Die Zeitreisen des Zacharias Jones (Flucht aus dem Mittelalter) (German Edition)
aussah, als könnte es von einer gewöhnlichen Haarbürste gebändigt werden. Er hielt die Hände unter den Wasse rhahn, spreizte die Finger zu einem provisorischen Kamm und fuhr sich durch den Schopf, bis sich seine Haare zumindest über die Richtung einig waren, in der sie auf seinem Kopf zu liegen gedachten. Anschließend spritzte er sich ein bisschen kaltes Wasser ins Gesicht, gerade genug, um nicht mehr ganz so verschlafen auszusehen, putzte sich die Zähne und zog sich an. Der Schlafanzug flog über den Badewannenrand. Er nahm sich vor, ihn gleich nach dem Frühstück wegzuräumen, damit es keinen Ärger mit Mama gab. Mama konnte Schlafanzüge auf Badewannenrändern nämlich überhaupt nicht leiden.
Die Sonne schien durch das Badezimmerfenster und die Strahlen, die sich in den hellen Kacheln und einem Teil des großen Spiegels brachen, vermittelten ein angenehmes Gefühl sonntäglichen Friedens. Vielleicht würde ja doch noch alles gut werden?
Zacharias rannte die Treppe hinunter, durch das Wohnzimmer, wo immer noch sein Geburtstagstisch stand, voller ausgepackter Geschenke jetzt und ohne Sahnetorte. In dem halbrunden Esszimmer, dessen Fenster sich vom Boden bis zur Zimmerdecke erstreckten und den Blick in den sommergrünen Garten frei gaben, saßen Mama, Papa und Zinchen schon beim Frühstück. Ein schneller Blick in den Brotkorb zeigte ihm, dass er rechtzeitig genug gekommen war, um noch etwas von der ersten Runde Toast abzukriegen.
„Guten Morgen“, sagte er in die Runde.
„Guten Morgen“, antworteten Mama und Papa. Auch seine Schwester nuschelte mit vollem Mund etwas, was so ähnlich klang. Fast schien es Zacharias, dass Zinchen über seine schnelle Genesung ein bisschen enttäuscht war. Wahrscheinlich bedauerte sie es, dass die interessante Ausnahmesituation, in der sich ihr Bruder befunden hatte, schon wieder beendet war.
„Na, wie wär´s denn mit einem Stückchen Sahnetorte?“, krähte sie und kicherte vergnügt.
Zacharias musste an Lukas´ Spruch von der Königin der Nervensägen denken, sagte aber mit Rücksicht auf Mamas und Papas Anwesenheit nichts. Statt dessen setzte er sich einfach auf seinen Platz und goss sich ein Glas Orangensaft ein. Mama lächelte ihn an.
„Schön, dass du wieder fit bist“, sagte sie und nahm einen Schluck aus ihrer Kaffeetasse. „Ich schätze, bei deinem nächsten Geburtstag wirst du mehr von dem Kuchen für die Gäste übrig lassen, oder?“
Zacharias beschloss, auch diese Bemerkung nicht weiter zu kommentieren, und versuchte, soviel Erdbeermarmelade wie möglich auf seinen Toast zu schaufeln.
„Sag mal, Paps“, sagte er zu Papa, der sich so hinter der Sonntagszeitung versteckt hatte, dass man nur seine Fingerspitzen sehen konnte. „Wo werden wir in Sonningen denn wohnen?“
Er spähte hinüber zu seiner Schwester, um ihre Reaktion auf die Neuigkeit zu erfahren. Aber die schob sich nur seelenruhig einen weiteren Löffel Cornflakes in den Mund, und Zacharias gelangte zu dem Schluss, dass Zinchen bereits über die große Veränderung informiert war, die ihnen allen bevorstand.
Papa ließ seine Zeitung sinken. „Nun, wir können uns nicht beklagen. Die Firma hat eine Villa für uns gemietet. Sie ist sehr groß und ziemlich alt und soll wunderschön sein.“
Das hörte sich interessant an. Zacharias kaute an seinem Brot und versuchte, trotzdem einigermaßen deutlich zu sprechen. „Und wem gehört diese Villa?“
„Einer Immobilienfirma, die auf die Vermietung und den Verkauf großer, alter Häuser spezialisiert ist.“
Papa merkte plötzlich, dass eine Ecke seiner Zeitung in der Butter gelandet war, und hob sie vorsichtig ein Stückchen höher.
„Meines Wissens hat die Immobilienfirma sie von den Erben des letzten Besitzers gekauft. Das muss so um 1974 gewesen sein. Der Makler hat erzählt, dass die Villa monatelang leer gestanden hat, weil der Besitzer spurlos verschwunden war. Damals wusste keiner, ob er noch einmal zurückkommen würde.“
„Ist er denn zurückgekommen?“ Zinchens besorgter Stimme war anzuhören, dass sie das plötzliche Verschwinden von Leuten ausgesprochen schrecklich fand.
„Ich glaube, das reicht jetzt“, sagte Mama und sah Papa mit strengem Blick an. „Du machst den Kindern noch so viel Angst, dass sie sich in deine tolle Villa gar nicht reintrauen.“
Empört rief Zinchen: „Aber Mama, wir haben doch keine Angst!“
„Natürlich nicht“, sagte Zacharias mit leicht verächtlichem Unterton und wandte sich
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