Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Zeit der Verachtung

Die Zeit der Verachtung

Titel: Die Zeit der Verachtung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
Vom Netzwerk:
wenden  ...«
    »Lassen wir das«, unterbrach ihn Codringher kalt. »Nicht zu viele Probleme, Fenn, nicht zu viele Fliegen mit einer Klappe, nicht zu viele Weissagungen und Geheimnisse. Wir danken dir fürs Erste. Mach’s gut, viel Erfolg bei der Arbeit. Geralt, erlaube. Wir gehen zurück ins Büro.«
    »Zu wenig, nicht wahr?«, vergewisserte sich der Hexer, sobald sie zurück waren und Platz genommen hatten, der Advokat hinter dem Schreibtisch, er ihm gegenüber. »Das Honorar ist zu niedrig, ja?«
    Codringher nahm einen sternförmigen Metallgegenstand von der Tischplatte und drehte ihn mehrmals zwischen den Fingern. »Zu niedrig, Geralt. In Elfenweissagungen zu wühlen ist für mich verteufelt mühsam, ein Verlust an Zeit und Mitteln. Es wäre notwendig, einen Zugang zu den Elfen zu suchen, denn außer ihnen ist niemand imstande, ihre Aufzeichnungen zu verstehen. Elfenmanuskripte sind in den meisten Fällen eine verdrehte Symbolik, Akrostichen, manchmal geradezu Chiffren. Die Ältere Rede ist immer mindestens zweideutig, aber als Niederschrift kann sie auch zehn Bedeutungen haben. Die Elfen waren noch nie geneigt, jemandem zu helfen, der ihre Weissagung knacken wollte. Aber heutzutage, da in den Wäldern ein blutiger Krieg mit den Eichhörnchen im Gange ist, da es zu Pogromen kommt, ist es gefährlich, sich ihnen zu nähern. Doppelt gefährlich. Die Elfen könnten einen für einen Provokateur halten, die Menschen für einen Verräter  ...«
    »Wie viel, Codringher?«
    Der Advokat schwieg einen Moment lang und spielte unablässig mit dem Metallstern.
    »Zehn Prozent«, sagte er schließlich.
    »Zehn Prozent wovon?«
    »Mach dich nicht über mich lustig, Hexer. Die Sache wird ernst. Mir ist allmählich immer weniger klar, worum es hier geht, und wenn man nicht weiß, worum es geht, dann geht es garantiert um Geld. Da habe ich lieber zehn Prozent als das übliche Honorar. Du gibst mir zehn Prozent von dem, was du selbst dabei verdienst, vermindert um die schon bezahlte Summe. Schließen wir den Vertrag?«
    »Nein. Ich will dich nicht in Verluste stürzen. Zehn Prozent von null ergibt null, Codringher. Ich, lieber Kollege, werde daran nichts verdienen.«
    »Noch einmal: Mach dich nicht über mich lustig. Ich glaube nicht, dass es dir nicht um Gewinn geht. Ich glaube nicht, dass hinter dieser Sache keine  ...«
    »Es schert mich wenig, was du glaubst. Es wird keinen Vertrag geben. Und keine Prozente. Bestimme die Höhe des Honorars für das Sammeln der Informationen.«
    »Jeden anderen« – Codringher begann zu husten – »würde ich vor die Tür setzen, weil ich mir sicher wäre, dass er mich hereinzulegen versucht. Aber zu dir anachronistischem Hexer passt irgendwie auf merkwürdige Weise eine altmodische und naive Uneigennützigkeit. Das ist deine Art, das ist wunderbar und pathetisch altmodisch  ... sich für nichts umbringen zu lassen  ...«
    »Lass uns keine Zeit verlieren. Wie viel, Codringher?«
    »Noch einmal so viel. Zusammen fünfhundert.«
    »Tut mir leid« – Geralt schüttelte den Kopf  –, »aber solch eine Summe kann ich mir nicht leisten. Zumindest nicht momentan.«
    »Ich komme auf das Angebot zurück, das ich dir schon einmal gemacht habe, zu Beginn unserer Bekanntschaft«, sagte der Advokat langsam und spielte dabei weiter mit dem Stern. »Nimm Arbeit bei mir an, und du wirst es dir leisten können. Die Information und anderen Luxus.«
    »Nein, Codringher.«
    »Warum?«
    »Du wirst es nicht verstehen.«
    »Diesmal verletzt du nicht mein Herz, sondern meinen Berufsstolz. Denn ich wiege mich in der Annahme, dass ich in der Regel alles verstehe. Unseren Berufen liegt die Hundsfötterei zugrunde, du aber ziehst immerzu die anachronistische der neuzeitlichen vor.«
    Der Hexer lächelte. »Bravo.«
    Codringher brach wieder in Husten aus, wischte sich den Mund ab, sah aufs Taschentuch, dann schaute er mit seinen gelbgrünen Augen auf. »Du hast einen Blick auf die Liste der Magierinnen und Magier geworfen, die auf dem Pult lag? Auf die Liste der potentiellen Auftraggeber Riences?«
    »Hab ich.«
    »Ich werde dir diese Liste nicht geben, ehe ich es nicht genau festgestellt habe. Lass dich von dem, was du gesehen hast, nicht irreführen. Rittersporn hat mir gesagt, dass Philippa Eilhart wahrscheinlich weiß, wer hinter Rience steht, dir dieses Wissen aber vorenthält. Philippa würde keinen X-Beliebigen decken. Hinter diesem Dreckskerl steht also jemand Bedeutendes.«
    Der Hexer

Weitere Kostenlose Bücher