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Die Zeitfalle

Die Zeitfalle

Titel: Die Zeitfalle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Carr
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und haben diese sterbende Welt zurückgelassen.«
    »Das«, sagte Thalvin, »ist nicht wahr.« Er lächelte wieder, etwas breiter als zuvor. »Es ist eine offizielle Lüge. Der Mensch ist nicht zu den Sternen entkommen. Er blieb hier und büßte seine vielgepriesene Zivilisation ein. Ich weiß nicht, wie viele von uns es in dieser Zeit noch gibt, aber sicherlich machen wir auf der ganzen Erde noch nicht mal eine Viertelmillion aus. Wir sehen ein bißchen wie Affen aus und leben sehr glücklich in der Natur, und in ein paar zehntausend Jahren sollten wir ganz ausgestorben sein.«
    »Du machst Witze«, sagte Jorgan.
    »Nein, das tut er nicht«, sagte Gai. »Ich habe von ihnen gehört. Ginler sah sie auch und erzählte mir davon. Er fand es sehr amüsant. All unser Streben nach Wissenschaft und Fortschritt, und als Ergebnis dies. Für ihn war es erheiternd.«
    »Sie leben meistens im Wald«, sagte Thalvin. »Hier oben trifft man sie selten an. Leute wie unser Freund dort drüben am Feuer sind Einzelgänger. Im Wald sollen sie in größeren Sippen leben, aber ich habe noch nie mehr als zwei von ihnen zusammen gesehen.«
    Jorgan starrte zu dem entfernten Feuer hinüber, dann hob er seine Augen zu den Sternen. Thalvin wollte ins Zelt, aber Gai sagte: »Wie sind sie?«
    »Menschen mit Fell. Sie haben lange Arme und große Hände, aber ihre Füße sind wie unsere, ohne Greifzehen.«
    »Sie sehen nicht menschlich aus, sagte Ginler.«
    »Nein, aber sie sind es. Affen machen kein Feuer.«
    »Tote auch nicht«, sagte Gai.
    »Wie meinst du das?« fragte Thalvin.
    »Ich meine, das ist es. Unsere Trophäe. Wir werden uns einen Mann der Zukunft schießen.«
    »Das ist dasselbe wie Mord«, sagte Thalvin.
    »Nicht, wenn es an der Wand hängt«, erwiderte sie kühl. »Es ist ein blöder Affe. Wer wird den Unterschied merken? Nur ein paar Leute ganz oben. Und sie werden es kühn und originell finden. Ich kenne sie. Sie werden denken, daß es Klasse zeigt.«
    Sie legte ihre Hände an den Mund und schrie in die Dunkelheit: »He – Mann der Zukunft! Nimm dich in acht! Lauf, wenn du kannst! Wir kommen dich holen.«
    »Halt den Mund«, sagte Thalvin.
    Gai lachte jetzt. Sie packte Jorgan bei den Armen und zog ihn an sich. Die zwei tanzten und hüpften im Kreis herum, einmal, zweimal. Dann blieben sie stehen, und Gai sagte: »Wir gehen jetzt zu Bett, Thalvin. Vor morgen früh wird er nicht gehen, oder?«
    »Ich glaube nicht. Aber ich werde es nicht erlauben. Du kannst nicht einen Menschen schießen und seinen Kopf an die Wand nageln, als ob er ein – ein Wildschwein wäre.«
    »Ach, zum Teufel«, sagte Gai. »Du ödest mich an.« Sie blickte zu Jorgan. »Hast du gehört, was der alte Mann sagte? Er wird es nicht erlauben. Hast du das gehört? Komm, gehen wir. Bei Tagesanbruch, Thalvin.«
    Sie verschwanden im Zelt, und Thalvin setzte sich und rauchte. Weil er ihre Unersättlichkeit kannte, wartete er eine Stunde, bevor er ihnen ins Zelt folgte. Sie lagen beisammen im Doppelschlafsack, beide nackt. Gais Kopf ruhte auf Jorgans Schulter, und beide schnarchten mit offenen Mündern. Thalvin stieg über sie weg, kleidete sich aus und kroch in seinen Schlafsack.
    Vielleicht wird sie es vergessen oder anders darüber denken, wenn es Morgen ist, dachte er. Aber sein Verstand wußte es besser. Er drehte sich auf die Seite, bis er die Zeltwand vor seinem Gesicht fühlen konnte, und schlief.
     
    Es war Morgen. Der Osthimmel stand in scharlachroten Flammen, und die aufgehende Sonne war eine stumpf purpurne Scheibe, die wie ein blutunterlaufenes Auge in einem kahlen, verwesenden Schädel über dem diesigen Grau des Horizonts hing. Ein matter Wind trieb Nebelschleier durch die schütteren Kulissen kleinwüchsiger Fichten und Birken und Krüppelkiefern. Kein Laut brach die Stille der gefrorenen Einöde.
    Die drei standen um die Überreste des Feuers. Der Mann war fort.
    Gai sagte: »Du wirst ihn wiederfinden.«
    »Ich?«
    »Ja, du. Du wußtest, daß er nicht mehr hier sein würde, wenn wir kämen. Du wußtest das und hast mich angelogen. Aber so einfach wird es nicht sein, Thalvin. Du wirst ihn wiederfinden, und Jorgan wird ihn schießen.«
    Thalvin blickte zu Jorgan, der an dem Thema weniger als Gai interessiert schien. Als Thalvin seinen Blick auf ihm ruhen ließ, schlug Jorgan die Augen nieder, dann wandte er sich abrupt zur Seite. Er ging zur Kapsel und ließ die zwei allein.
    Thalvin sagte: »Er will es nicht tun.«
    »Was er will, kümmert mich nicht.

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