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Die Zeit der hundert Königreiche

Die Zeit der hundert Königreiche

Titel: Die Zeit der hundert Königreiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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schlankes junges Mädchen mit einem hübschen, verschlossenen Gesicht war. Ihr flammendes Haar lockte sich um ihre Wangen. Sie war schön und ernst. Als sie Bards Blick auf sich fühlte, errötete sie und wandte sich ab, und etwas an dieser Scheu verratenden Geste erinnerte ihn an Carlina, wie ein Hauch, beinahe geisterhaft.
    Sie führte ihr Pferd an den Bach und sah nur ganz kurz zu ihren beiden Kollegen hin, die in Trance versunken auf ihren Reittieren saßen. Bard stieg ab und ging zu ihr, um ihr die Zügel abzunehmen.
    » Damisela , darf ich Euch helfen?«
    »Danke.« Sie überließ ihm die Zügel. Sie vermied es, ihm ins Gesicht zu sehen, und als er versuchte, ihren Blick festzuhalten, sah er nur, wie ihr das Blut in die Wangen stieg. Wie hübsch sie war! Er führte das Pferd an das Wasserloch und stand da mit einer Hand an den Zügeln.
    Er sagte: »Wenn Meister Gareth und Dame Melora wieder zu sich kommen, werde ich zwei Männer schicken, die sich um ihre Tiere kümmern sollen.«
    »Danke, Sir. Sie werden Euch dankbar sein, denn sie sind nach einem langen Rapport mit dem Vogel immer müde. Ich kann das überhaupt nicht«, gestand das Mädchen. Sie hatte eine leise, flüsternde Stimme.
    »Aber Ihr seid eine erfahrene Leronis ?«
    »Nein, vai dom , nur eine Anfängerin, ein Lehrling. Vielleicht werde ich es eines Tages sein. Im Augenblick besteht mein Talent darin, dahin zu sehen, wohin sie keinen Vogel schicken können.« Wieder senkte sie die Augen und errötete.
    »Und wie ist Euer Name, Damisela ?«
    »Mirella Lindir, Sir.«
    Das Pferd war fertig mit dem Trinken. Bard fragte: »Habt Ihr einen Futterbeutel für Euer Pferd?«
    »Mit Eurer Erlaubnis, Sir, ich möchte es jetzt nicht füttern. Das Pferd einer Leronis ist darauf trainiert, lange Zeit stillzustehen, ohne sich zu bewegen …« Sie wies auf die beiden unbeweglichen Gestalten von Meister Gareth und Melora. »Aber wenn ich meins füttere, wird das die anderen stören.«
    »Ich verstehe. Nun, ganz, wie Ihr wollt.« Bard sagte sich, er müsse zu seinen Männern zurückkehren und nachsehen, was sie machten. Darum hätte sich natürlich Prinz Beltran kümmern sollen, aber Bard hatte begonnen, nicht nur Beltrans Fähigkeiten, sondern auch seinem Interesse an diesem Feldzug zu mißtrauen. Nun, um so besser. Wenn alles gut ausging, dann war es Bard allein zuzuschreiben.
    Mirella meinte schüchtern: »Laßt mich Euch nicht von Euren Pflichten abhalten, Sir.«
    Er verbeugte sich vor ihr und ging. Ihre Augen, dachte er, waren schön, und sie hatte eine Schüchternheit an sich, die der Carlinas nicht unähnlich war. Er hätte gern gewußt, ob sie noch Jungfrau war. Bestimmt hatte sie ihn mit Interesse angesehen. Er hatte sich gelobt, er wolle sein Herumhuren aufgeben und Carlina treu bleiben, aber auf einem Feldzug sollte ein Soldat nehmen, was ihm angeboten wird. Er pfiff vor sich hin, als er wieder zu seinen Männern kam.
    Es freute ihn, daß die hübsche Mirella, wieder von ihrem grauen Mantel verhüllt, einige Zeit später vor den Augen seiner Soldaten an ihn heranritt und bescheiden meldete: »Mit Eurer Erlaubnis, Sir, Meister Gareth sagt, der Vogel sei jetzt auf dem Rückweg und wir könnten weiterreiten.«
    »Ich danke Euch, Damisela .« Beflissen wandte er sich eines Befehls wegen an Prinz Beltran.
    »Laß die Leute weiterreiten«, sagte Beltran gleichgültig und stieg selbst in den Sattel. Bard ließ die Männer an sich vorbeireiten und hielt die Augen offen nach irgendwelchen Mängeln an Mensch und Tier, nach einem rostigen Stück der Ausrüstung, einem Pferd, dem anzumerken war, daß es sich einen Stein eingetreten oder ein Hufeisen verloren hatte. Dann schloß er sich den drei Leroni an.
    »Welche Nachricht habt Ihr von Eurem Kundschaftervogel, Meister Gareth?«
    Das gefurchte Gesicht des alten Laranzu sah abgespannt und müde aus. Er kaute beim Reiten an einem Streifen Trockenfleisch. Melora neben ihm sah beinahe ebenso erschöpft aus, die Augen wie vom Weinen gerötet, und auch sie aß. Sie stopfte sich Händevoll Trockenobst mit Honig zwischen die verschmierten Lippen.
    »Die Karawane befindet sich in einer Entfernung von zwei Tagesritten, dort …« – Meister Gareth wies die Richtung – »… in der Vogelfluglinie. Es sind vier Wagen. Ich zählte außer den Wagenlenkern zwei Dutzend Männer, und an ihrer Kleidung und ihren Pferden und auch der Art ihrer Schwerter erkannte ich, daß es Söldner aus den Trockenstädten sind.«
    Bard schürzte die

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