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Die zerborstene Klinge: Roman (German Edition)

Die zerborstene Klinge: Roman (German Edition)

Titel: Die zerborstene Klinge: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelly McCullough
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letzten dieses Namens befreit hast. Es offenbart sich in deiner Art zu sprechen und der Art, wie du den Kopf hältst, und wenn du lügst. Das sind Verhaltensweisen, die seit Generationen vererbt werden.«
    »Wie das.« Er veränderte seine Haltung minimal, und füreinen winzigen Augenblick sah ich einen der Meister meines Ordens vor mir. Dann entspannte er sich, und der Eindruck verflog.
    »Oh ...«, Triss glitt weiter nach vorn, um besser sehen zu können, »... das war ein lebensechter Kelos. Sehr gut.« Schattenhände applaudierten.
    Harad verbeugte sich halb auf seinem Platz, so elegant wie ein Schauspieler, sagte aber nichts.
    »Ich verstehe nicht«, sagte ich nach einigen Sekunden der Stille, in denen ich meine Möglichkeiten erwog.
    Selbige waren höchst beschränkt, nachdem Triss sich entschlossen hatte, seine Präsenz zu offenbaren. Lustigerweise hatte ein Anschlag auf Harads Leben nie ernsthaft zur Debatte gestanden. Ob das auf Klugheit beruhte, auf Vorsicht oder ganz einfach auf Freundschaft, ist nach wie vor eine unbeantwortete Frage.
    »Vor dreihundert Jahren haben Diener deiner Namara mich gebeten, sie bei der Ausbildung ihrer Klingen zu unterstützen. Seinerzeit leitete ich eine Schauspieltruppe in Varya, und das schon seit ungefähr fünfzig Jahren. Die Meister wünschten, ihre Techniken um einige Finessen zu bereichern, und wer wäre da besser geeignet als ein Meister der Schauspielkunst? Damals hatte das Theater mich bereits gelangweilt, und ich dachte, es wäre vielleicht ein unterhaltsamer Kulissenwechsel, Assassinen auszubilden, und so blieb ich eine Dekade oder drei.«
    »Wie ging es weiter?« Ich war fasziniert, aber auch ein kleines bisschen entsetzt von Harads Engagement für meinen Orden. Komischerweise störte es mich überhaupt nicht, das Wort »Assassinen« aus seinem Munde zu hören.
    Triss nahm seine Drachenform ein und setzte sich zu meinen Füßen auf den Boden. Ich unterdrückte das Verlangen, ihm dafür, dass er unsere Geheimnisse aufdeckte, einen Klaps auf die Nase zu versetzen. Dieses Kind war schon vor einem Jahrzehntin den Brunnen gefallen, wenn Harad ehrlich zu uns gewesen war.
    »Mir wurde auch das langweilig, und ich verließ den Tempel«, sagte Harad. »Es ähnelte zu sehr der Arbeit mit der Theatertruppe, also konzentrierte ich mich auf eine neue Laufbahn und danach auf wieder eine andere. Bisher gefällt mir, so glaube ich, Bibliothekar am besten. Ich bin schon seit hundertzwanzig Jahren hier, und ich denke, ich könnte noch weitere hundert bleiben. Nun, da das erledigt wäre: Was führt dich heute zu mir? Du kannst unmöglich schon mit diesem Nekromantiebuch fertig sein.« Sein Blick huschte für einen Moment zu meiner immer noch vollen Teetasse. »Du liest nicht so schnell oder so stetig – dafür lässt dir das Trinken gar nicht genug Zeit.«
    Ich breitete die Hände aus, um dem Wahrheitsgehalt seiner Stichelei Anerkennung zu zollen. »Nein, ich bin noch nicht fertig damit. Im Moment ist es für mich einerseits ein bisschen zu grausam, andererseits auch ein bisschen zu dumm, aber ich würde es gern eines Tages noch einmal versuchen. Ich hatte vor zu behaupten, ich hätte es gelesen, und Euch zu bitten, mir etwas über das Los der königlichen Familie und die Entwicklung der Erbfolge nach Ashvik zu geben.
    Ich habe allerlei Umwege im Leben gemacht, um Neuigkeiten vom königlichen Hof auszuweichen, aber das wollte ich Euch gegenüber nicht zugeben, da es etwas über mich verraten hätte. Darum wollte ich Euch ein Märchen über einen neuen Auftraggeber auftischen, aber das kommt mir jetzt lächerlich vor. Stattdessen werde ich Euch erzählen, was ich wirklich wissen will, warum ich es wissen will und was bis jetzt passiert ist. Und dann werde ich sehen, ob Ihr mir den rechten Weg weisen könnt.«
    Und so erzählte ich, hilfreich unterstützt von Triss’, wann immer ich versehentlich einen Fehler zu erwähnen vergaß, den ich begangen hatte – verflixter Kerl. Und als ich fertig war, suchte Harad für mich heraus, was ich brauchte.
    »Dies gilt in Tien als verbotenes Propagandamaterial.« Harad reichte mir ein umfangreiches Pamphlet in kodemischer Sprache: Thauvik, der Aufstieg des Bastardkönigs. »Und das ist es auch, aber es enthält einen wahren Kern. Der Umstand, dass es verboten ist, bringt mit sich, dass es in der Bibliothek sehr gefragt ist. Bitte behalte es nicht zu lange, und außerdem, sollte es irgendwo zur Sprache kommen, lass niemanden wissen, dass du

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