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Die Zeitreisen des Zacharias Jones (Flucht aus dem Mittelalter) (German Edition)

Die Zeitreisen des Zacharias Jones (Flucht aus dem Mittelalter) (German Edition)

Titel: Die Zeitreisen des Zacharias Jones (Flucht aus dem Mittelalter) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tery Mitfeld
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schweren Sack auf den Rücken schnallen lassen und ihr aufgetragen, gut auf den kleinen Bruder achtzugeben. Dann war sie aufgebrochen und Hanna hatte ihr hinterher geschaut, bis sie, begleitet von dem Reiter auf seinem erschöp ften Pferd, mit langen, bedächtigen Schritten hinter dem nahen, sanft ansteigenden Hügel verschwunden war, über den der gewundene Pfad in Richtung Sonningen führte.
    Hanna schloss die Tür und setzte sich wieder ans Feuer. Wann Mutter wohl zurückkam? Was, wenn ihr etwas zugestoßen war? Der Weg nach Sonningen war nicht sicher, vor allem des Nachts. Allerlei Gesindel trieb sich im Wald herum, ganz zu schweigen von den Reitern des Grafen. Sie versuchte, die Vorstellung beiseite zu schieben. Bestimmt war Mutter nichts passiert, bestimmt würde gleich die Tür aufgehen und sie würde hereinkommen, ganz bestimmt würde sie bald da sein!
    Aber so einfach ließen sich die dunklen Gedanken nicht vertreiben. Sie stand wieder auf und öffnete die Tür erneut. Angestrengt spähte sie in die Nacht. Die dahineilenden Wolken unter dem bleichen Mond warfen lange Schatten und machten es ihr schwer, etwas zu erkennen. Doch dann entdeckte sie die Umrisse einer dunklen Gestalt, die sich auf dem Weg über den Hügel vor dem Nachthimmel abzeichnete. Schritt für Schritt kämpfte sie sich gegen den scharfen Wind voran. So schnell sie konnte, schnürte Hanna die Lederlappen um die bloßen Füße. Dann rannte sie los, ließ die Hütten des Dorfes hinter sich und stürmte vorbei an der kleinen Kapelle mit dem steinernen, gedrungenen Turm, den Hügel hinauf. Wenige Augenblicke später stand sie schwer atmend vor ihrer Mutter.
    Das Gesicht der zierlichen Frau war gerötet von Kälte und Wind. Dort, wo das schwarze Haar mit den grauen Strähnen unter der Haube hervorschaute, war es, ebenso wie Wimpern und Augenbrauen, mit Eiskristallen bedeckt. Neben dem schwarzen Sack, den sie wie am Morgen auf dem Rücken trug, hatte sie einen mächtigen Beutel aus Sackleinen bei sich, der so schwer war, dass sie ihn hinter sich herschleifen musste. Erschrocken sah sie Hanna aus großen, müden Augen an.
    „Aber Kind, um Himmels willen, was machst du denn hier draußen?“
    Sie ließ den Leinensack los und schloss Hanna in die Arme. „Den Tod wirst du dir holen bei dieser Kälte.“
    Gemeinsam zogen sie den Sack das letzte Wegstück bis zur Hütte und verriegelten die Tür hinter sich. Es hätte nicht viel gefehlt und Hanna wäre geplatzt vor Neugier. Zu gerne hätte sie gewusst, was es mit diesem leinenen Sack auf sich hatte, der so prall gefüllt war, dass man ihn nicht tragen konnte. Aber ihre Mutter sagte kein Wort, sondern wickelte sich umständlich aus ihrem Umhang und verstaute den Inhalt des schwarzen Sackes sorgfältig an den dafür vorgesehenen Stellen im Regal. Hanna wusste, dass es keinen Zweck hatte, sie dabei zu stören, und so hockte sie sich ans Feuer und wartete ungeduldig.
    Als alles seinen Platz gefunden hatte, setzte sich Mutter neben sie und begann endlich zu erzählen, was an diesem Tag in Sonningen passiert war.
    „Als ich in das Haus des Marktvorstehers kam, hatte die Schwiegermutter schon den Pfarrer gerufen. Sie dachte, die Frau würde mit ihrem Kind im Bauch sterben. Es hätte auch wirklich nicht viel gefehlt.“
    Mit einem behaglichen Seufzer rieb sie ihre blau gefrorenen Hände über den Flammen. „Dieser Dummkopf von einem Doktor hätte sie fast umgebracht. Hat ihr doch tatsächlich noch Blut abgezapft, obwohl sie schon so viel verloren hatte.“
    „Und wie hast du ihr geholfen?“, fragte Hanna aufgeregt.
    „Ich habe ihr einen stärkenden Trunk bereitet. Und dann habe ich das Kind in ihrem Leib gedreht, damit es endlich hinaus konnte.“
    Staunend zog Hanna die Augenbrauen hoch. „Das geht?“
    „Aber natürlich.“ Ihre Mutter lächelte und strich ihr zärtlich über das Haar. „Ich werde es dir zeigen, wenn es sich ergibt.“
    „Und dann? Was ist dann passiert?“
    „Der Rest war einfach. Ich habe mit dem Kind getan, was man immer nach einer Geburt tun soll. Kannst du dich daran erinnern, was es ist?“
    Hanna überlegte. „Zuerst muss die Nabelschnur abgebunden werden, am besten mit einem dünnen Faden. Dann bade ich das Kind in warmem Wasser und um seinen Bauch wickele ich einen Leinenstreifen, den ich zuvor in Öl getaucht habe. Ich reinige Ohren und Nase, außerdem reibe ich noch einen Tropfen Öl auf die Augen.“
    „Sehr gut. Aber hast du nicht noch etwas vergessen?“
    „Ich

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