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Die Zeit-Verschwoerung 3 Navigator - Roman

Die Zeit-Verschwoerung 3 Navigator - Roman

Titel: Die Zeit-Verschwoerung 3 Navigator - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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Schachtel hin.
    Harry nahm sie. Sie war aus Zedernholz und hervorragend gearbeitet, ein teures Geschenk.
    »Ferrons Botschaft lautet folgendermaßen: Du darfst deinen Helden nicht mehr unterstützen, Harry. Wenn Colón sein Vorhaben präsentiert, musst du den Argumenten widersprechen, die er mit deiner Hilfe entwickelt hat. Ansonsten musst du ebenso stumm bleiben wie deine Schwester.«
    Harry war verwirrt, hatte aber auch Angst. »Meine Schwester ist in England in Sicherheit. Und stumm war sie nie.«
    Abdul schwieg.
    Geoffrey berührte Harry an der Schulter. »Öffne die Schachtel, Harry.«

    Der an geölten Scharnieren befestigte Deckel ließ sich mühelos aufklappen. Im Innern lag ein Glasfläschchen, das ein Stück Fleisch in einer konservierenden Flüssigkeit enthielt. Es dauerte eine ganze Weile, bis Harry an dem blutigen Stumpf und der Form der Spitze erkannte, was es war: eine menschliche Zunge, an der Wurzel abgetrennt. In den Deckel der Schachtel war eine Nachricht eingeklemmt. Harry nahm sie, entfaltete sie und las: »AGNES WOOLER.«
    »Er hat sie sich zurückgeholt«, zürnte Geoffrey. »Er hat sie sich zurückgeholt!«

XXV
    Die Wände im Audienzraum der Monarchen zierten kostbare Behänge. Darauf sah man zum Beispiel die Jungfrau Maria ätherisch über Kreuzfahrern schweben, die die Mauern Jerusalems stürmten. Und der Holzboden war mit dicken Perserteppichen ausgelegt, ein Geschenk Boabdils aus Granada an seine eigentlichen Herren. Dieser Raum im Innersten von Santa Fé war der prächtigste, in dem Harry jemals gewesen war, selbst wenn es sich nur um ein Imitat aus Holz und Wachstuch handelte. Und er war voller Höflinge. Sie erinnerten Harry an exotische Vögel, die sich putzten und tratschten, gespannt auf die bevorstehende Verhandlung über einen Günstling der Königin. Sie waren gespannt, weil sich hier, auf den Bänken vor dem thronartigen Sessel, gegnerische Fraktionen bereit machten, erneut über Cristóbal Colón und seine Pläne zu diskutieren.
    An diesem Tag saß Luis de Santángel auf dem Thron, ein stattlicher, vernünftig wirkender Mann von vielleicht vierzig Jahren. Mit seiner kostbaren Kleidung sah er aus wie das, was er war: steinreich und einflussreich bei Hofe. Selbst wenn er Colóns Vorschlag billigte, würde dies keine endgültige Entscheidung sein;
die lag wie immer bei den Monarchen. Aber sein Wort hatte einiges Gewicht.
    Harry, Geoffrey Cotesford und Abdul Ibrahim waren auf Empfehlung von Antonio de Marchena hier, dem Frater aus dem Kloster La Rábida bei Palos, der Colóns Traum, das Ozeanmeer zu befahren, seit dessen Ankunft in Spanien unterstützt hatte.
    Ihnen gegenüber saß Hernando de Talavera, Isabels ehemaliger Beichtvater und immer noch oberster Theologe des Hofes, mit seiner Gruppe von Schiffskapitänen, Geografen, Astronomen und ein paar Geistlichen. Während de Marchena Colón immer unterstützt hatte, war Talavera seinem Vorhaben ebenso standfest entgegengetreten, seit er es vor sechs langen Jahren zum ersten Mal dargelegt hatte. Dass Colón einfach nicht aufgeben und verschwinden wollte, hatte Talavera im Lauf der Jahre zunehmend aufgebracht; für ihn war es jetzt beschlossene Sache, dass Colón seine Schiffe niemals bekommen würde.
    Und in der vordersten Reihe der Höflinge saß Diego Ferron, der sich dafür einsetzte, dass Colón kein Admiral des Ozeanmeeres, sondern ein General des letzten Krieges gegen den Islam wurde und mit Graces Gottesmaschinen ausgerüstete Truppen führte. Ferron hatte maurische Begleiterinnen dabei: eine schlanke, dunkle Frau, die einen juwelenbesetzten Schleier trug, und eine Dienerin, die schweigend zu seinen Füßen saß, das Gesicht von ihrem Schleier verhüllt. Selbst ihre Augen waren unsichtbar. Harry fand es seltsam, dass dieser Mann, der sich für die gewaltsame Vernichtung
des Islam einsetzte, muslimische Dienerinnen hatte, aber dies waren die letzten Tage von Granada, und der in die Ecke gedrängte und kompromittierte Boabdil geizte nicht mit Geschenken für den Hof der Monarchen, seien es Menschen oder Gegenstände.
    Harry starrte Ferron an, aber dieser erwiderte den Blick nicht. Nach der Zerstörung der Maschinen durch Agnes herrschte nichts als Hass zwischen den beiden Lagern, dachte er, ein Hass, der zweifellos nur mit der Vernichtung des einen oder anderen enden konnte – und vielleicht mit Agnes’ Tod.
    Jetzt lief ein Schauer der Erregung durch den vollen Raum. Harry blickte sich um.
    Ein Mann marschierte mit

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