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Die Zeit der Himmelsfeuer (German Edition)

Die Zeit der Himmelsfeuer (German Edition)

Titel: Die Zeit der Himmelsfeuer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: René Menez
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die anderen Kinder zu. Er gebärdete sich drohend, als er leicht die Knie beugte, den Kopf etwas einzog und seine Arme ein wenig vom Körper spreizte. Währenddessen spannte er seine Muskeln und deutete mit einer Geste den spitzen Verlauf eines Gesichtes an. Dabei grollte er wie ein Bär. Streng musterte Grauer Wolf die jungen Gesichter und sah Maramir schließlich durchdringend an.
    „Sie lachen und sie weinen nicht. Die Jäger anderer Stämme fürchten den Kampf mit ihnen, denn sie sind stark und furchtlos wie die Bären. - Aber wir haben gegen die Spitzgesichter gekämpft ...“
    Mit der Handkante fuhr sich Grauer Wolf schließlich über den Hals. „Und ihre Köpfe gehören jetzt uns!“
    Dann ging er und holte aus einer extra dafür angefertigten Grube einen der Schädel hervor, was eigentlich nur am Fest zu Ehren des neu erwachten Großen Himmelsfeuers geschah. Maramir stockte der Atem. Ihr war in diesem Moment bewußt geworden, was Grauer Wolf mit seiner schaurigen Darstellung gemeint hatte; jener düstere, furchteinflößende Blick der dunklen, leeren Augenhöhlen im Feuerschein hatte es deutlich wiedergegeben ...
    Maramir wischte sich den Schleier von Tränen und Wasser aus den Augen. Sofort fiel ihr die bedrohliche Haltung des großgewachsenen rothaarigen Anführers auf, der den beiden Spitzgesichtern mit drei anderen an seiner Seite nur einen Schritt weit entfernt gegenüberstand. Er überragte alle um mindestens einen halben Kopf. Sein finsteres Wesen flößte Maramir solche Furcht ein, daß sie es weitgehend vermieden hatte, seinem grimmigen Blick zu begegnen. Dieser Mann verkörperte schon beim ersten Anblick unverkennbar die bloße Brutalität, mit der er vorging. Maramir hatte es mitangesehen ...
    Immer wieder hob er den Kopf und drehte sich dabei leicht zur Seite. Maramir sah sich um und erkannte die plötzlich angespannte Aufmerksamkeit ihrer beiden Bewacher. Die schwellenden, zuckenden Wangenmuskeln und der Griff, der sich fest um ihre hölzernen Speere mit der Steinspitze schloß, ließen ihre Kampfbereitschaft erkennen. Nur ein Plätschern am angetauten Flußufer und das leise Knirschen der schmelzenden Eisdecke auf dem fließenden Wasser waren in diesem Augenblick zu hören. Maramir sah, wie die Hand des Anführers nach dem Steinmesser in seinem Hüftriemen griff. Er zog ... hielt jedoch einem der Spitzgesichter das Messer auf eine Weise entgegen, als wolle er es ihm zum Tausch anbieten. Der düstere Fremde erweckte mit plötzlich gesenktem Kopf den Eindruck, als sei er keineswegs interessiert daran, sondern wolle wie ein Nashorn zum Stoßangriff übergehen. Im nächsten Augenblick schnellte die Hand mit dem Messer vor ... Ein Körper, der sich krümmte, durchbohrt von einer Lanze ... wütendes Kampfgeschrei ... ein kurzer massiver Gegenstand wirbelte durch die Luft, Blut spritzte ... Dann ein lauter Aufschrei hinter ihr. Gepackt von Kampfeswut, spurtete einer ihrer Bewacher los. Maramir verschlug es den Atem, als Kar den Anderen wie eine Raubkatze von hinten ansprang, ihn ins Ohr biß, zugleich das Messer aus seinem Hüftriemen zog und es ihm mitten ins Gesicht stieß, um schließlich wie eine Wahnsinnige, mit häßlich verzerrtem Gesicht, wahllos auf seinen Oberkörper einzustechen; und das mit einer Kraft und Schnelligkeit, daß Maramir aus Furcht vor der eigenen Schwester den Kampf der Männer völlig vergaß. Im nächsten Augenblick verspürte sie einen festen Griff auf ihrer Schulter. Leinocka riß sie so fest an sich, daß Maramir das Gleichgewicht verlor. Wimmernd hing Leinocka in panischer Angst an ihrem Hals. Maramir schleuderte sie mit solch einer Wucht von sich, daß Leinocka stürzte und wie ein geprügeltes Kind in verzweifelter Hilflosigkeit liegen blieb. Als sie die zierliche Leinocka zitternd und verängstigt daliegen sah, wurde die Erinnerung wieder wach. Sie sah die von Angst und Schmerz verzerrten Gesichter vertrauter Menschen – und das viele Blut. Eine innere Stimme schrie laut auf, und Maramir brach in Tränen aus. Sie nahm Leinockas zitternden Körper in ihre Arme und drückte sie fest an sich. Da kam Kar auf die beiden zugestürzt. Blutbeschmiert zischte sie: „Kommt! Schnell!“
    Maramirs Beine wollten nicht gehorchen, ihr ganzer Körper war plötzlich ohne Kraft.
    „Leinocka kann nicht. Sieh doch!“, stammelte sie.
    „Was redest du?“, fauchte Kar. „Ich sehe, daß die Ahnen nach ihr rufen. Aber wir ... wir müssen leben für unsere Ahnen!“
    Maramirs Blick

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