Die zehn Kreise (Höllenfeuer) (German Edition)
ihnen zu fügen“, gab Elizabeth betreten zu. „Sie drohten auch, Eleanor Schaden zuzufügen. Als er schließlich einwilligte Lilith zu folgen, ließen sie mich laufen. Aber damit fing das Drama für Eleanor erst richtig an.“
„Nicht nur für sie!“, warf Michael ein. „In gewisser Weise hat es mich auch getroffen. Auch wenn Lilith und Asasel das sicher nicht bezweckt haben.“
Eine Weile sagte keiner der beiden ein Wort. Stille senkte sich auf Michaels Zimmer und allein das leise Ticken der Uhr auf dem Schreibtisch und hin und wieder ein Knacken des hölzernen Schrankes unter den warmen Sonnenstrahlen des Tages durchbrachen das Schweigen.
„Was machen wir jetzt?“, fragte Elizabeth endlich leise.
Michael sah zu ihr hinüber. Noch immer war sie auf ihren Knien zusammengesunken und blickte scheu, fast ängstlich zu ihm hinüber.
‚Das muss eine ungewöhnliche Erfahrung für sie sein‘, dachte er. ‚So wie sie aufgewachsen ist, war sie bis heute vermutlich noch nie mit einem Jungen allein in einem Zimmer.‘
„Wie meinst du das?“, fragte er. „Was sollen wir denn tun? Eleanor ist tot. So wie ich das sehe, ist die Sache gelaufen.“
Er griff nach einem Radiergummi, dass irgendwann einmal vom Schreibtisch heruntergefallen sein musste und feuerte es frustriert in eine Ecke.
Elizabeth blickte dem Radiergummi entsetzt hinterher. Dann sah sie wieder zu Michael.
„Aber Michael. Wenn Eleanor jetzt in der Geisterwelt auf der Suche nach Raphael ist, können wir ihr vielleicht helfen.“
Michael blickte sie misstrauisch an. „Ihr helfen? Wie stellst du dir das vor? Vielleicht ist es dir nicht aufgefallen, aber ich bin kein Geist. Ich komme gar nicht an sie heran.“
„Du nicht!“, erwiderte Elizabeth erregt. „Aber ich. Ich mag jetzt einen sichtbaren Körper haben. Aber ich bin noch immer ein Geist und kann die Geisterwelt betreten. Ich habe es doch mit Raphael geübt. Und du hast genug göttliches Feuer in dir, dass es selbst mir gelingen müsste, dich mit dorthin zu nehmen, wenn ich dich berühre.“
Michael erstarrte. „Schlägst du wirklich vor, ihr zu folgen?“, krächzte er und deutete betreten unter sich.
Zum ersten Mal ließ Elizabeth ein glockenhelles Lachen erklingen. Ein Geräusch, das Michael noch nie zuvor in ihrer Gegenwart wahrgenommen hatte.
„Aber Michael. Die Hölle liegt nicht unter der Erde!“, lachte sie. „Sie ist überall um uns herum. Sie ist hinter jeder Wand, in jedem Raum, in allem was du siehst und spürst.“
Ein unangenehmer Kälteschauer lief ihm bei diesen Worten den Rücken hinab.
„Was ich bisher von Geistern wahrgenommen habe, lässt mich nichts Gutes ahnen“, erwiderte er fröstelnd, während er an die Nacht auf dem Friedhof von Stratton dachte. Auch Jonathan Towers war in seinen Augen nicht eben ein positives Beispiel für das, was ihn bei einem Besuch der Totenwelt erwarten würde.
„Was soll das heißen?“, lachte Elizabeth entrüstet. „Bin ich etwa kein Geist?“
Michael grinste gequält. „Du bist die Eine, die gegen Tausende von Geistern steht, denen ich offen gesagt nie wieder begegnen möchte.“
„Richtig. Und diese Eine wird an deiner Seite sein!“
Schlagartig wurde Michaels Blick ernst. Er schürzte die Lippen und sah Elizabeth an. Dann nickte er.
„Siehst du wirklich eine Chance für uns, sie zu finden?“
„Ich denke wir müssen es auf jeden Fall versuchen. Ich zumindest werde es tun. Wenn es sein muss auch allein. Wäre Eleanor nicht gewesen, würde ich noch immer allein in der Hölle festsitzen.“
„Hast du keine Angst?“
Elizabeth runzelte die Stirn. Dann sah sie Michael fast zornig an.
„Und wie ich Angst habe! Ich kann den Gedanken kaum ertragen, die Geisterwelt wieder betreten zu müssen. Alles in mir sträubt sich dagegen, aber ich werde es dennoch tun. Ich bin zu dir gekommen, weil ich mich wohler fühlen würde, wenn ich es nicht allein tun muss, aber ich werde sie in jedem Fall suchen – selbst wenn du Nein sagen solltest.“
Michael zögerte kurz, dann nickte er schließlich. „Gut. Dann werde ich an deiner Seite sein. Auch wenn ich nicht weiß, ob ich dir dort eine große Hilfe sein kann. Ich kenne mich in dieser Welt nicht aus und werde vielleicht nicht die Unterstützung sein, die du dir wünschst.“
Ein Lächeln zog sich über Elizabeths Gesicht. Sanft legte sie ihre Hand auf Michaels Schulter. „Du wirst mir eine Hilfe sein, weil du da bist.“
Dann erhob sie sich und blickte auffordernd zu ihm
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