Die Zeitdedektive 05 - Geheimnis um Tutanchamun
ein Nilpferd verfolgte er sie. Kurz darauf landeten die Freunde in einer Sackgasse. Hektisch blickten sie sich um. Wohin jetzt?
„Psst, hierher!“, wisperte eine Stimme neben ihnen.
Hinter einer Holztür winkte ihnen der junge Mann zu, der gerade noch von dem Riesen verfolgt worden war. Rasch glitten die Freunde durch die Tür. Der junge Mann verriegelte sie.
Draußen ertönte die zornige Stimme von Kaaper, aber sie wurde schnell leiser. Der Riese hatte die Spur der Freunde verloren.
„Puh, das war knapp!“, sagte der junge Mann im Flur seines Hauses. Er hatte ein schmales Gesicht mit einer himmelwärts gerichteten Stupsnase und ausgesprochen lebendigen Augen. Es war kein schönes Gesicht, aber ein interessantes.
„Ich danke euch vielmals. Ihr habt mir das Leben gerettet!“, ergänzte der junge Mann. „Ich heiße übrigens Iti.“
„Danke, du hast uns auch gerettet!“, erwiderten Leon, Julian und Kim lachend. Sie gaben Iti die Hand und stellten sich ebenfalls vor.
Auf Itis Frage nach ihrer Herkunft erzählte Julian die Geschichte, die er immer bei solchen Fragen erzählte: Kim, Leon und er seien Waisen und hofften auf Arbeit in der großen Stadt Theben. Und Kija, die Katze, gehöre einfach zu ihnen.
„Ihr könnt gerne erst einmal hier bleiben“, bot Iti an. „Zum Dank, dass ihr mir geholfen habt. Morgen sehen wir dann weiter. Vielleicht findet ihr irgendwo Arbeit.“
Er führte seine Gäste vom Flur ins angrenzende Zimmer. Es hatte nur ein schmales, rechteckiges Fenster kurz unterhalb der Decke, sodass der Raum in angenehmes Halbdunkel getaucht war. Drei kleine Stühle, ein niedriger Tisch, ein paar Krüge und eine Pritsche: Das war die gesamte Einrichtung. Vom Wohn- und Schlafraum konnte man in zwei weitere Räume blicken.
Einer davon war die Küche. Darin verschwand Iti für einen Moment und kam mit einem Krug Irtet zu ihnen zurück. Den Freunden schmeckte die Ziegenmilch hervorragend. Jetzt erst bemerkten sie, wie durstig sie waren.
„Warum hat dich der große Kerl eigentlich verfolgt?“, fragte Leon, während er sich den Mund mit dem Handrücken abwischte.
Iti hob die schmalen Schultern. „Och, eigentlich war nichts Besonderes. Wir haben nur gespielt. Und der dicke Kaaper hat behauptet, dass ich geschummelt hätte.“
Leon hatte das Gefühl, dass das nicht die ganze Wahrheit war. Also bohrte er nach: „Aber deswegen geht man doch nicht gleich mit einer Holzlatte auf jemanden los.“
Iti druckste etwas herum, dann gab er zu: „Na ja, wir haben nicht zum Spaß gespielt. Wir haben um Deben gespielt. Um ziemlich viele Deben, ehrlich gesagt. Und wenn Kaaper verliert, wird er ungemütlich, wie ihr gesehen habt. In diesem Viertel gibt’s eine Menge Leute, die schnell zuschlagen.“
„Hast du ihn betrogen?“, fragte Kim, während sie ihre Trinkschale mit Milch vor Kija auf den Boden stellte.
Iti sah zur Decke. „Sagen wir es mal so: Ich habe meinem Glück ein wenig nachgeholfen. Und irgendwie muss das Kaaper gemerkt haben. Aber die Gefahr ist ja vorerst gebannt. Habt ihr auch Hunger?“
Die Freunde nickten.
Offenbar erleichtert, das Thema erfolgreich gewechselt zu haben, ging Iti erneut in die Küche. Diesmal brachte er Granatäpfel, Feigen und eine Melone mit. Während sie aßen, erzählte Iti, dass er am Hof des Pharaos arbeite.
„Heute habe ich frei, aber sonst bin ich jeden Tag im Palast. Ich komme dem großen Falkengott sogar sehr nahe“, erzählte Iti stolz. „Ich darf den großen Pharao Tutanchamun massieren! Dafür verwende ich natürlich nur die feinsten Kräuteröle.“ Iti senkte die Stimme und klang mit einem Mal traurig. „Unser geliebter Pharao hat oft schlimme Schmerzen im Rücken. Er kann den Kopf nicht richtig drehen. Irgendetwas stimmt mit seiner Wirbelsäule nicht. Aber ich gebe mir immer größte Mühe, die Schmerzen zu lindern. Doch häufig scheint es umsonst zu sein. Unser Pharao hat viel Pech. Manchmal kommt es mir so vor, als läge ein Fluch auf ihm und seiner wunderschönen Frau Anchesenamun.“
„Ein Fluch?“ Julian war hellhörig geworden.
„Ja“, führte Iti aus. „Anchesenamun hat noch keine lebenden Kinder geboren. Sie ist todunglücklich darüber. Mein Herr lässt sich nichts anmerken, aber ich sehe ihm an, dass auch er sehr traurig ist. Und dann auch noch diese ständigen Rückenschmerzen! Ja, ich glaube, auf ihm und seiner Familie lastet ein Fluch. Seth steckt hinter allem!“
Kim und Leon warfen Julian einen fragenden Blick zu. Seth?
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