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Die Zeit der hundert Königreiche

Die Zeit der hundert Königreiche

Titel: Die Zeit der hundert Königreiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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meinem Fechtstil erkennen würden«, erklärte er. »Da man dich für einen Nedestro -Verwandten von mir hält, wird es niemandem besonders auffallen, wenn ich dir während dieses Feldzugs von meinen eigenen Waffenmeistern Unterricht geben lasse.«
    Paul, der unbeachtet mit einer kleinen Gruppe von Bards Adjutanten ritt, erlebte, wie die Soldaten ihren General begrüßten. Sie jubelten ihm zu, und immer wieder hörte man den Ruf: »Der Wolf!« Allein seine Anwesenheit schien sie für diesen Krieg gegen Serrais mit Mut und Begeisterung zu erfüllen.
    Also würde Bard ihm eines Tages diese Macht anvertrauen – und glauben, daß er sie, wenn der Krieg vorüber war, brav zurückgab? Das war unwahrscheinlich. Ein Kälteschauer lief Paul das Rückgrat hinunter, als ihm die Gewißheit kam, daß nur eine Lösung möglich war. Bard würde ihn auf seinem Weg zum Erfolg benutzen – und dann nicht belohnen und wegschicken, wie er gelobt hatte, sondern ihn auf die gleiche Methode, mit der er ihn hergeholt hatte, zurück in die Stasis-Zelle befördern. Oder vielleicht war es einfacher, ihm in einer dunklen Nacht ein Messer in die Rippen zu stoßen und seinen Leichnam den um die Klippen schleichenden Kyorebni zu überlassen. Paul behielt eine gleichmütige Miene bei und stimmte mit den anderen in die Hochrufe auf Bard ein. Es würde nicht leicht sein. Im Augenblick hatte Bard an anderes zu denken als an die Ausbildung seines Duplikats zu seinem Stellvertreter und seiner Marionette. Aber zu anderen Zeiten konnte einer des anderen Gedanken lesen, und Paul hatte nicht gelernt, seinen Geist abzuschirmen. Vielleicht konnte Melisandra ihm helfen, wenn sie tatsächlich eine Zauberin war. Aber andererseits würde Melisandra kein Interesse daran haben, den Vater ihres Sohnes umzubringen. Sie mochte sagen, sie hasse Bard, aber Paul war sich der Stärke dieses Hasses nicht völlig sicher.
    Wenn er sie allerdings vor vollendete Tatsachen stellte, konnte er ihr wahrscheinlich vertrauen, daß sie über den Personenaustausch schwieg.
    Vorläufig konnte er nur eins tun, und das war genau das, was Bard von ihm verlangte. Er mußte sich darauf vorbereiten, Bard di Asturien nicht nur darzustellen, sondern Bard di Asturien, der Kilghard-Wolf, General der Armee von Asturias, zu werden . Und vielleicht eines Tages mehr.
    Zu seiner eigenen Überraschung – denn er wußte nichts über die Kampfmethoden auf Darkover und hatte noch nie ein Schwert in der Hand gehabt – lernte er das Fechten, als sei es ihm angeboren. Nach kurzer Überlegung kam er auch darauf, warum. Er war mit den gleichen Reflexen und der überragenden körperlichen Organisation geboren, die Bard zu einem unvergleichlichen Schwertkämpfer machten, und während der Rebellion hatte er diesen physischen Mechanismus in kriegerischen Künsten und im unbewaffneten Krampf bis zum äußersten trainiert. Jetzt handelte es sich nur noch darum, Muskeln und Gehirn zusätzliche Kenntnisse zu vermitteln, wie ein geübter Tänzer eine neue Schrittvariation lernt.
    Er stellte fest, daß er den Feldzug genoß. Es machte ihm Spaß, mit den Adjutanten auf Kundschaft zu reiten, abends das Lager aufzuschlagen und unter den vier Monden, die zunahmen und wieder abnahmen, zu schlafen. Oft dachte er, daß er glücklicher geworden wäre, hätte er dies Leben von Anfang an geführt. Hier wurde keine Konformität verlangt, und wenn, dann kam ihm das ganz natürlich vor, es gab viele Möglichkeiten, Aggressionen abzureagieren. Als er seine erste Schlacht hinter sich hatte, wußte er, daß er keine Angst hatte und, wenn er mußte, töten konnte, ohne den Feind zu fürchten oder zu hassen, und was noch wichtiger war, ohne daß ihm übel wurde. Eine von Speeren und Schwertern zerhackte Leiche war nicht mehr und nicht weniger tot als eine, die von Kugeln durchsiebt oder von Feuer verbrannt war.
    Bard hielt ihn ständig in seiner Nähe und sprach viel mit ihm. Paul wußte, das geschah nicht aus Sympathie. Der Wolf mußte sich einfach überzeugen, ob Paul auch seine eigene Begabung für Strategie besaß. Anscheinend besaß er sie und das Talent, mit den Männern umzugehen, ein Gespür für den richtigen Einsatz in der Schlacht oder im Angriff. Das zeigte sich, während vor der Armee von Asturias Stadt auf Stadt fiel, die meisten, ohne sich zu verteidigen, und die Männer von Serrais bis an die äußersten Grenzen ihres Landes flohen oder fielen. In vierzig Tagen hatten sie zwanzig Städte erobert, und der Weg zu dem

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