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Die Zeit der Himmelsfeuer (German Edition)

Die Zeit der Himmelsfeuer (German Edition)

Titel: Die Zeit der Himmelsfeuer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: René Menez
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Füßen. Schützend warf sie sich vor Kar und wartete mit abgewandtem Gesicht auf den tödlichen Hieb. Stattdessen wurde sie gewaltsam am Schopf gepackt und emporgerissen. In einer fremdartigen Sprache schrie das Spitzgesicht sie an, ergriff ihr Handgelenk, nahm ihr das Messer weg und zog sie mit sich. Dann zwang er sie in die Knie, drückte ihr den Hüftriemen in die Hand und bedeutete ihr, sein Bein zu verbinden.
    Mit zitternden Händen gehorchte sie. Dabei fiel ihr auf, wie die Kräfte des Mannes, der gerademal ihre Größe maß, nachließen. Das Spitzgesicht blinzelte angestrengt, so als fiele es ihm schwer, sich wachzuhalten. Sie spürte wie er zitterte. Maramir konnte nicht viel von seinem Gesicht sehen, Bart und Haupthaar bedeckten bis auf Nase und Augen fast alles davon. Doch gerade seine Augen mit einem Blick voller Wehmut, weckten in Maramir ein seltsames Gefühl. Zaghaft wagte sie es, sich zu erheben. Sie wollte wegsehen, sich seinem durchdringenden Blick entziehen, doch sie konnte es nicht. Seine eben noch todbringende Hand näherte sich vorsichtig ihrem Gesicht und seine Finger streiften um ihre Augen. Schließlich griff er in seinen Nacken, holte etwas hervor, das er an einem ledernen Band um seinen Hals trug und legte es auf seine Brust. So etwas hatte sie noch nie gesehen. Ein grüner, flacher Stein mit einer dunklen, zwar kleinen, doch ebenfalls runden Mitte. Maramir fiel sofort auf, daß dieses seltsame Ding aussah wie ein großes Auge. Da begriff sie, was das Spitzgesicht meinte: Ihre Augenfarbe ähnelte der Farbe des Steines.
    Noch immer lag Kar am Boden, starr auf ihre Hände gestützt und beobachtete überrascht, was geschah. Mit lautem Zurufen und fuchtelndem Arm ging das Spitzgesicht einen Schritt auf sie zu. In ihrem Unverständnis begegnete Kar ihm schlicht mit trotzigem Blick, ohne unterdessen einen Arm als Deckung zu heben. Maramir wußte, er hätte es als Furcht deuten können, und Kar wollte lieber sterben, als zugeben, daß man sie eingeschüchtert hatte. Drohend holte das Spitzgesicht mit der Keule aus. Jetzt sprang Kar auf und wich zurück. Endlich hatte sie begriffen – er wollte, daß sie geht.
    „Komm Leikika! Er läßt uns gehen. Er kann unmöglich die Toten mitnehmen. Wir werden später wiederkommen und uns holen, was er zurückläßt.“
    Aber als hätte er Kars Worte verstanden, hielt er Maramir fest, stellte sich vor sie und befahl Kar mit einer unmissverständlichen Geste zu gehen. Maramir befürchtete, daß Kar sich seinem Willen nicht fügen würde und drängte besorgt zu ihr. Unversehens spürte sie den festen Griff des Spitzgesichtes in ihrem Nacken. Obwohl es schmerzte drehte sie sich ihm entschlossen zu. Ängstlich und dennoch standhaft begegnete sie seinem Blick. Langsam lockerte er seinen Griff. Etwas Seltsames geschah zwischen ihr und dem Fremden. Schließlich ließ er los. Rasch ergriff Kar sie am Handgelenk und drängte eilig fort. Ohne nachzudenken folgte Maramir. Aber als sie unterdessen zurückblickte riß sie sich los. Widerwillig verbarg sie die Arme hinter dem Rücken und setzte einen Schritt zurück. Ihr Interesse galt dem Spitzgesicht.
    Über dem Leichnam kauernd, drehte er, beinahe zärtlich, das Gesicht seines Gefährten zu sich, so daß er es ansehen konnte. - Seine Hand tastete nach einem Messer. Dann packte er den Kopf des Toten und riß ihn herum. Maramir konnte deutlich das Knacken eines brechenden Knochens hören. Daraufhin trennte er den Schädel vom Rumpf, legte diesen behutsam auf den fellenen Umhang des Toten und schnürte das Kleidungsstück anschließend zu einem Sack. Ebenso geschickt und ohne jegliche Gefühlsregung trennte er den anderen Leichen die langen, dicken Haarsträhnen mitsamt der hinteren Kopfhaut ab. Anschließend schnitt er ihnen den Bauch auf, entnahm ihnen einige Innereien und steckte alles in den Sack. Danach band er einen zweiten Sack und stopfte einige Utensilien seiner getöteten Feinde hinein: wertvolle geschäftete Messer und Schnitzereien, Schaber, Speerspitzen, Stichel, Keile und kleine lederne Beutel mit Zunder. Die meisten Dinge stammten von dem Überfall auf Maramirs Sippe. Beide Säcke band er an eine Stoßlanze, steckte sich zwei Messer in den Hüftriemen, warf sich zwei Felle über, legte sich die Lanze auf die Schulter, ergriff seine Keule und sah sich dann schließlich noch einmal nach Maramir um.
    „Geh!“, bohrte sich Kars rauhe, haßerfüllte Stimme in Maramirs Ohren.
    „Geh! - Geh!“, schrie Kar ihn

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