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Die Zeit-Verschwoerung 3 Navigator - Roman

Die Zeit-Verschwoerung 3 Navigator - Roman

Titel: Die Zeit-Verschwoerung 3 Navigator - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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Erde betrifft, ist selbst der große Ptolemäus nur eine Autorität in einer ganzen Palette von Gelehrten mit unterschiedlichen Ansichten. Jahrhunderte vor Ptolemäus’ Geburt hat der Grieche Eratosthenes den Erdumfang nach dem Winkel der von der Sonne geworfenen Schatten berechnet und ist auf eine erheblich höhere Zahl gekommen als Ptolemäus.
    Colón hat solche ›Autoritäten‹ wie d’Ailly eindeutig ausgewählt , weil ihre Schätzungen der Erdgröße alle am unteren Ende der Bandbreite akzeptierter Möglichkeiten liegen, deren Mittelwert, würde ich sagen, ungefähr viermal so groß ist wie in seinen Karten. Und wenn das so ist und wir so töricht wären, ein Schiff ins westliche Meer zu schicken, würde die Besatzung niemals zurückkehren – und unser Geld auch nicht!« Das brachte ihm einen Lacher ein.
    Harry wusste allerdings, dass er nicht ganz unrecht hatte. Geoffrey und er hatten tatsächlich viele der
hilfreicheren Autoritäten ausgewählt und Colón mit ihren Erkenntnissen gefüttert.
    Colón war jedoch keineswegs entmutigt. Er sagte einfach, niemand könne die Richtigkeit seiner Zahlen beweisen, bis man ganz um die Erde herumgefahren sei, aber man könne ebenso wenig beweisen, dass sie falsch seien.
    Dann ging er bei der Vorstellung seines Plans in die nächste Runde, indem er erklärte, dass eine Reise übers Ozeanmeer nicht mehr als eine Extrapolation von Entdeckungsreisen wäre, die andere bereits unternommen hätten – meist die Portugiesen, wie er gegenüber dem spanischen Hof hervorhob. Er erwähnte neue Entwicklungen im Schiffbau und die Entdeckung bislang unbekannter Inseln im Ozeanmeer, von Madeira und den Kanaren bis zu den Azoren.
    Und er sprach von früheren Versuchen, übers Ozeanmeer nach Westen zu fahren. In seinen Jahren auf Porto Santo und in Portugal hatte er viele solcher Geschichten gesammelt. Ein gewisser Diogo de Tieve war von den Azoren aus stetig nach Südwesten gesegelt und zu einem Ort gelangt, wo die Beschaffenheit des Meeres und das Kreisen von Landvögeln darauf hingedeutet hatten, dass im Westen Land lag, aber er hatte umkehren müssen, bevor er es erreichte. Ein Genueser Kaufmann namens Luca de Cazana hatte mehrere Reisen unternommen, die von den Azoren aus ein paar hundert Meilen nach Westen geführt hatten, aber vergeblich. Colón sagte, dass selbst erfolglose Entdeckungsreisen nützliche Informationen über die
Winde und die Meeresströmungen erbrächten. Colón selbst war an der Küste Afrikas entlanggefahren und behauptete, das Ozeanmeer besser zu kennen als jeder andere Zeitgenosse.
    Nun ging er zu älteren Sagen über. Er erwähnte Geschichten von den Reisen des heiligen Brendan und anderer irischer Mönche, die angeblich auf dem nördlichen Teil des Ozeanmeeres weit nach Westen vorgedrungen und dabei auf Eisberge und andere seltsame Erscheinungen getroffen waren. Er zitierte aus den Sagen der Wikinger, die, wie jedermann wusste, Kirchen in einem Land im Westen errichtet hatten, so warm und fruchtbar, dass dort Weinreben bereitwillig wuchsen, und so groß, dass es nie richtig erkundet worden war.
    Schließlich kam Colón zu der seiner Ansicht nach stärksten Stütze seiner Begründung: seiner eigenen, persönlichen Erfahrung. Er sprach von Beweisen, die er mit eigenen Augen gesehen hatte, Fundstücken aus den Ländern jenseits des Meeres, die zufällig nach Osten geschwemmt worden waren: mit Schnitzereien verziertes Holz, Zweige unbekannter Baumarten, ja sogar Kriegskanus aus einzelnen Baumstämmen. Solche Beweisstücke hätten in ihm die Saat für das Bestreben gelegt, nach Westen zu fahren, sagte Colón.
    Zum Schluss sprach er von den Reichtümern des Ostens und zitierte ausführlich aus der Biografie von Marco Polo, der China zur Zeit des mongolischen Friedens durchquert hatte. Und er sprach vom Traum eines gewaltigen Bündnisses der abendländischen
Christenheit mit den Truppen des Khans und dem Reichtum von Priester Johannes’ Reich, alles verbunden durch Colóns mächtige neue transozeanische Handelsrouten: eines gewaltigen Bündnisses, das von Osten über die großen islamischen Staaten herfallen, sie vom Antlitz der Erde fegen und Jerusalem endlich aus den Händen der Ungläubigen befreien würde.
    Einer nach dem anderen erhoben sich die Experten des Hofes, um einzelnen Aspekten von Colóns Vortrag zu widersprechen.
    Harry hörte nur mit halbem Ohr zu. Natürlich gab es ein Fünkchen Hoffnung, dachte er, dass Colón tatsächlich recht haben könnte.

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