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Die Zeit der hundert Königreiche

Die Zeit der hundert Königreiche

Titel: Die Zeit der hundert Königreiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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immer noch für einen Jungen, der sein Vergnügen bei anderen Jungen sucht? Oder bildest du dir ein, da du Carlinas Bruder bist, werde ich dich an ihrer Stelle nehmen?« Er konnte nicht aufhören zu lachen. »Wer hätte das gedacht! Geremy Hastur ist also immer noch jung genug, um mit seinen Spielgefährten von der Freiheit des Kriegszuges Gebrauch zu machen!« Das Wort, das er benutzte, war ein gemeineres, aus der Gossensprache der Armee, und Beltran schrie vor Scham und Schreck erstickt auf. »Nun, welche Vorlieben Geremy auch haben mag, Beltran, ich liebe diese kindischen Spiele nicht. Kannst du dich nicht wie ein Mann benehmen?«
    Selbst in der Dunkelheit konnte er sehen, daß Beltran die Zornesröte ins Gesicht gestiegen war. Der Junge würgte ein Schluchzen hinunter und setzte sich auf. Bebend vor Wut sagte er: »Verdammt sollst du sein, du Hurensohn, du Bastard! Dafür töte ich dich, Bard, das schwöre ich …«
    »Was, so schnell von der Liebe zum Haß?« spottete Bard. »Du bist immer noch betrunken, Bredillu . Komm, Brüderchen, es ist nur ein Spiel, du wirst eines Tages darüber hinauswachsen. Leg dich hin und schlaf weiter und sei nicht dumm.« Er sprach freundlich, jetzt, wo der erste Schock vorbei war. »Es ist alles in Ordnung.«
    Aber Beltran saß bolzengerade in der Dunkelheit. Sein ganzer Körper war steif vor Wut. Er zischte zwischen den Zähnen hindurch: »Du verhöhnst mich, du …! Bard mac Fianna, ich schwöre dir, Rosen werden in Zandrus neunter Hölle wachsen, bevor du Carlina in dein Bett bekommst!« Er stand auf, griff sich seine Stiefel, fuhr mit den Füßen hinein und ging weg, und Bard starrte ihm entgeistert nach.
    Ernüchtert, als habe er eine Ladung des immer noch fallenden Schnees auf den Kopf bekommen, erkannte er, daß er einen schweren Fehler begangen hatte. Er hätte daran denken sollen, wie jung Beltran noch war, und ihn freundlicher abweisen. Was der Junge sich wünschte, war doch nur Zuneigung und Nähe gewesen, wie Bard sie sich selbst gewünscht hatte. Es wäre nicht nötig gewesen, ihn wegen mangelnder Männlichkeit zu verhöhnen. Ein plötzlicher Impuls hätte ihn beinahe veranlaßt, aufzustehen und seinem Pflegebruder nachzulaufen, sich für den Spott zu entschuldigen, den Streit wiedergutzumachen.
    Aber die Erinnerung an die Beleidigung, die Beltran ihm entgegengeschleudert hatte, hielt ihn zurück. Er hat mich Hurensohn, Bard mac Fianna, nicht di Asturien, wie es jetzt mein Recht ist, genannt . Obwohl er in seinem Herzen wußte, daß Beltran einfach die erste Beleidigung ausgesprochen hatte, die ihm in den Sinn kam, hatte ihn die tiefere Wahrheit unerträglich verletzt. Wütend, mit zusammengebissenen Zähnen legte er sich wieder hin. Von ihm aus konnte Prinz Beltran in einem der Wagen oder zwischen den Pferden schlafen!

 
5
     
    In der Mittwinternacht feierte Ardrin von Asturias seinen Sieg über den Herzog von Hammerfell.
    Der Winter war ungewöhnlich mild, und die Leute kamen von nah und fern. Der Sohn des Herzogs war da; Lord Hammerfell hatte ihn als Pflegesohn des Königs an den Hof geschickt, hieß es. Sie alle wußten ebenso gut wie der Junge selbst, daß er eine Geisel für den Frieden zwischen Hammerfell und Asturias war. Trotzdem stellte König Ardrin, der ein freundlicher Mann war, den Jungen als seinen Pflegesohn vor, und es war offensichtlich, daß er gut behandelt wurde und von allem das Beste erhielt, von Lehrern und Erziehern bis zum Unterricht im Schwertkampf und in Sprachen, der einem Prinzen angemessenen Erziehung. Die gleiche Erziehung, dachte Bard, als er das Kind in seiner kostbaren Festkleidung betrachtete, wie er sie an der Seite von Geremy Hastur und Prinz Beltran erhalten hatte.
    »Trotzdem«, sagte Carlina, »tut mir das Kind leid, das so jung aus seiner Heimat weggeschickt worden ist. Du warst älter, Bard. Du warst zwölf geworden und bereits so groß wie ein Mann. Wie alt ist der kleine Garris – acht oder neun?«
    »Acht, glaube ich.« Bard dachte daran, daß sein eigener Vater hätte kommen oder, falls es sein Wunsch war, seinen kleinen legitimen Sohn Alaric hätte schicken können. Mit schlechtem Wetter konnte er sich nicht entschuldigen, und Alaric war alt genug, um in Pflege gegeben zu werden.
    »Möchtest du gern wieder tanzen, Carlina?«
    »Nicht gleich.« Sie fächelte sich. Sie trug ein grünes Kleid, das nur ein bißchen weniger prachtvoll war als das, das sie beim Mittsommerfest zu ihrer Verlobung getragen hatte. Bard war der

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