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Die Zeit der hundert Königreiche

Die Zeit der hundert Königreiche

Titel: Die Zeit der hundert Königreiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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mußte völlig anders sein. Er hätte sie mit dem ihr vertrauten Gesicht und Körper täuschen können, solange er sich still verhielt. Aber jede Liebkosung, jede Bewegung verriet seine Herkunft aus einer anderen Welt, eine zu tief sitzende Konditionierung, als daß sie hätte geändert werden können. Selbst wenn Bard ihm unvorstellbarerweise die übliche Art genau beschrieben hätte, wäre es ihm ebenso unmöglich gewesen, sie nach Bards Methode zu lieben wie nach der eines Cro-Magnon-Mannes!
    Er antwortete ruhig: »Bitte, schreie nicht, Melisandra. Er hat mich hergeschickt, und ich konnte nicht widerstehen. Ich verlangte so sehr nach dir.«
    Bei aller Aufregung dämpfte sie ihre Stimme. »Er hat uns beiden einen grausamen Streich gespielt, und es war nicht sein erster. Nein, ich werde nicht schreien. Macht es dir etwas aus, wenn ich Licht anzünde?«
    Er legte sich zurück, während sie eine kleine Lampe ansteckte und sie so hielt, daß sie ihn sehen konnte.
    »Ja«, sagte sie, »die Ähnlichkeit ist … ist dämonisch. Das merkte ich schon, als ich dich mit Erlend zusammen sah. Aber es ist mehr als bloße Ähnlichkeit, nicht wahr? Irgendwie spüre ich eine Verbindung zwischen euch. Obwohl ihr – sehr verschieden seid.« Ihr Atem kam stoßweise.
    Er streckte die Hand aus, nahm ihr die Lampe ab und stellte sie auf den Nachttisch. »Hasse mich nicht, Melisandra«, bat er. Ihr Mund zitterte, und er stellte fest, daß er sich wünschte, alles wegzuküssen, was ihr Kummer machte. Das war ganz und gar nicht seine übliche Reaktion bei Frauen! Verdammt, sonst hatte er nie schnell genug wegkommen können, wenn er gehabt hatte, was er wollte! Aber diese Frau tat ihm etwas sehr Seltsames an.
    Erschüttert betrachtete sie ihn.
    »Einen Augenblick lang dachte ich, vielleicht habe sich etwas in ihm verändert. Ich … ich … ich habe mir immer gewünscht, daß er so zu mir wäre …« Sie schluckte schwer, würgte, und er spürte, daß sie sich viel Mühe gab, nicht zu weinen. »Aber ich habe mich nur selbst getäuscht, denn er ist schlecht, schlecht bis zum Kern, und ich verabscheue ihn. Aber mich selbst verabscheute ich noch mehr, weil … weil ich mir wünschte, er wäre ein Mann, den ich … den ich lieben könnte. Denn wenn ich ihm nun einmal gehören muß, wenn ich ihm überantwortet worden hin, dann kann ich nicht anders, als mir wünschen, er wäre … wäre ein Mann, den ich lieben könnte …«
    Er zog sie zu sich herab und küßte ihren zitternden Mund, küßte die Tränen fort, die unter den hellen Wimpern hervorströmten.
    »Ich kann es nicht bereuen«, sagte er. »Nicht, wenn es mich zu dir gebracht hat, Melisandra. Dein Kummer tut mir leid. Es tut mir leid, daß du Angst hattest. Willentlich hätte ich dir niemals Kummer oder Angst bereitet. Aber ich bin froh, daß ich dich dies eine Mal gehabt habe, wo du nicht protestieren konntest …«
    Sie sah ihn ernst an; ihre Augen waren noch naß. »Ich bereue es auch nicht. Glaub mir. Obwohl ich vermute, daß er mich zu demütigen versuchte. Ich habe mich immer geweigert, wenn Lady Jerana mich einem anderen geben wollte, selbst als sie mir anbot, mich in allen Ehren mit einem von Dom Rafaels Friedensmännern zu verheiraten. Ich hatte Angst, dann würde es nur noch schrecklicher werden. Bard hat mir das Schlimmste angetan, was er tun konnte, von ihm habe ich nichts mehr zu fürchten, und ich dachte, besser die Grausamkeit, die ich kenne, als eine neue Grausamkeit von einem Fremden … Aber du hast mich eines Besseren belehrt.« Plötzlich lächelte sie ihn im Licht der Lampe an. Es war ein sehr schwaches Lächeln, und er wußte, nie würde er sich zufriedengeben, bis sie ihm das gleiche Lächeln schenkte wie heute dem Kind, ein volles, frohes Lächeln voller Liebe.
    »Ich glaube, ich bin dir dankbar. Und ich weiß nicht einmal deinen Namen.«
    Mit einer Hand löschte er das Licht, und mit der anderen zog er sie an sich.
    »Dann bist du bereit, mir deine Dankbarkeit zu beweisen?«
    Er hörte ihr glückliches Aufseufzen, bevor sie sich ihm zuwandte und ihn küßte. Es überraschte und entzückte ihn so, daß er bis in die Wurzeln seines Seins erschüttert war.
    »Bisher habe ich Bard nicht gehaßt«, sagte sie und drückte sich bebend an ihn. »Durch dich habe ich jetzt gelernt, wie ich ihn hassen soll, und dafür werde ich nie aufhören, dir dankbar zu sein.«
    »Aber ich möchte mehr als Dankbarkeit«, hörte er sich zu seinem eigenen Erstaunen sagen. »Ich möchte

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