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Die Zeit der hundert Königreiche

Die Zeit der hundert Königreiche

Titel: Die Zeit der hundert Königreiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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Zauber noch wirksam war, würde die Flut jetzt über sie hereinbrechen. Er machte sich darauf gefaßt, er fühlte das unablässige Prickeln, das ihm zeigte, es war Laran am Werk, und es nahm zu, bis er das Gegeneinanderwirken der Kräfte von Zauber und Gegenzauber über der Furt beinahe sehen konnte. Sein Pferd schien durch verfilzte Schlinggewächse zu schreiten, obwohl davon nichts zu sehen war …
    Dann, ganz plötzlich, war es vorbei, verschwunden. Der Fluß strömte still und unschuldig dahin und war wieder gewöhnliches Wasser. Bard stieß den zurückgehaltenen Atem aus und bohrte seiner Stute die Fersen in die Weichen. Die ersten Reiter hatten das gegenüberliegende Ufer schon zur Hälfte erklommen, und er hielt mitten im Fluß an und ließ die übrigen an sich vorüber.
    Für den Augenblick wenigstens hatten ihre Leroni die feindlichen Zauberer besiegt.
     
    Bisher war das Wetter auf diesem Feldzug gut gewesen. Aber als der Tag zu Ende ging, verdunkelte sich der Himmel mit immer dicker werdenden Wolken, und gegen Abend begann Schnee zu fallen, leicht, aber ergiebig. Zuerst fielen hin und wieder ein paar dicke, verklumpte, nasse Flocken, dann wurden sie schärfer und härter, und sie fielen und fielen und fielen mit idiotischer Unablässigkeit. Melora, die wieder ihren Esel ritt, wickelte sich fest in ihren grauen Mantel und zog sich eine Decke über den Kopf. Die Soldaten holten einer nach dem anderen Schals und Handschuhe und dicke Kapuzen hervor und ritten mit mißmutigen Gesichtern dahin. Bard wußte, was sie dachten. Krieg wurde traditionellerweise im Sommer geführt, und im Winter blieben alle bis auf die Wahnsinnigen oder Verzweifelten bei ihren eigenen Feuerstellen. Ein Winterfeldzug brachte ein bestimmtes Maß an Gefahr mit sich. Die Männer mochten mit einiger Berechtigung sagen, daß sie König Ardrin wohl dienstpflichtig seien, dies jedoch über Brauch und Recht hinausging. Es war eben nicht üblich, Soldaten in einen Schneesturm wie diesen, der sich leicht zu einem Blizzard verstärken konnte, hineinreiten zu lassen, und deshalb hatte der König kein Recht, es von ihnen zu verlangen. Wie konnte Bard sie bei der Stange halten? Zum ersten Mal wünschte er, er hätte nicht hier den Befehl, sondern reite zu König Ardrins rechter Hand nach Norden auf Hammerfell zu als Bannerträger seines Souveräns. Für den König war es leicht, mit Hilfe seines persönlichen Einflusses und seiner Macht treue Dienste zu erlangen, die über das Übliche hinausgingen. Der König konnte den Männern Versprechungen machen, und zwar sehr verlockende. Bard war sich peinlich bewußt, daß er erst siebzehn Jahre zählte, daß er nichts war als der Bastardneffe des Königs und sein Pflegesohn, daß er über die Köpfe vieler erfahrenerer Offiziere hinweg befördert worden war. Wahrscheinlich gab es sogar in den Reihen dieser Männer, die er selbst für den Feldzug ausgesucht hatte, solche, die nur darauf warteten, daß er zu Schaden kam, daß er irgendeinen schrecklichen, nie wiedergutzumachenden Fehler beging. Hatte der König ihm dies Kommando nur gegeben, damit er sich übernahm, damit er sich als der grüne, unerfahrene Krieger sah, der er war?
    Trotz seines Triumphs und der Auszeichnung auf dem Schlachtfeld von Snow Glen war er noch ein Junge. Konnte er diese Mission überhaupt durchführen? Hoffte der König, daß er versagte, so daß er ihm Carlina verweigern konnte? Was mochte vor ihm liegen, wenn er versagte? Würde er degradiert, in Schande nach Hause geschickt werden?
    Er ritt nach vorn, um sich Meister Gareth anzuschließen, der den unteren Teil seines Gesichts in einen dicken, roten Strickschal gehüllt hatte, während ihm die Kapuze des grauen Zauberermantels über die Augen fiel. Bard fragte schroff: »Könnt Ihr gar nichts gegen dies Wetter unternehmen? Ist das ein beginnender Blizzard oder nur ein Schneegestöber?«
    »Ihr verlangt zuviel von meinen Kräften, Sir«, antwortete der ältere Mann. »Ich bin ein Laranzu , kein Gott; das Wetter kann ich nicht befehligen.« Ein Mundwinkel verzog sich in einem Anflug von Humor zu einem schiefen Lächeln. »Glaubt mir, Meister Bard, wenn ich das Wetter befehligen könnte, würde ich es schon meinetwegen tun. Ebenso wie Ihr friere ich und bin vom Schnee geblendet, und meine Knochen sind älter und fühlen die Kälte stärker.«
    Bard war wütend, daß er seine eigene Unzulänglichkeit eingestehen mußte. »Die Männer murren, und ich habe ein wenig Angst vor einer

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