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Die zerborstene Klinge: Roman (German Edition)

Die zerborstene Klinge: Roman (German Edition)

Titel: Die zerborstene Klinge: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelly McCullough
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Leben lassen müssen. Außerdem ließ mich besagte Runde erhitzt, verschwitzt und verschmutzt zurück. Als ich also endlich in die Schatten unter dem Wassertank auf dem Dach des Clubs glitt, tat ich das mit einem ziemlich intensiven Gefühl der Erleichterung.
    Nachdem ich mein schweres Bündel vorsichtig von den Stahlringen an meinem Schwertgeschirr gelöst hatte, schob ich es in den Zwischenraum zwischen den Stützen des Wassertanks. Dann streifte ich die rußbeschmierten Kleider ab und überlegte kurz, ob ich sie in den Fluss hinter dem Gebäude werfen sollte. Nun, da ich mir den Rest von Mayliens Silber zurückgeholt hatte, war ich zuversichtlich, dass ich meine gesamte Garderobe ersetzen und das derzeit Beste, was ich hatte, dazu benutzen konnte, das geheime Lager in meiner Reserve zu ergänzen. Andererseits wusste man nie, wann ein Satz alter Lumpen wieder nützlich sein könnte, also verstaute ich sie stattdessen in meinem Bündel.
    Dann, nackt bis auf ein paar Dolche in Unterarmscheiden, kletterte ich die kurze Leiter zur Oberseite des Tanks empor, öffnete die Falltür, befestigte ein Seil am Rand und ließ mich in die Finsternis hinab. Das Reservoir war gerade noch etwas weniger als viertel voll, und ein langer Tag in der Sonne hatte dafür gesorgt, dass das brusthohe Wasser in dem mit einem dunklen Dach und ebensolchen Wänden versehenen Gefäß so warm war wie Blut. Mit einem glückseligen Seufzer sank ich hinein. In der Dunkelheit konnte ich Triss nicht sehen, aber ich fühlte, wie er über den Boden des Tanks glitt und das Wasser auf seine eigene, fremdartige Weise genoss.
    Den Rauchgestank aus meinem Haar und von der Haut zu waschen fühlte sich herrlich an, trotz der besonderen Aufmerksamkeit, die ich meinem Gefühl nach einer ganzen Myriade an kleinen Schnittwunden und Prellungen widmen musste. Bedauerlicherweise verlor ich meinen kleinen Seifenriegel, als ich immer noch ein halbes Bein von der vollständigen Säuberung entfernt war, und während ich, der Not gehorchend, noch fester schrubbte, überlegte ich, ob sie es wohl durch die tönernen Rohre bis hinunter in eines der großen Badebecken schaffen würde, die die Clubmitgliedschaft für reisende Händler und gut gestellte Vagabunden so besonders reizvoll machten. Ehrlich, ich hätte nichts lieber getan, als einfach zu bleiben und selbst stundenlang zu baden, aber ich hatte dringende Pflichten, sowohl gegenüber den Lebenden als auch gegenüber den Toten, und konnte es mir nicht leisten zu verweilen.
    Außerdem bestand auch stets die Gefahr, dass einer der Bediensteten des Clubs beschloss, seinerseits ein kurzes Bad zu nehmen. Das Seil, das so offen dalag, würde sie äußerst misstrauisch machen – sie gaben sich immer große Mühe, es vor den Eigentümern zu verstecken. Zwar konnte ich im Falle einer solchen Begegnung mit höchster Wahrscheinlichkeit davonschleichen, ohne jemanden zu verletzen, aber es wäre weitaus klüger, derartige Umstände im Vorfeld zu meiden.
    Nach einem bedauernden Seufzer zog ich mich Hand über Hand an dem Seil aus dem Fass. Als ich das Seil wieder eingepackt hatte und in frische graue Kleidung geschlüpft war, verteilte ich mein Gepäck auf zwei kleinere Bündel und versteckte das größere, übelriechendere sorgfältig auf einem der Schlote des Clubs, der zu dieser Jahreszeit kalt und dunkel war, aber immer noch kräftig genug nach Rauch stank, um den Mief meiner Ausrüstung zu überdecken.
    Als Nächstes trugen mich sechs Laufschritte und ein von Triss gestützter Sprung quer über die schmale Gasse zur Ismere-Bibliothek. Dort glitt ich herab und über die Kante, um auf einem Balkon im zweiten Stock zu landen. Die Lamellentüren waren geschlossen, aber unverriegelt, und ein schmaler Kupferstreifen aus meinem Trickbeutel öffnete sie mühelos. Der Alarmbann an der Tür war schon etwas problematischer, aber ich hatte über die Jahre viel Routine darin gewonnen, solche Hindernisse zu umgehen.
    Hinter der Tür fand sich ein Leseraum mit einem Marmorboden, einem großen Tisch in der Mitte und diversen, kleineren Arbeitsnischen entlang der unebenen Maulbeerpapiertafeln, die als Wände dienten. Die Tafeln wurden oft an Orten benutzt, an denen ein flexibler Grundriss gefordert war oder es von Vorteil war, wenn das Licht aus einem Raum auch in den nächsten dringen konnte. Ich blieb gerade lange genug, um ein langes, schmales, in Leder gewickeltes Bündel hervorzuholen und meine Schwerter in einer der Nischen

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