Die Zeit der Verachtung
werden. Auf eine einfache, aber wirksame Weise.«
»Aber die Fürstentochter lebt nicht«, sagte Codringher rasch und beobachtete die Veränderungen, die die Worte des lächelnden Krüppels auf Geralts Gesicht hervorriefen. »Die Agenten haben davon erfahren und die Suche eingestellt.«
»Vorerst eingestellt.« Der Hexer zwang sich sichtlich zu Ruhe und einem kalten Ton. »Fälschungen haben es an sich, dass sie auffliegen. Außerdem sind die königlichen Agenten nur eine der Parteien in diesem Spiel. Die Agenten, wie ihr selber sagt, haben Ciri nachgespürt, um die Pläne anderer Nachforscher zu durchkreuzen. Jene anderen sind vielleicht weniger anfällig für Falschinformationen. Ich habe euch angeheuert, damit ihr eine Möglichkeit findet, die Sicherheit des Kindes zu gewährleisten. Was schlagt ihr vor?«
»Ich habe eine bestimmte Konzeption.« Fenn warf seinem Teilhaber einen Blick zu, fand in dessen Gesicht aber keine Anweisung zu schweigen. »Wir wollen diskret, aber weithin die Ansicht verbreiten, dass nicht nur die Fürstentochter Cirilla, sondern sogar ihre möglichen männlichen Nachkommen keinerlei Anspruch auf den Thron von Cintra haben.«
»In Cintra erbt die Kunkel nicht«, erklärte Codringher und kämpfte einen neuerlichen Hustenanfall nieder. »Ausschließlich das Schwert.«
»Genau«, bestätigte der Rechtsgelehrte. »Geralt hat das gerade selbst gesagt. Das ist uraltes Recht, nicht einmal diese Teuflin Calanthe konnte es aufheben, obwohl sie sich bemüht hat.«
»Sie hat versucht, dieses Recht mit einer Intrige zu umgehen«, sagte Codringher im Brustton der Überzeugung, worauf er sich den Mund mit dem Taschentuch abwischte. »Einer illegalen Intrige. Erklär es ihm, Fenn.«
»Calanthe war die einzige Tochter von König Dagorad und Königin Adalia. Nach dem Tode der Eltern widersetzte sie sich der Aristokratie, die in ihr ausschließlich die Frau für einen neuen König sah. Sie wollte ungeteilt herrschen und war höchstens pro forma und um des Erhalts der Dynastie willen bereit, einen Prinzgemahl zu akzeptieren, der neben ihr auf dem Thron sitzen, aber nicht mehr als ein Strohmann sein würde. Die alten Geschlechter sperrten sich dagegen. Calanthe hatte die Wahl zwischen einem Bürgerkrieg, der Abdankung zugunsten einer anderen Linie oder der Heirat mit Roegner, dem Prinzen von Ebbing. Sie wählte die dritte Lösung. Sie regierte das Land, aber an der Seite von Roegner. Klar, dass sie sich nicht zähmen oder in die Frauengemächer abschieben ließ. Sie war die Löwin von Cintra. Der Herrscher jedoch war Roegner, obwohl niemand ihn den Löwen von Cintra nannte.«
»Calanthe aber«, fügte Codringher hinzu, »tat alles Mögliche, um schwanger zu werden und einen Sohn zu gebären. Es wurde nichts draus. Sie brachte die Tochter Pavetta zur Welt, hatte dann zweimal eine Fehlgeburt, und es wurde klar, dass sie keine Kinder mehr bekommen würde. Alle Pläne gingen den Bach hinunter. Nun ja, Weiberschicksal. Eine ruinierte Gebärmutter durchkreuzt alle Ambitionen.«
Geralt verzog das Gesicht. »Du bist ekelhaft trivial, Codringher.«
»Ich weiß. Die Wahrheit war auch trivial. Denn Roegner fing an, sich nach einer jungen Königin mit entsprechend breiten Hüften umzuschauen, am besten aus einer Familie mit erwiesener Fruchtbarkeit bis zurück zur Urgroßmutter. Und Calanthe begann, den Boden unter den Füßen zu verlieren. Jede Speise, jeder Kelch Wein konnte den Tod bringen, jede Jagd mit einem Unfall enden. Es spricht vieles dafür, dass die Löwin von Cintra damals die Initiative ergriffen hat. Roegner starb. Im Lande gingen gerade die Pocken um, und niemand wunderte sich über den Tod des Königs.«
»Ich verstehe allmählich«, sagte der Hexer scheinbar gleichmütig, »worauf sich die Mitteilungen stützen werden, die ihr diskret, aber weithin auszustreuen gedenkt. Ciri wird zur Enkelin einer Giftmischerin und Gattenmörderin?«
»Greif den Fakten nicht vor, Geralt. Sprich weiter, Fenn.«
»Calanthe« – der Krüppel lächelte – »rettete ihr Leben, aber von der Krone war sie nun noch weiter entfernt. Als sie nach dem Tode Roegners nach der absoluten Macht griff, widersetzte sich die Aristokratie abermals gegen die Verletzung von Recht und Herkommen. Auf dem Thron Cintras sollte ein König sitzen, keine Königin. Es wurde unmissverständlich festgelegt: Sobald die kleine Pavetta anfängt, auch nur ein wenig einer Frau zu ähneln, muss sie mit jemandem verheiratet werden, der der
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