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Die Zeit-Moleküle

Die Zeit-Moleküle

Titel: Die Zeit-Moleküle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D.G. Compton
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sie argwöhnte Vernebelungstaktik, die sie bisher vergeblich gesucht hatte. »Sie haben doch irgendeinen Job, den Sie hier in Penheniot ausfüllen.«
    »Job?«
    Erst vor kurzem hatte ihn jemand schon einmal nach seinem Job gefragt. Es erinnerte ihn … es erinnerte ihn … es erinnerte ihn an den Gründer. An die Dorfkapelle, den Maibaum, das Labor und den gescheckten kleinen Hund. Was an Verstand noch übriggeblieben war, entwich noch rascher.
    »Job? Ich weiß nichts von einem Job.« Er griff sich an den Hals. »Alles, was ich weiß, ist … Nun, wie sollte ich denn das wissen? Ich hatte keinen Grund … ich hob ihn eben einfach hoch … Woher sollte ich denn wissen, daß er … nun, er hat doch so schlimm …«
    Seine Augen füllten sich mit Tränen, und die Erinnerung übermannte ihn, daß er keinen Ton mehr herausbekommen konnte. Es war schon fast ein Wort zuviel gewesen, und Mrs. Lampton roch sofort den Braten. Sie wurde liebenswürdig. Professionell liebenswürdig.
    »Nun beruhigen Sie sich erst einmal, Mr. Varco. Vielleicht kann ich Ihnen helfen. Erzählen Sie mir, was er getan hat. Kein Mensch wird Ihnen einen Vorwurf machen.«
    Professionell liebenswürdig … Selbst in seiner momentanen Erschütterung verfügte Roses noch über ein genaues, intuitives Gespür. Da waren Untertöne, die er schon früher einmal gehört hatte, Töne, die ihn arglos machen sollten, Töne, die in ihm sofort das Mißtrauen der schutzlosen Kreatur weckten. Liza und David Silberstein warteten inzwischen in quälender Angst auf seine Antwort. Sie ahnten nicht – niemand konnte das ahnen –, was für Bilder sich in seinem Gedächtnis formten: die energische junge Dame, professionell liebenswürdig, die im Flur vor seiner Küche stand, die Männer professionell liebenswürdig, die ihn später in ihre Obhut nahmen; das Irgendwo, professionell freundlich, das sich später als Hospital entpuppte; dann das Ausziehen, die Scham und die Dinger aus buntem Plastik, die irgendwie nie in die Löcher hineinpassen wollten, das Tuscheln, professionell liebenswürdig, hoch über seinem Kopf, das er trotzdem genau verstand (sollte man ihn einsperren oder sollte man nicht?) – all das hörte man ganz deutlich aus Mrs. Lamptons Stimme heraus. Mrs. Lampton war eine Falle.
    »Was er getan hat?« Falle: Fragen mit Fallen dahinter schlossen die Gedanken kurz. »Was er getan hat? Er hat nichts getan. Weiß gar nicht, was Sie meinen. Hat niemand etwas getan. Ist immer dasselbe – fragen, bohren. Man soll einen in Ruhe lassen, sage ich. Jawohl, man soll die Leute in Ruhe lassen. Hat trotzdem keinen Zweck. Sie lassen einen nicht, sie lassen einen nicht, sie lassen einen …«
    »… aber Mr. Varco, ich …«
    David ließ es geschehen, daß sie sich abstrampelte. Sie trieb ihn immer weiter in ein unfaires, aber nützliches Chaos totaler Schwachsinnigkeit hinein. Schließlich konnte er es nicht mehr länger ertragen. Er rannte fort, kaum noch in der Lage, seine Bewegungen zu koordinieren. Liza entschuldigte sich und lief ihm nach.
    »Er ist sonst gar nicht so geistig verwirrt«, sagte David, während er sich in Gedanken damit beschäftigte, warum Liza sich so um Roses bemühte. »Ich glaube, er dachte, Sie wollten ihn in die Enge treiben.«
    »War er schon immer in diesem Zustand?«
    »Schon immer. Er hauste hier in einer Ruine, deswegen ließen wir ihn hier weiter wohnen. Der Gründer hat ein menschliches Herz.«
    »Sind Sie sicher, daß sein Zustand sich nicht erst später verschlimmert hat? Als Folge Ihrer Forschungsarbeit?«
    »Wenn Sie mir nicht glauben wollen, können Sie sich ja in St. Kinnow erkundigen. Er ist hier geboren und wohnte schon immer hier. In St. Kinnow kennen ihn alle.«
    »Ich verstehe.«
    Mrs. Lampton hütete sich, ihren Argwohn deutlicher zu zeigen. Sie glaubte, auf Gold gestoßen zu sein. Aber es war nur Eisenpyrit.
    David Silberstein begleitete Mrs. Lampton weiter durch das Dorf, während sein Blick zu dem Gattertor hinüberglitt, durch welches Roses verschwunden war, gefolgt von Liza. Das war nicht gerecht (richtig?). Nun, es schickte sich nicht, paßte nicht, war gesellschaftlich nicht akzeptabel. Er zensierte das Bild seiner Phantasie von den Dingen, die im Labor geschehen konnten, bevor es erregende Dimensionen bekam, und öffnete die Tür zur Poststelle.
    Liza hatte bisher keine Vorstellung von Roses’ Wohnung besessen. Die kleine Küche mit den Säcken als Vorhang war ein schockierender Anblick. Er versetzte sie in

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