Die zehn besten Tage meines Lebens: Roman (German Edition)

als alle anderen auf der Welt.
    Die Tränen meiner Mutter sind versiegt. Mein Vater dreht sich im Schlaf zu ihr und umarmt sie.
    Sie haben ihren Seelenfrieden gefunden.
    Ich den meinen ebenfalls.

     

Ein himmelweiter Unterschied
     
    An die zuständigen Stellen:
    Hiermit reiche ich meine Aufsatzsammlung mit dem Titel DIE ZEHN BESTEN TAGE MEINES LEBENS ein.
    Ich habe die mir übertragene Aufgabe nach bestem Wissen und Gewissen erledigt. Jeder einzelne Aufsatz wurde mit größter Sorgfalt niedergeschrieben und dient nur einem einzigen Zweck: Er soll meine werten Leser zu der Überzeugung kommen lassen, dass ich über kurz oder lang ein erfülltes, lebenswertes Leben geführt hätte, wenn ich nicht schon im zarten Alter von neunundzwanzig Jahren das Zeitliche gesegnet hätte.
    Als ich mit der Niederschrift der zehn besten Tage meines Lebens begann, bestand mein erklärtes Ziel darin, sicherzustellen, dass mir all der materielle Luxus erhalten bleibt, den ich vorfand, als ich vor zwei Wochen in den siebten Himmel gelangte. Im Laufe dieser zwei Wochen wurde mir allerdings etwas bewusst, das die ganze Sache überflüssig machen dürfte:
    Wie die Dinge jetzt stehen, ist es mir im Grunde genommen völlig einerlei, auf welcher Ebene des Himmels ich mich künftig befinde.
    Es interessiert mich nicht, ob ich Kalorien zählen und auf meine Figur achten muss oder nicht. Ich brauche keinen Whirlpool mit neun Düsen, keine teuren Kosmetika, kein Porzellan von Mackenzie-Childs, keine Möbel von Shabby Chic. Ich brauche keine Schuhe, die nicht drücken, und ich komme sehr gut ohne meinen begehbaren Kleiderschrank mit all den todschicken (Sie verzeihen mir doch das kleine Wortspiel) Designer-Kreationen aus.
    Nehmen Sie den ganzen Krempel und beglücken Sie damit meinetwegen jemanden, der zeit seines Lebens nur davon träumen konnte.
    Spätestens seit ich meinen letzten Aufsatz beendet habe, ist mir klar, dass es weit Wichtigeres gibt als derartigen Schnickschnack. Ich habe mich in den vergangenen zwei Wochen intensiv mit meinem kurzen Leben auf der Erde auseinandergesetzt, und wenn ich dabei etwas gelernt habe, dann dass ich geliebt wurde und werde, und dass mir diese Liebe niemand abspenstig machen kann. Das ist eine unwiderlegbare, unumstößliche und unanfechtbare Tatsache, die ihre Gültigkeit nicht verlieren wird, ganz gleich, auf welcher Ebene des Himmels ich schlussendlich lande. Ich weiß nun, dass ich, wenn ich nicht schon so früh gestorben wäre, ein erfülltes, sinnvolles Leben geführt hätte, denn ich hätte nicht zugelassen, dass ich mein Leben vergeude, dafür hätten auch die Menschen, die mich am meisten liebten, gesorgt. Es wäre nur eine Frage der Zeit gewesen, bis ich erkannt hätte, was sie längst wussten.
    Ich bin sicher, nun, da Sie sich anhand der Schilderung meiner zehn besten Tage einen Eindruck von meiner Lebensgeschichte verschaffen konnten, teilen Sie meine Meinung. Zugegeben, ich war alles andere als perfekt. Aber mal ganz ehrlich: Wozu sonst dienen denn die Jahre zwischen dreizehn und neunundzwanzig? Ich hätte im Laufe meines Lebens auf der Erde wohl noch ungefähr eine Million weiterer Fehler gemacht, und ich werde höchstwahrscheinlich auch im Himmel weiterhin (bis in alle Ewigkeit) Fehler machen. Ich habe da unten eine ganze Menge Leute verärgert, und es kommen bestimmt noch ein paar hier oben dazu.
    Doch das macht nichts. Es gibt hüben wie drüben eine Handvoll Menschen, die meine gesamte Lebensgeschichte kennen (das heißt, nicht nur die besten, sondern auch die schwärzesten Momente). Diese Menschen sind meine Geschworenen, und ich weiß bereits, wie ihr Urteil ausfallen wird.
    Falls ich jemandem die Zeit gestohlen haben sollte, entschuldige ich mich hiermit hochoffiziell. Mein Fehler. Es hat eben etwas länger gedauert, bis mir klar wurde, was ich schon die ganze Zeit hätte wissen sollen.
    Tja, das war’s dann wohl.
     
    Hochachtungsvoll,
Ihre
Alexandra Joan Dorenfield,
alias
Maxine und Bill Dorenfields Tochter
Evelyn und Harry Firesteins Enkelin
Morris Salis’ Nichte
Penelope Goldsteins beste Freundin
Peaches Dorenfields Frauchen
Adam Steeles große Liebe

ZEHN JAHRE SPÄTER
     

Knocking on Heaven’s Door
     
    Mein Dad ist heute gestorben, zu meiner großen Verblüffung. Ich hatte ihn allen Ernstes für unsterblich gehalten.
    Mitten in der Nacht erreichte mich ein Anruf von meinem Schutzengel Deborah. Ja, so erfahren wir hier oben vom Tod unserer Angehörigen. Wir können nicht