Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Zeit der Verachtung

Die Zeit der Verachtung

Titel: Die Zeit der Verachtung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
Vom Netzwerk:
Erdboden verschwunden. Ein sonderbarer Mensch ist das. Hast du gesehen, wie er gegen Abend die Mädchen angeschaut hat, Zinnia und Tangerine, als sie auf dem Hof spielten? Seltsam hat er dreingeschaut. Und jetzt  ... Ich werde den Eindruck nicht los, dass er gegangen ist, um allein zu sein. Und zu mir ist er zu Gast gekommen, weil meine Farm abgelegen liegt, weit von den anderen entfernt. Du kennst ihn besser, Rittersporn, sag  ...«
    »Ich kenne ihn?« Der Dichter schlug eine Mücke im Genick tot, klimperte auf der Laute, den Blick auf die dunklen Silhouetten der Weiden an den Teichen gerichtet. »Nein, Bernie. Ich kenne ihn nicht. Aber etwas geht mit ihm vor, das sehe ich. Warum ist er hierhergekommen, nach Hirundum? Um näher an der Insel Thanedd zu sein? Aber als ich ihm gestern vorgeschlagen habe, gemeinsam nach Gors Velen zu reiten, von wo aus man Thanedd sieht, hat er ohne zu überlegen abgelehnt. Was hält ihn hier? Habt ihr ihm irgendwelche lukrativen Aufträge gegeben?«
    »Woher denn«, murmelte der Halbling. »Offen gesagt, ich glaube überhaupt nicht, dass es hier wirklich irgendein Ungeheuer gibt. Das Kind, das im Teich ertrunken ist, kann einen Krampf gehabt haben. Und gleich fangen alle zu schreien an, das sei ein Nix oder eine Kikimora, und man müsse einen Hexer kommen lassen  ... Aber Geld hat man ihm so verschwindend wenig geboten, dass es eine Schande ist. Und er? Drei Nächte lang kriecht er auf den Dämmen herum, am Tage schläft er oder sitzt wortlos da wie ausgestopft, betrachtet die Kinder, das Haus  ... Seltsam. Ich würde sagen, eigenartig.«
    »Das würdest du gut sagen.«
    Ein Blitz flammte auf, erhellte den Hof und die Farmgebäude. Für einen Augenblick erglänzten die Ruinen der Elfenvilla am Ende des Dammes. Einen Moment später rollte der Donner über die Gärten hinweg. Ein heftiger Wind kam auf, die Bäume und die Büsche an den Teichen begannen zu rauschen und bogen sich, der Wasserspiegel kräuselte sich und wurde matt, sträubte die ausgestellten Seerosenblätter.
    »Das Gewitter kommt doch noch zu uns.« Der Farmer schaute zum Himmel. »Vielleicht haben sie es mit Zauberei von der Insel verjagt? Auf Thanedd sind von denen gut zweihundert zusammengekommen  ... Was meinst du, Rittersporn, worüber werden sie dort beraten auf dieser Zusammenkunft? Ob dabei etwas Gutes herauskommt?«
    »Für uns? Wohl kaum.« Der Troubadour strich mit dem Daumen über die Saiten der Laute. »Diese Zusammenkünfte sind für gewöhnlich Modenschauen, Intrigen, eine Gelegenheit zu Verleumdungen und internen Abrechnungen. Streitereien darum, ob man die Magie verbreiten oder einer Elite vorbehalten soll. Zank zwischen denen, die Königen dienen, und denen, die lieber von weitem Druck auf die Könige ausüben  ...«
    »Ha«, sagte Bernie Hofmeier. »Dann kann ich mir vorstellen, dass es während der Zusammenkunft auf Thanedd nicht schlechter blitzen und donnern wird als bei einem Gewitter.«
    »Mag sein. Aber was geht uns das an?«
    »Dich nichts«, sagte der Halbling mürrisch. »Denn du klimperst immer nur auf der Laute und trinkst. Blickst auf die Welt ringsum und siehst nichts als Reime und Noten. Aber uns haben allein in der letzten Woche Berittene zweimal Kohl und Rüben zertrampelt. Das Heer macht Jagd auf die Eichhörnchen, die Eichhörnchen streifen umher und verdrücken sich, und die einen wie die anderen suchen sich ihren Weg durch unseren Kohl  ...«
    »Man sorgt sich nicht um den Kohl, wenn der Wald brennt«, rezitierte der Dichter.
    »Wenn du, Rittersporn« – Bernie Hofmeier blickte ihn scheel an  –, »was sagst, weiß man nie, ob man weinen, lachen oder dir eins in die Fresse hauen soll. Ich meine es ernst! Und ich sag dir, es sind widerwärtige Zeiten angebrochen. An den Landstraßen Pfähle und Galgen, auf den Lichtungen und Schneisen Leichen, verdammt, so muss dieses Land zu Zeiten Falkas ausgesehen haben. Und wie soll man hier leben? Am Tag kommen die Leute des Königs und drohen, dass sie uns einlochen, wenn wir den Eichhörnchen helfen. Und nachts tauchen die Elfen auf, und dann versuch mal, ihnen Hilfe zu verweigern! Da versprechen sie gleich poetisch, dass wir sehen werden, wie sich das Antlitz der Nacht rötet. Das sind solche Poeten, dass man kotzen könnte. Und so sitzen wir zwischen zwei Mühlsteinen  ...«
    »Du rechnest damit, dass die Zusammenkunft der Zauberer daran etwas ändert?«
    »Ja doch. Du hast selbst gesagt, dass sich unter den Magiern zwei

Weitere Kostenlose Bücher