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Die Zeit des Boesen

Die Zeit des Boesen

Titel: Die Zeit des Boesen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vampira VA
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Schreie zuwege, die mir selbst in den Ohren schmerzen. Schreie, die mehr sind als sinnloses Gebrüll -Ausdruck meiner tiefen Verzweiflung.
    Verzweiflung und Wut über mein unfertiges, fremdartiges Dasein.
    Doch beides entlädt sich in diesen Schreien. Sie erleichtern mich, leiten meinen Zorn fort aus mir und zu anderen hin.
    Bis meine Kraft zum Schreien versiegt, meine Lider sich schließen und Schwärze mich umfängt, erholsamer und regenerierender Schlaf mich gefangennimmt.
    * »Bei allen Heiligen, was war das?«
    Petrina nahm die Hände von den Ohren. Sie hatte versucht, sich vor den schmerzenden Schreien der Fremden zu schützen, doch es hatte wenig genutzt. Den anderen dreien war es nicht anders ergangen, wie sie in ihren bleichen Gesichtern lesen konnte. Das Entsetzen hatte neben der Erschöpfung, verursacht durch die lange, beschwerliche Reise, tiefe Spuren hineingegraben.
    »Ich weiß es nicht«, flüsterte Rela tonlos.
    »Aber es war grauenhaft«, fügte Yvi hinzu.
    »Was kann einen Menschen veranlassen, solcherart zu schreien?« fragte Jana atemlos. Die Vorstellung des Grauens, das dahinterstecken mußte, ließ sie schaudern wie in der Kälte des Winters.
    Der Karren wurde ein wenig langsamer. Karels Stimme brüllte von vorne: »Verdammt, was geht da hinten vor?«
    »Nichts!« rief Petrina eilig zurück. »Es ist schon gut.«
    »Das will ich euch raten. Hüah!« Karel trieb den Gaul unbarmherzig voran.
    Eine Weile herrschte Stille auf dem Karren, sah man vom Knarren und Knirschen des Holzes ab. Schweigend sahen die vier Mädchen auf die Nackte hinab, deren Schreie so plötzlich abgebrochen waren, wie sie begonnen hatten. Sie hatte die Augen wieder geschlossen und erweckte ganz den Eindruck einer Schlafenden. Aber die Ruhe schien den Mädchen trügerisch, von einer Art, die größeren Schrecken in sich bergen konnte, als sie ihn sich vorzustellen vermochten. Und etwas, ein Hauch dieses Schreckens, schien wie greifbar zwischen ihnen zu liegen. Für eine Weile jedenfalls. Dann versickerte er.
    Aber nicht dorthin, woher er gekommen war .
    Etwas Kaltes, das über das körperlich wahrnehmbare Maß von Kälte hinausging, floß in die vier Mädchen. Auf Wegen und durch Kanäle, von deren Existenz sie nie etwas geahnt haben mochten. Und es floß dorthin, wo sich alles Dunkle, das je in ihrem Denken und Empfinden gewesen war, abgesetzt hatte wie stinkender Bodensatz. Unsichtbar rührte etwas darin, rührte auf was sich dort niedergelegt hatte. Schleichend wie Gift stieg es auf und mengte sich in ihre Gedanken. Machte Harmloses zu Üblem, ließ vage Furcht zu Panik werden, und Unbehagen schließlich zu Zorn.
    Zu Zorn, der sich entlud.
    In mörderischer Gewalt.
    Kräfte verströmten, wenn auch nicht ziellos.
    Bis daß der Tod seine Ernte einbringen konnte.
    *
    Vaclav langweilte sich schier zu Tode. Die Größe seiner Aufgabe rührte ihn nicht. Weil sie nur von scheinbarer Größe war. Prag, seine Stadt, sollte er vor unbefugtem Zutritt schützen. Doch der Befehl war kaum das Papier wert, auf dem er geschrieben stand. Ganz abgesehen davon, daß er, Vaclav, ihn nicht einmal lesen konnte .
    Tatsächlich gab es niemanden, den er nicht durch jenes Tor, das er zu bewachen hatte, nach Prag hineingelassen hätte. Weil keiner der Ankömmlinge Böses im Schild führte - oder zumindest nicht so dumm war, es den Wachsoldaten bei seiner Ankunft zu verraten. Zudem wurde das Übel ohnehin nicht von draußen in die Stadt hineingetragen. Es gärte längst jenseits der Mauern, in der Stadt selbst. Und es war abzusehen, daß es schon bald schlimme Folgen zeitigen würde. Etwas lag in der Luft, das Vaclav von vielen Schlachtfeldern, auf denen er schon zugange gewesen war, her kannte: der Geruch von Tod und Gewalt .
    Doch das mußte ihn nicht kümmern, noch nicht jedenfalls ...
    So hatte Vaclav seine eigenen Regeln für den Wachdienst an der Stadtmauer aufgestellt. Und die erste lautete, jeden Fremden zu filzen und zu schikanieren, bis daß es ihm selbst zu blöde wurde.
    Auf diese Weise verging wenigstens die Zeit .
    Ein müdes Grinsen glitt über das Gesicht des längst nicht mehr jungen Soldaten, als er in seinem Unterstand im Tor das Rumpeln hölzerner Räder und den trägen Schlag von Hufen auf dem Pflaster draußen hörte. Ächzend richtete er sich auf, zog seine Kleidung halbwegs gerade. Dann trat er, auf seine Hellebarde gestützt, hinaus.
    Und sein Grinsen verflog.
    Der Alte, der da auf dem Bock des Plankarrens hockte, würde ihm

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