Die Zeitreisen des Zacharias Jones (Flucht aus dem Mittelalter) (German Edition)
selten sogar ein Huhn für den kleinen Stall hinter der Hütte.
Zweimal schon hatte der Frühling Eis und Schnee vertrieben, seit Mutter begonnen hatte, das Wissen über die menschliche Natur, ihre Unzulänglichkeiten und Krankheiten, an Hanna weiterzugeben.
„Ich werde dir alles beibringen, was ich selber weiß“, waren ihre feierlichen Worte gewesen. „Und wenn du einmal selbst eine Tochter hast, wirst du sie lehren, was ich dich gelehrt habe.“
Von diesem Tag an begleitete Hanna ihre Mutter zu den Kranken in den umliegenden Dörfern, lernte mit ihr im Wald und auf den Wiesen die Namen der Blumen und Kräuter und half ihr zu Hause bei dem Trocknen der Pflanzen und der Anfertigung von Salben und anderen Arzneien. Sie gab sich große Mühe, alles zu verstehen und zu behalten, aber sie würde noch manches Jahr brauchen, bis sie ihrer Mutter ebenbürtig war und alle Fertigkeiten einer Weisen Frau beherrschte.
Ihr Magen knurrte vernehmlich. Sie griff nach dem tönernen Krug neben der Kochstelle und trank einen großen Schluck kaltes Wasser, um das Hungergefühl zu betäuben. Schon am Morgen war der spärliche Rest an Hafer und getrockneten Erbsen endgültig zur Neige gegangen und das letzte Stück Brot hatte Arne vor dem Einschlafen bekommen.
Das Holzscheit war schon halb herunter gebrannt, aber es kam nicht infrage, mitten in der Nacht noch mehr Brennholz aufzulegen. Schließlich musste der knappe Vorrat neben dem Stall für den Rest des Winters reichen. Die Zweige und Äste, die man jetzt im Wald sammeln konnte, waren zu nass und faulig, als dass sie gutes Brennmaterial abgegeben hätten.
Hanna stand auf, öffnete die Tür einen Spaltbreit und spähte hinaus in die Nacht. Es hatte aufgehört zu schneien, aber immer noch war es windig, und schwere Wolken trieben in Fetzen an der runden, silbernen Mondscheibe vorbei.
Schon seit heute Morgen war Mutter nun fort, nachdem ein Reiter vor ihrer Hütte aus dem Sattel gesprungen war und an die Tür gehämmert hatte, bis Mutter endlich hinausgetreten war.
„Seid Ihr Herlinde, genannt die Heilerin?“
Mit verschränkten Armen hatte Mutter, Hanna und Arne hinter sich, wortlos genickt.
„Ihr müsst mich nach Sonningen begleiten. Sofort! Wir dürfen keine Zeit verlieren! Dem Weib meines Herrn Johann Kockerols, seines Zeichens Marktvorsteher in Sonningen, geht es schlecht“, hatte der Mann hervorgestoßen. „Sie liegt seit gestern in den Wehen und das Kind will nicht herauskommen. Die Seele schreit sie sich aus dem Leib und fürwahr, wenn ihr nicht bald Hilfe zuteilwird, wird sie die Nacht nicht überleben! Bitte kommt mit und helft mit Eurer Kunst!“
Mutter hatte den Reiter angehört und dann nachdenklich den Kopf geschüttelt. „Was soll ich Euch begleiten, Herr, es gibt meines Wissens zwei gelehrte Doctores in Sonningen und dazu noch einen Wundarzt. Diese Herren wird Euer Marktvorsteher lieber sehen, als eine Frau, die am Rande des Waldes in einer armseligen Hütte haust.“
„Aber so hört doch, Frau“, hatte der Reiter gefleht, „einer der Doctores ist schon dort gewesen und es ist ihm nichts Besseres eingefallen, als das Weib tüchtig zur Ader zu lassen. Nun liegt sie da, matt und bleich auf den Tod und wird jede Minute schwächer. Eine Marktfrau hat meinem Herrn von Euch berichtet. Sie sagte, Ihr würdet sicher helfen können.“
„Sicher ist nur der Tod, und dass im Herbst die Blätter fallen“, hatte Mutter geantwortet. „Aber gut, ich komme mit.“
Und dann hatte sie von dem stattlichen, hohen Regal neben der Tür verschiedene Flaschen und Tiegel mit Kräutern und Salben in den schwarzen Sack gepackt, den sie für ihre Hausbesuche verwandte, dazu einige metallene Haken, Zangen und ein Messer. Außerdem hatte sie das aus Holunderholz geschnitzte Rohr mitgenommen, das an dem einen Ende, welches man auf den Bauch der Schwangeren setzte, etwas breiter war.
„Mit dem Rohr kann ich hören, wie es dem Kind im Leib der Gebärenden geht“, hatte Mutter vor einiger Zeit erklärt und Hanna konnte es kaum abwarten, es selbst einmal auszuprobieren. Doch bis jetzt hatte sich noch keine Gelegenheit gefunden.
Mutter hatte ihre Haube auf die geflochtenen Zöpfe gesetzt, die herabhängenden Seitenbänder unter dem Kinn verknotet und ihren Umhang aus schwerem, rauen Stoff über die Schultern gelegt. Vorn unter dem Hals hatte sie ihn mit der Kupferfibel sorgfältig verschlossen und sich so fest es ging hineingewickelt.
Zuletzt hatte sie sich von Hanna den
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