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Die Zeit der hundert Königreiche

Die Zeit der hundert Königreiche

Titel: Die Zeit der hundert Königreiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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einfach sein konnte, daß Geremy seine Ginevra vermißte, konnte Bard das kaum glauben. Sie waren nicht verlobt, und Ginevra war nicht von genügend hoher Geburt, um eine passende Gemahlin für den Erben Hasturs von Carcosa abzugeben.
    Vielleicht sollte er heute abend zu Beltran gehen, sich bei ihm entschuldigen und seinem Pflegebruder erklären, warum er so scharf mit ihm gewesen war … Bei dem Gedanken krümmte er sich vor verletztem Stolz. Aber ein ernster, nicht beigelegter Streit mit dem Prinzen konnte seiner eigenen Laufbahn schaden, und wenn sich einige der Ratgeber des Königs bereits Gedanken darüber machten, ob Bard nicht gefährlich nahe am Thron stand – schließlich war er der älteste Sohn von König Ardrins eigenem Bruder –, dann sollte er besser dafür sorgen, daß Beltran ihn nicht als Bedrohung empfand!
    Aber ehe er seinen Entschluß in die Tat umsetzen konnte, erklang eine freundliche Stimme neben ihm: »Einen schönen Festtag wünsche ich Euch, Dom Bard.«
    Bard wandte sich dem ältlichen Laranzu zu. »Euch ebenfalls, Meister Gareth. – Ladys …« Er verbeugte sich vor Mirella, die reizend in ihrem hellblauen Gazegewand aussah, und vor Melora, die ein grünes Kleid mit tiefem Ausschnitt und hohem Kragen trug, lose geschnitten wie das einer schwangeren Frau. Tatsächlich gab ihr schwerer Körper ihr ganz den Anschein, als sei sie schwanger, aber die Farbe brachte ihre reine Haut vorteilhaft zur Geltung und ließ ihr rotes Haar leuchten.
    »Ihr tanzt nicht, Meister Gareth?«
    Der alte Mann schüttelte mit kläglichem Lächeln den Kopf. »Ich kann nicht«, sagte er, und Bard sah, daß er sich auf einen kräftigen Spazierstock stützte. »Ein Andenken, Sir, an diesen Kampf mit den Trockenstädtern.«
    »Aber Eure Wunde sollte längst verheilt sein«, meint Bard besorgt, und der alte Mann zuckte mit den Schultern.
    »Ich vermute, daß Gift auf dem Dolch war. Wäre es nicht durch viele andere Kämpfe schon verdünnt gewesen, hätte ich das Bein verloren«, erklärte Meister Gareth. »Die Wunde ist immer noch nicht völlig geheilt, und allmählich glaube ich, das wird sie niemals tun. Selbst Laran konnte nichts ausrichten. Aber sie hindert mich nicht daran, an dem Fest teilzunehmen.« Höflich ließ er das Thema fallen.
    Der kleine Sohn des Herzogs von Hammerfell kam zu ihnen und fragte schüchtern: »Will Lady Mirella mit mir tanzen?«
    Sie bat ihren Vormund mit einem Blick um Erlaubnis – Mirella war noch zu jung, als daß sie auf einem öffentlichen Ball mit anderen Partnern als Verwandten hätte tanzen dürfen –, aber offensichtlich betrachtete Meister Gareth den Jungen nicht als Bedrohung. Zusammen sahen sie beide wie Kinder aus. Er machte eine zustimmende Geste, und sie gingen gemeinsam weg. Der Junge war bei weitem nicht so groß wie Mirella, so daß sie ein nicht recht zusammenpassendes Paar abgaben.
    Bard sagte zu Melora: »Willst du mir die Ehre geben, Melora?«
    Meister Gareth hob ein wenig die Augenbrauen bei dieser vertraulichen Anrede, aber sie sagte: »Gewiß«, und reichte ihm die Hand. Sie war, überlegte Bard, wahrscheinlich mehrere Jahre älter als er, und es erstaunte ihn, daß sie noch nicht verheiratet oder verlobt war.
    Nachdem sie eine Weile getanzt hatten, stellte er ihr die Frage, und sie antwortete: »Ich bin dem Neskaya-Turm versprochen. Einige Zeit war ich in Dalereuth, aber dort mußten wir Haftfeuer herstellen, und ich habe die feste Überzeugung, daß Leroni in Kriegen neutral bleiben sollten. Jetzt bin ich Neskaya verpflichtet, dessen Bewahrer gelobt hat, bei allen Kriegen in den Domänen Neutralität zu bewahren.«
    »Das scheint mir eine schlechte Wahl zu sein«, meinte Bard. »Wenn wir kämpfen müssen, warum sollten Leroni davon ausgenommen sein? Sie tragen bereits keine Waffen, nicht einmal in der Schlacht. Sollen sie in Frieden leben, wenn wir anderen alle um unser Leben kämpfen müssen?«
    »Irgendwer muß mit dem Kampf um den Frieden beginnen«, sagte Melora. »Ich habe mit Varzil gesprochen, und ich halte ihn für einen großen Mann.«
    Bard zuckte die Schultern. »Ein in die Irre geführter Idealist, sonst nichts. Man wird den Turm von Neskaya über euren Köpfen anzünden und weiter Kriege führen, wie es immer war. Ich hoffe nur, daß du dort nicht mit umkommst.«
    »Das hoffe ich auch«, gestand Melora. Schweigend tanzten sie. Sie war außerordentlich leichtfüßig und bewegte sich wie ein Lufthauch.
    Schließlich sagte er: »Beim Tanzen bist du

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