Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Zeitfalle

Die Zeitfalle

Titel: Die Zeitfalle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Carr
Vom Netzwerk:
rechtzeitig den Abzug drückte. Das war alles. Und dann konnte für Gai und Jorgan die nächste Phase der Strategie beginnen, die sie auf der Stufenleiter des Erfolgs ganz nach oben bringen sollte. Dabei würden sie den alten Thalvin hinterherschleppen, weil er zu nützlich war, um ihn einfach fallenzulassen. Gai wollte ihre Position zurück, die sie durch Ginler gehabt hatte. Ginler war gestorben, und sie hatte sie verloren. Aber nicht für lange.
    Der arme Ginler, dachte Thalvin. Er und ich machen die gleichen Fehler.
    Als sie gegessen hatten, nahm Gai Jorgan bei der Hand und führte ihn ins Zelt. Thalvin saß draußen und sah ihnen nach, dann wandte er sich ab, rauchte und beobachtete die Sterne, trübe Lichtpunkte im Dunst, aus dem nun matt und rot der Mond stieg.
    Ginler, dachte Thalvin wieder. Es war kaum sieben Monate her, daß der Alte gestorben war, ganz in der Nähe hier, keine hundert Kilometer von dieser Stelle entfernt. Thalvin war bei ihm gewesen, als es passiert war. Er hatte den Leichnam geborgen und nach Hause gebracht und die Geschichte erzählt. Erdrückt von einem großen Affen, einer Art Gorilla. Tot, bevor er ihm hatte zu Hilfe eilen können. Scheußlich. Wir waren wie verheiratet, teilten eine Frau. Nun ist er tot. Ich bedaure seinen Tod.
    Gai hatte einen Monat gewartet, dann hatte sie Jorgan geheiratet. Mit Thalvins Zustimmung natürlich, aber die war nur eine Formsache gewesen; sie hätte den Jungen auch gegen seinen Willen heiraten können, nur hätte das nicht gut ausgesehen.
    Machte sie ihn für Ginlers Tod verantwortlich? Er dachte es oft. Aber vielleicht war es nur, daß sie nicht länger Zeit für ihn hatte. Sie und Jorgan, Jorgan und sie. Jetzt waren sie im dunklen Zelt und fielen übereinander her wie brünstige Tiere, wie sie es bei jeder Gelegenheit taten. Kaum, daß sie sich durch Thalvins Anwesenheit daran hindern ließen. Thalvin konnte es so deutlich sehen, als ob er ein Augenzeuge wäre. Gai mit ihrem kurz geschnittenen schwarzen Haar, den vollen Lippen und der langen, schmalen Nase. Ihre Augen waren groß und blau und lasterhaft, ihre Brüste rund und fest wie die eines jungen Mädchens. Thalvin war ihr verfallen. Er begehrte sie. Er hatte sie immer begehrt, aber seit Ginlers Tod hatten sie einander nicht einmal die Hand gedrückt. Nun, später, dachte er. Vielleicht wird später Zeit dafür sein. Aber er wußte es besser. Er glaubte selbst nicht daran. Sie waren fertig miteinander. Es war eine Vernunftehe, oder nicht einmal das, denn von Vernunft konnte man dabei nicht gut reden. Eher von Gewohnheit. Sie zeigte ihm die kalte Schulter, aber sie duldete ihn, weil sie ihn manchmal brauchte. Jetzt zum Beispiel. Und er hatte genug von einem Trottel, daß er sich ausnutzen ließ, immer in der Hoffnung, es werde einmal wieder anders sein.
    Thalvin blickte in die sich verdichtende Dunkelheit und dachte, daß es an der Zeit sei.
    Gai kam aus dem Zelt, verhielt im Eingang und sagte etwas über ihre Schulter. Dann kam sie lachend heraus und zu Thalvin. Jorgan folgte ihr, mit munteren, selbstsicheren Bewegungen. Beide waren angezogen, und Gai war schön und sinnlich. Jorgan sah groß und gebräunt und jung und stattlich aus. Und befriedigt, dachte Thalvin. Und dumm.
    Die beiden kamen gleichzeitig bei Thalvin an.
    »Willst du nicht 'reinkommen?« sagte Gai. »Du mußt schlafen.«
    »Ich habe auf euch gewartet«, sagte Thalvin.
    Jorgan lachte. Er wollte etwas sagen, ließ es aber sein und zeigte statt dessen in die Dunkelheit. »Was ist das?«
    »Was ist was?« sagte Thalvin und wandte sich um. Er folgte der Richtung des ausgestreckten Arms. »Du meinst das Feuer da hinten?«
    »Feuer?« sagte Gai. Sie spähte zu dem flackernden kleinen Feuer hinaus, das ungefähr vierhundert Meter bachaufwärts von ihrem Lager brannte. Dann drehte sie sich zu Thalvin um und fuhr ihn an: »Verdammt noch mal, du hast gesagt, wir würden allein sein!«
    »Ich sagte, daß es hier keine anderen Jäger geben würde«, erwiderte Thalvin. Er beobachtete das Feuer, ein winziges, rötlichgelbes Geflacker in der dunstigen Ferne, und schüttelte seinen Kopf. »Das ist kein Jäger.«
    »Was ist es dann? Eine Fata Morgana? Ein Affe, der sich warmzuhalten sucht?«
    »Beinahe«, sagte er mit einem knappen Lächeln. »Es ist ein Eingeborener. Ein Mensch dieser Zeit.«
    Jorgan lachte auf. »Ich dachte, du wärst ein Experte, Thalvin. Da liegst du falsch. Es gibt keine Menschen hier. Sie sind alle zu den Sternen gegangen

Weitere Kostenlose Bücher