Die Zeit der Verachtung
muss ...«
»Nichts musst du! Halte durch, mach nicht schlapp ... Werd nicht ohnmächtig ... Stirb nicht, bitte ...«
Sie schleifte ihn über den mit Leichen übersäten Boden. Er sah seine Brust und seinen Bauch, von dem Blut überströmt, das ihm aus der Nase floss. Er sah das Bein. Es war in einem sonderbaren Winkel verdreht und sah viel kürzer aus als das gesunde. Er fühlte keinen Schmerz. Er fühlte Kälte, der ganze Körper war kalt, starr und fremd. Er wollte sich erbrechen.
»Halte durch, Geralt. Von Aretusa her kommt Hilfe. Nicht mehr lange ...«
»Dijkstra ... Wenn Dijkstra mich erwischt ... dann bin ich erledigt ...«
Triss fluchte. Verzweifelt.
Sie zerrte ihn über eine Treppe. Das gebrochene Bein und der Arm sprangen auf den Stufen. Der Schmerz erwachte, fraß sich in die Eingeweide, in die Schläfen, strahlte bis in die Augen, in die Ohren aus, in den Scheitel. Er schrie nicht. Er wusste, dass ihm vom Schreien leichter werden würde, doch er schrie nicht. Er öffnete nur den Mund, auch das brachte Erleichterung.
Er hörte ein Brausen.
Oben auf der Treppe stand Tissaia de Vries. Ihr Haar war unordentlich, das Gesicht staubbedeckt. Sie hob beide Hände, ihre Handflächen begannen zu leuchten. Sie rief einen Spruch, und das auf ihren Fingern tanzende Feuer stürzte als blendende und vor Hitze brausende Kugel hinab. Der Hexer hörte von unten her das Krachen einstürzender Mauern und die wilden Schreie der Verbrannten.
»Tissaia, nein!«, rief Triss verzweifelt. »Tu das nicht!«
»Sie werden nicht hier hereinkommen«, sagte die Erzmeisterin, ohne den Kopf zu wenden. »Dies ist Garstang auf der Insel Thanedd. Niemand hat die königlichen Knechte hierher eingeladen, die die Befehle ihrer kurzsichtigen Herrscher ausführen!«
»Du bringst sie um!«
»Schweige, Triss Merigold! Der Anschlag auf die Einheit der Bruderschaft ist misslungen, über die Insel herrscht noch immer das Kapitel! Die Könige sollen die Finger von den Angelegenheiten des Kapitels lassen! Das ist unser Konflikt, und wir werden ihn selbst lösen! Wir werden unsere Angelegenheiten regeln und dann Schluss machen mit diesem idiotischen Krieg! Denn wir sind es, die Zauberer, die die Verantwortung für das Schicksal der Welt tragen!«
Aus ihren Händen schoss der nächste Kugelblitz hervor; das vielfache Echo der Explosion rollte zwischen den Säulen und steinernen Wänden.
»Fort!«, schrie sie abermals. »Ihr kommt hier nicht herein! Fort!«
Die Schreie von unten her verstummten. Geralt verstand, dass die Belagerer von der Treppe zurückgewichen waren, den Rückzug antraten. Tissaias Silhouette verschwamm vor seinen Augen. Das war keine Magie. Er war im Begriff, das Bewusstsein zu verlieren.
»Flieh von hier, Triss Merigold«, hörte er die Worte der Zauberin von ferne herandringen, wie durch eine Wand. »Philippa Eilhart ist schon geflohen, auf ihren Flügeln fortgeflogen. Du warst ihre Komplizin bei dieser widerwärtigen Verschwörung, ich muss dich bestrafen. Doch es hat schon genug Blut, Tod, Unglück gegeben! Hinfort! Geh nach Aretusa, zu deinen Spießgesellen! Teleportiere dich. Das Portal des Möwenturms existiert nicht mehr. Es ist zusammen mit dem Turm eingestürzt. Du kannst dich gefahrlos teleportieren. Wohin du willst. Meinetwegen zu deinem König Foltest, für den du die Bruderschaft verraten hast!«
»Ich werde Geralt nicht im Stich lassen ...«, stöhnte Triss. »Er darf den Redaniern nicht in die Hände fallen ... Er ist schwer verwundet ... hat innere Blutungen ... Und ich habe keine Kraft mehr! Ich habe keine Kraft, um den Teleport zu öffnen! Tissaia! Hilf mir bitte!«
Dunkelheit. Durchdringende Kälte. Von weither, durch die steinerne Wand hindurch, die Stimme von Tissaia de Vries: »Ich helfe dir.«
Evertsen, Peter
, * 1234, Vertrauter von Kaiser Emhyr Deithwen und einer der tatsächlichen Schöpfer der Macht des Kaisertums. Generalintendant der Armee während der Nordischen Kriege (s. d.), seit 1290 Großschatzmeister der Krone. In der Endphase der Herrschaft Emhyrs in den Rang eines Koauditors der Krone erhoben. Unter der Herrschaft von Kaiser Morvran Voorhis zu Unrecht des Amtsmissbrauches angeklagt, verurteilt, eingekerkert, † 1301 in Schloss Winneburg. Unter Kaiser Jan Calveit im Jahre 1328 postum rehabilitiert.
Effenberg und Talbot,
Encyclopaedia Maxima Mundi
, Bd. V
Erzittert, denn es wird kommen der Vernichter der Völker. Man wird
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