das ganze Leben eigentlich.
Ob es etwas gibt, das ich bedauere? Oh, ja. Doch inzwischen weiß ich, was ich zu tun habe. Ich weiß, warum ich nicht zu meinen Eltern durchdringen konnte. Alice hatte Recht. Ich war noch nicht stark genug, um ihnen zu helfen. Ich musste erst mit mir selbst Frieden schließen. Ich musste erkennen, was alle anderen längst wussten. Jetzt weiß ich, es liegt in meiner Hand, dafür zu sorgen, dass alles gut wird.
ZEHN
Ich befinde mich nicht mehr im siebten Himmel.
Ich befinde mich weder im vierten Himmel noch im fünften, auch nicht im zweiten oder dritten.
Ich befinde mich an einem Ort, an dem ich nie wieder sein will, und erlebe etwas, das eigentlich niemand erleben müssen sollte.
Ich stehe an der Tür des Hauses, in dem
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