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Die Zeit der hundert Königreiche

Die Zeit der hundert Königreiche

Titel: Die Zeit der hundert Königreiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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diesem Grund seine letzte Unternehmung gescheitert und er in der Stasis-Zelle gelandet war. Er hatte nicht Verstand genug bewiesen, die Finger von der falschen Frau zu lassen. Aus Unterhaltungen zwischen den Leibwächtern und Friedensmännern hatte er aufgeschnappt, daß er hinter den Frauen her war – was bei seinem Duplikat zu erwarten war –, und Paul hatte keine Lust, wegen einer so dummen Sache mit ihm in Streit zu geraten. Frauen gab es massenhaft.
    Aber diese hier … Er betrachtete sie hingerissen, ihre zarten Hände, die Bewegungen des reifen, fraulichen Körpers in dem einfachen Kleid. Ihre Wangen zeigten Grübchen, wenn sie lachte. Auf ihre sanfte Ermahnung antwortete der Junge:
    »Aber ich muß alle ihre Namen wissen, Domna . Wenn ich alt genug bin, um meines Vaters Friedensmann zu sein, muß ich doch alle seine Männer mit Namen kennen!«
    Ihr Kleid war rostfarben. Seltsam, daß ihm noch nie aufgefallen war, wie stark diese Farbe rotes Haar hervorhob. Der Stoff hatte genau den gleichen Ton wie ihre Sommersprossen.
    »Aber Erlend, du wirst kein Soldat oder Friedensmann werden, sondern ein Laranzu «, sagte sie, »und auf jeden Fall ist dies Ungehorsam, weil dir gesagt worden ist, du solltest ruhig in dem anderen Hof spielen. Ich werde die Amme bitten müssen, besser auf dich aufzupassen.«
    »Ich bin schon zu groß für eine Amme«, murrte der Junge, ging jedoch gehorsam mit der Frau weg. Paul sah ihnen nach, bis sie außer Sicht waren. Gott, wie er diese Frau begehrte! Ob sie erreichbar für ihn war? Nun, die Erzieherin eines Kindes konnte keine sehr hohe Stellung einnehmen, selbst wenn sie eine Verwandte war – was ihn die leichte Ähnlichkeit mit dem Jungen vermuten ließ. Wo mochte Bards Frau sein? Vielleicht war sie tot. Auf primitiven Welten war das Kinderkriegen ein gefährliches Geschäft, und die Todesrate lag hoch.
    Mit zynischem Grinsen stellte Paul bei sich fest, daß er normal reagierte. Vom Tod errettet, aus der Stasis-Zelle befreit – welch bessere Art konnte es geben, ein paar müßige Stunden zu verbringen, als mit Frauen? Aber nur für den Fall, daß dies Realität war, wollte er nicht noch einmal den Fehler begehen, der ihn überhaupt in die Stasis-Zelle hineingebracht hatte. Wenn diese Frau durch irgendeinen seltsamen Zufall Bard gehörte, hieß es für ihn: Hände weg! Es gab genug andere …
    Aber, verdammt noch mal, diese eine war die, die er wollte! Zu schade, daß das Kind dabeigewesen war. Ein solcher Bastard war er wieder nicht, daß er nach einer Frau griff, wenn ein Kind zusah. Er hatte das Gefühl, sie würde nicht spröde sein. Dieser reife Busen, der rote Mund, der aussah, als sei er oft geküßt worden, verrieten ihm, daß sie keine unschuldige Jungfrau war! Um ihr Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, mußte er einräumen, daß sie ihm kein deutliches Zeichen gegeben hatte. Sie hatte sich zurückhaltend betragen, aber er wettete sein Leben darauf, daß sie kein großes Theater machen würde, wenn er sie zu fassen bekam.
    Bard schickte spät an diesem Abend nach ihm, und sie saßen vor dem Feuer über einem Stapel von Landkarten für die geplanten Feldzüge. Bard bestand darauf, Paul müsse sich mit ihnen genau auskennen. Es war nicht zu früh, damit anzufangen. Lange Zeit sprachen sie über Taktik und militärische Maßnahmen. Obwohl es eine ganz sachliche Unterhaltung war, hatte Paul den Eindruck, Bard sei froh über seine Gesellschaft und es mache ihm Freude, ihn zu unterrichten. Er mußte selten jemanden haben, der seine Interessen teilte.
    Er ist wie ich, ein Mann, der nicht oft jemanden findet, zu dem er als einem Gleichgestellten sprechen kann. Man nennt ihn Wolf, doch ich habe das Gefühl, daß ’Einsamer Wolf’ der Sache näherkäme. Ich wette, er ist sein ganzes Leben lang ein Einzelgänger gewesen. Wie ich .
    Es gab einfach zu wenige Menschen, die seinen Gedankengängen folgen konnten. Klüger zu sein als neunzig Prozent aller Leute, die man kannte, war kein reiner Segen. Die Männer kamen sich dann als dumm und die Frauen als noch dümmer vor, und die meisten hatten nie die geringste Ahnung, über was er sprach oder wie er dachte.
    Als Paul die Rebellion anführte, die für ihn mit einer Katastrophe endete, hatte er von Anfang an gewußt, daß es hoffnungslos war. Nicht etwa, daß eine Rebellion unmöglich gewesen wäre. Mit ein paar intelligenten Verbündeten, die verstanden, was zum Teufel er eigentlich vorhatte, hätte er Erfolg haben können. Aber die

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