Die Zeit der Verachtung
es«, gab Codringher zu. »Du bist ein anachronistischer Hexer, und ich bin ein moderner, der mit der Zeit geht. Darum wirst du bald arbeitslos sein, und ich werde gedeihen. Striegen, Wyverns, Endriagen und Werwölfe wird es auf der Welt bald nicht mehr geben. Aber Hundsfötte gibt es immer.«
»Aber du befreist ja größtenteils gerade die Hundsfötte von den Schwierigkeiten, Codringher. Arme Leute in Schwierigkeiten können sich deine Dienste nicht leisten.«
»Deine Dienste können sich arme Leute ebenso wenig leisten. Arme Leute können sich nie irgendwas leisten, darum sind sie ja arm.«
»Das ist unerhört logisch. Und so neu, dass einem die Luft wegbleibt.«
»Das hat die Wahrheit so an sich. Und wahr ist nun mal, dass unsere Berufe mit der Hundsfötterei stehen und fallen. Wobei deiner schon fast ausgestorben ist, meiner aber reell und immer kräftiger gedeiht.«
»Gut, gut. Kommen wir zur Sache.«
»Höchste Zeit.« Codringher nickte, wobei er den Kater streichelte, der sich anspannte und laut zu miauen begann, während er ihm die Krallen ins Knie hieb. »Und wir wollen diese Angelegenheiten in der Reihenfolge ihrer Wichtigkeit erledigen. Erstens: Mein Honorar, Kollege Hexer, beträgt zweihundertfünfzig Nowigrader Kronen. Verfügst du über solch eine Summe? Oder zählst du dich vielleicht auch zu den armen Schluckern, die Schwierigkeiten haben?«
»Zuerst wollen wir uns überzeugen, ob du dir diese Summe verdient hast.«
»Die Überzeugung«, sagte der Advokat kalt, »musst du ausschließlich auf die eigene Person beschränken und dich damit sehr beeilen. Wenn du dich aber überzeugt hast, leg das Geld auf den Tisch. Dann gehen wir zu den folgenden, weniger wichtigen Fragen über.«
Geralt band den Beutel vom Gürtel los und warf ihn klirrend auf den Schreibtisch. Der Kater sprang mit einem jähen Satz von Codringhers Schoß und schoss davon. Der Advokat steckte den Geldbeutel in die Schublade, ohne den Inhalt zu überprüfen. »Du hast meinen Kater erschreckt«, sagte er mit echtem Vorwurf.
»Entschuldige. Ich dachte, das Klingen von Münzen ist das Letzte, was deinen Kater erschrecken kann. Sag, was du herausgefunden hast.«
»Dieser Rience«, begann Codringher, »der dich so sehr interessiert, ist eine ziemlich geheimnisvolle Gestalt. Ich konnte nur feststellen, dass er zwei Jahre an der Zauberschule in Ban Ard studiert hat. Dort wurde er hinausgeworfen, nachdem man ihn bei kleineren Diebstählen erwischt hatte. Unweit der Schule warteten wie üblich die Werber des Nachrichtendienstes von Kaedwen. Rience ließ sich anwerben. Was er für den Geheimdienst von Kaedwen getan hat, konnte ich nicht in Erfahrung bringen. Aber aus der Schule ausgestoßene Zauberer werden für gewöhnlich als Mörder ausgebildet. Passt das?«
»Wie die Faust aufs Auge. Red weiter.«
»Die nächste Information stammt aus Cintra. Herr Rience hat dort im Knast gesessen. Auf Anordnung von Königin Calanthe.«
»Wofür hat er gesessen?«
»Stell dir vor: wegen Schulden. Er hat nicht lange gebrummt, weil jemand ihn freigekauft hat, die Schulden mitsamt Zinsen bezahlt. Die Transaktion wurde durch Vermittlung einer Bank abgewickelt, die Anonymität des Wohltäters gewahrt. Ich habe versucht, zu verfolgen, von wem das Geld kam, habe aber nach der vierten Bank in Folge aufgegeben. Wer Rience freigekauft hat, war ein Profi. Und ihm war sehr daran gelegen, anonym zu bleiben.«
Codringher verstummte, begann heftig zu husten, wobei er ein Taschentuch vor den Mund hielt.
»Und plötzlich, gleich nach dem Krieg, tauchte Herr Rience in Sodden, in Angren und in Brugge auf«, fuhr er fort, nachdem er sich den Mund abgewischt und einen Blick auf das Taschentuch geworfen hatte. »Bis zur Unkenntlichkeit verändert, zumindest, was sein Verhalten angeht und die Menge an Bargeld, über das er verfügte und mit dem er um sich warf. Denn was den Namen betrifft, hat sich der sorglose Hundesohn keine Mühe gemacht – er nannte sich weiterhin Rience. Und als Rience begann er, intensiv nach einer bestimmten Person zu suchen, genauer gesagt, einem Persönchen. Er suchte die Druiden vom angrenischen Kreis auf, diejenigen, die sich der Kriegswaisen angenommen hatten. Die Leiche eines der Druiden wurde etwas später in einem Wald nahebei gefunden, massakriert und mit Spuren von Folterungen. Dann tauchte Rience im Flussland auf ...«
»Ich weiß«, warf Geralt ein. »Ich weiß, was er mit der Bauernfamilie im Flussland gemacht hat. Für
Weitere Kostenlose Bücher