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Die zerborstene Klinge: Roman (German Edition)

Die zerborstene Klinge: Roman (German Edition)

Titel: Die zerborstene Klinge: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelly McCullough
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Antwort könnte ja lauten. Das wäre ein zu großer Verrat an allem, was die Göttin von uns erwartet hatte.
    »Nein!«, entgegnete Triss in einem ausgesprochen einfühlsamen Ton. »Ein Feuer dieser Größenordnung in dieser Gegend erfordert zwingend Magie, und Zass würde so etwas niemals unterstützen.«
    Ich hoffte zutiefst, dass Triss in diesem Punkt recht hatte, dennoch konnte ich mich der Vorstellung nicht erwehren, welche Argumente ich an Devins Stelle vorgetragen hätte, wäre mir die Sache nur wichtig genug gewesen. Ich erinnerte mich daran, wie wütend Triss auf die Leute reagiert hatte, die uns gefangengehalten hatten, wie bereitwillig, ja wie begierig er gewesen war, zu töten und zu zerstören. Zass war nicht wie wir an das Gestell gefesselt gewesen, aber wenn Devin mit Hilfe dieser Glyphe einen Brand hatte legen wollen, wie sehr hätte er dann darauf dringen müssen, um Zass zu überzeugen?
    Böse Gedanken. Ich schüttelte den Kopf und versuchte, sie zu verdrängen. Wir hatten andere Dinge zu erledigen, und ... hey,vielleicht hatte ich gerade einen Weg gefunden, sie in den Griff zu kriegen.
    »Wie wäre es, wenn wir die Werkzeuge unserer Feinde gegen sie verwenden?«, fragte ich.
    »Was meinst du damit?«
    »Das Feuer in den Alten Stallungen.«
    »Ich verstehe nicht«, sagte Triss. »Ich weiß, du willst mir nicht sagen, wir sollten ein Feuer legen, um unsere Spuren zu verwischen.«
    »Hitze und Licht, darum geht es doch, richtig?«
    »Ja ...«

    Obwohl ich mir den abgerissenen Ärmel zum Schutz vor dem schlimmsten Rauch über Mund und Nase gelegt hatte, konnte ich nicht aufhören zu husten, als wir von einer Aschehalde zur nächsten hüpften und dabei eine Gegend durchquerten, die einst von blühendem Wohlstand gekennzeichnet war. Triss hatte sich von den Knien aufwärts um mich gewickelt, um sich von dem Feuer fernzuhalten. Auf meiner Haut fühlte sich seine tröstliche Nähe an wie kühle Seide, und ich konnte derzeit jeden Trost brauchen, dessen ich nur habhaft werden konnte. Der Brandgeruch in den Alten Stallungen war abscheulich.
    Holz, natürlich, hunderte von Arten, Pferdehaar, das dazu benutzt worden war, den Putz haltbarer zu machen oder Polster zu füllen, Stroh, Baumwolle, Seide. Das waren die guten Gerüche. Die Farbe und der Lack, Kupfer, die Exkremente aus den Nachttöpfen, das waren die schlimmen. Aber am schlimmsten war der schreckliche Geruch verkohlten Fleisches. Pferd. Hund. Mensch. Wer immer das getan hatte, hatte ihr Sterben in Kauf genommen.
    »Ich werde herausfinden, wer dieses Feuer gelegt hat, und ichwerde ihn umbringen«, stieß ich, von Hustenanfällen unterbrochen, hervor. »Das bin ich den Toten schuldig.«
    Und als ich das sagte, blieb ich wie angewurzelt stehen. Mitten in der Ruine eines Hauses. Rauch stieg von den Sohlen meiner langsam schmorenden Stiefel empor, und der Schweiß lief mir in Strömen über den Leib. Ich lauschte den Worten, die aus meinem eigenen Mund aufklangen, und ich hörte sie wirklich, und dabei erstarrte ich, denn ich hatte eine enorme und entsetzliche Wahrheit erkannt.
    Jemand hatte hier wahrlich Böses getan, und er musste dafür sterben. Das war ich den Toten schuldig. Nicht nur jenen, die in diesem Feuer gestorben waren. Ich schuldete es meiner Göttin und all den gefallenen Kameraden, die nie wieder eine Chance haben würden, Gerechtigkeit an den Schuldigen zu üben.
    Fünf Jahre lang hatte ich das, was ich war, und warum ich diese Gaben besaß, vergessen oder beschlossen, es einfach zu ignorieren. Ich mochte nicht mehr Klinge einer Göttin sein oder der Königsmörder oder auch nur die Art Mann, die Gut von Böse stets sicher zu unterscheiden wusste – in meiner Welt gab es inzwischen so viel Grau, dass ich mir nicht mehr sicher sein konnte, was wahrhaft Schwarz oder Weiß war. Aber ich hatte kein Recht, das Böse zu ignorieren, wenn es mir mitten ins Gesicht schlug. Wer immer das getan hatte, ich würde ihn aufhalten, und zwar für immer. Ich musste es tun.
    Das war ich den Toten schuldig.

9
    D as Ismere, ein Club für hohe Handelsherren, war nur eine schmale Gasse von der privaten Leihbücherei gleichen Namens entfernt. Erstgenannter bot zudem Gelegenheit für einen notwendigen Zwischenstopp auf dem Weg zu Letztgenannter. Meine zweite Runde über die glühenden Kohlen des niedergebrannten Viertels mit Namen Alte Stallungen hatte meine Entschlossenheit noch vertieft, die Verantwortlichen zur Strecke zu bringen. Dafür würden Leute ihr

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