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Die Zeit der hundert Königreiche

Die Zeit der hundert Königreiche

Titel: Die Zeit der hundert Königreiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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Gatten Bard di Asturien werden. Vielleicht, redete sie sich zu, vielleicht wird es nicht so schlimm. Als wir Kinder waren, liebten wir uns.
    »Carlina, was soll ich mit diesem Stoffballen tun?« rief eine der Frauen. »Am Rand sind die Fäden ganz verzogen, und hier ist ein großes Stück verdorben …«
    Carlina ging zu ihr und beugte sich über das Leinen. Sie sagte: »Du wirst es geradeschneiden müssen, so gut du kannst, und wenn es danach für ein Laken nicht mehr breit genug ist, dann hebst du dies Ende für Kissenbezüge auf. Sie werden in farbigen Mustern mit Wolle bestickt, die den Webfehler hier verdecken …«
    »Wie könnt Ihr an solche Dinge denken, Lady«, stichelte eins der Mädchen, »wenn Ihr hier den Besuch Eures Liebhabers gehabt habt …«
    Sie benutzte die Form des Wortes, die seine Bedeutung von versprochener Gatte zu Geliebtem änderte, und Carlina spürte, wie ihr das Blut heiß in die Wangen stieg. Aber sie sagte nur mit sorgfältig ruhig und gleichmütig gehaltener Stimme: »Ja, Catriona, ich dachte, du seist hergeschickt worden, um unter den Frauen der Königin das Weben und Sticken und alle weiblichen Künste zu lernen. Aber nun sehe ich, daß du auch Unterricht in Casta brauchst, um versprochener Gatte mit der angemessenen Höflichkeit auszusprechen. Wenn du das Wort wie eben verwendest, werden dich die anderen Frauen der Königin als Landpomeranze auslachen.«

 
3
     
    Bard ritt am nächsten Tag vor Sonnenaufgang fort. Es war so früh, daß der Himmel im Osten noch nicht begonnen hatte, die erste Morgenröte zu zeigen. Drei kleine Mondsicheln und die blasse Scheibe Mormallors schwebten über den fernen Bergen. Bards Gedanken beschäftigten sich mit der Erinnerung an Carlinas scheuen Kuß. Vielleicht würde ein Tag kommen, wenn sie ihn aus eigenem freien Willen küßte, wenn sie froh und stolz war, mit des Königs Bannerträger, des Königs Kämpfer, vielleicht dem General seiner gesamten Armee verheiratet zu werden … Es waren recht angenehme Gedanken, mit denen er an der Spitze seines ersten Kommandos, mochte es auch klein sein, dahinritt.
    Im Gegensatz zu ihm war Beltran, der dunkel gekleidet und in einen großen Umhang gewickelt war, in verdrießlicher Stimmung. Bard merkte, daß er sich ärgerte, und fragte sich, warum.
    Beltran brummte: »Du siehst so zufrieden aus, und vielleicht freust du dich ja auch über dies Kommando. Aber ich würde lieber an meines Vaters Seite nach Hammerfell reiten, wo er sehen könnte, ob ich mich gut oder schlecht halte. Aber nein, da werde ich losgeschickt, wie der Anführer einer Räuberbande, eine Karawane zu überfallen!«
    Bard versuchte, seinem Pflegebruder klarzumachen, wie wichtig es war, dafür zu sorgen, daß das Haftfeuer aus Dalereuth niemals nach Serrais kam und die Felder und Dörfer und Wälder von Asturias nicht verwüstete. Beltran sah nur, daß ihm nicht das Privileg zuteil geworden war, vor den Augen seiner Armee zur rechten Hand seines Vaters zu reiten. »Mein einziger Trost ist, daß du dort nicht den mir rechtmäßig zustehenden Platz einnimmst«, murrte er. »Er hat ihn Geremy gegeben … Verdammnis über ihn, über alle Hasturs!«
    In diesem Punkt teilte Bard das Mißvergnügen Beltrans und hielt es für politisch richtig, ihn das wissen zu lassen.
    »Richtig! Er versprach mir, Geremy an die Spitze der mit uns reitenden Zauberer zu setzen, und im letzten Augenblick teilte er mir mit, er könne Geremy nicht entbehren. Dafür hat er mir drei Fremde gegeben«, fiel Bard in Beltrans Murren ein. Er sah zu ihnen hinüber, die ein wenig abseits von den ausgewählten Kämpfern ritten: ein hochgewachsener Laranzu , dessen ergrauender roter Schnurrbart die Hälfte seines Untergesichts verdeckte, und zwei Frauen. Eine davon, zu dick zum Reiten, schaukelte auf einem Esel dahin. Die andere war ein dünnes, kindhaftes Mädchen, so dicht in ihren grauen Zauberermantel eingewickelt, daß Bard nicht erkennen konnte, ob sie hübsch oder häßlich war. Er wußte nichts von den dreien, nichts über ihre Fähigkeiten, und er fragte sich nervös, ob sie ihn als Anführer der Expedition anerkennen würden. Besonders der Laranzu . Obwohl er, wie alle seiner Art, bis auf ein kleines Messer an seiner Seite, das auch eine Frau hätte tragen können, unbewaffnet war, sah er doch aus, als sei er schon lange vor Bards Geburt auf Feldzügen wie diesem mitgeritten.
    Ob Beltran in diesem Punkt auch von düsteren Vorahnungen geplagt war? Aber er fand bald

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