Die Zeit der hundert Königreiche
der ihnen Befehle erteilen kann. Aber wenn Ihr darauf besteht – nun, Damisela , könnt Ihr reiten? Wenn ja, wird Euer Vater Mistress Mirella zu sich auf sein Pferd setzen, da sie leichter ist als Ihr, und Ihr sollt ihr Pferd nehmen, das recht ruhig aussieht.«
»Ich möchte mich lieber auf meines Vaters Psi-Kräfte und meine eigenen verlassen«, erwiderte Melora fest. »Glaubt Ihr, ich will mein armes Eselchen dem Ertrinken überlassen?«
»Oh, Hölle und Verdammnis, Frau!« entfuhr es Bard. »Wenn Ihr es fertigbringt, auf einem Pferd zu sitzen, wird einer meiner Männer Euren Esel führen. Ich nehme an, das Vieh kann schwimmen!«
»Du mußt dein Bestes tun, um zu reiten, Melora«, fiel Meister Gareth ein. »Und Weißfell bleibt nichts anderes übrig, als zu schwimmen. Ich bin sicher, er kann im Wasser besser für sich selbst sorgen als du. Mirella, mein Kind, gib Melora dein Pferd und steige hinter mir in den Sattel.«
Hurtig kletterte sie auf den Pferderücken, aber die zusehenden Männer erhaschten doch einen Blick auf lange, wohlgeformte Beine in rot und blau geringelten Strümpfen. Sie setzte sich zurecht, strich ihre Röcke glatt und faßte den alten Laranzu um die Mitte. Bard persönlich half, die dicke, ungewandte Melora auf das Pferd des anderen Mädchens zu heben. Dort oben hockte sie, dachte er unbarmherzig bei sich, wie ein auf den Sattel geworfener Sack Mehl.
»Sitzt ein wenig gerader, vai leronis , ich bitte Euch inständig, und haltet die Zügel fester.« Bard seufzte. »Ich sollte wohl lieber neben Euch reiten und Euer Pferd führen.«
»Das wäre freundlich von Euch«, sagte Meister Gareth, »denn wir müssen uns völlig auf den Gegenzauber konzentrieren. Und ich wäre auch sehr dankbar dafür, wenn einer Eurer Männer Meloras Esel führen wollte, weil sie Angst um ihn haben wird.«
Einer der Veteranen platzte lachend heraus: »Mistress Melora, wenn Ihr dies Wasser durch einen Zauber beruhigen könnt, will ich Euren kleinen Esel wie ein Baby quer über meinen Sattel nehmen!«
Sie kicherte. Fett und unbeholfen, wie sie war, hatte sie doch eine süße Stimme und ein entzückendes Lachen. »Ich fürchte, das würde ihm mehr Angst einjagen als die Stromschnellen, Sir. Wenn Ihr ihn führt, wird er es schon irgendwie fertigbringen, hinter dem Schwanz Eures Pferdes herzuschwimmen.«
Der Veteran brachte ein Seil und band den Zügel des Esels an den Zügel seines eigenen Pferdes. Bard ergriff die Zügel von Meloras Pferd. Wie schade war es, dachte er, daß es nicht die hübsche Mirella war, und wieder hörte er Meloras süßes Lachen. Voll Unbehagen fragte er sich, ob sie seine Gedanken lesen könne, und riß sich von dieser Überlegung los. Dies war kein Zeitpunkt, über Frauen nachzudenken, nicht wenn sie eine verhexte Furt durchqueren mußten und ihnen ein Kampf bevorstand!
»Um der Liebe aller Götter willen, Meister Gareth, fangt mit Eurem Gegenzauber an.«
Meloras schwerer Körper hing bewegungslos auf dem Pferd. Ein fremder, konzentrierter Ausdruck senkte sich auf Meister Gareths Miene. Mirellas Kapuze rutschte ihr übers Gesicht, so daß nichts mehr von ihr zu sehen war als ihr kleines Kinn. Bard beobachtete die drei Leroni und spürte an dem Prickeln in seinem Rückgrat, daß irgendwo in der Nähe kraftvolles Laran am Werk war. Woher wußte er das, was war das?
Mit einem merkwürdigen Widerstreben, die bedeutungsvolle Stille durch ein Wort oder einen Ruf zu unterbrechen, winkte Bard die Männer schweigend vorwärts. Er spürte das Prickeln immer noch. Jetzt zog er am Zügel seines Pferdes und trieb es an. Die Stute warf ihren Kopf und wieherte nervös. Sie erinnerte sich, was geschehen war, als sie das erste Mal die Furt beschritten hatte.
»Ruhig, ruhig, Mädchen«, redete er ihr mit leiser Stimme zu, und er dachte: Ich nehme es ihr ganz und gar nicht übel, mir geht es genauso … Aber er war ein denkender Mensch, kein vernunftloses Tier, und er würde sich nicht blinder, sinnloser Furcht überlassen. Von Stimme und Händen gedrängt, setzte die Stute einen Fuß in das Wasser, und Bard winkte den Männern hinter ihm.
Nichts geschah … aber es war auch beim ersten Mal nichts geschehen, bis sie in der Mitte des Flusses gewesen waren. Bard trieb das Pferd weiter an und hielt dabei, sich im Sattel zur Seite drehend, Meloras Zügel. Nach ihm kam Meister Gareth mit Mirella hinter sich, dann folgten die Männer, Prinz Beltran als Nachhut.
Nun waren sie alle im Wasser. Wenn der feindliche
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