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Die Zerbrochene Kette - 6

Die Zerbrochene Kette - 6

Titel: Die Zerbrochene Kette - 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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munteren Sprüchen verschwunden.
Sie sagte: »Eine dumme Spielerei! Ein Welpe, den man nicht erzieht, sobald er die Augen öffnet, macht als alter Hund immer noch den Fußboden naß. Ich habe das schon als kleines Mädchen getan. Kindra sagte mir, es sei nichts als eine nervöse Angewohnheit und ich würde darüber hinauswachsen. Aber das habe ich nicht getan.«
Magda konnte sich denken, daß mehr dahintersteckte, stellte jedoch keine weiteren Fragen. Das verbot ihr dies undefinierbare innere Wissen, dem sie zu vertrauen begann. Statt dessen erkundigte sie sich nach etwas, das ungefährlicher war.
»Jaelle, bist du schwanger?«
Jaelles grüne Augen blitzten auf, und dann sah sie weg. Ihre Antwort hatte etwas Trostloses an sich. »Ich weiß es nicht. Es ist zu früh, um sicher zu sein.« Sie sprang von dem Fenstersitz und flüchtete sich wieder in Fröhlichkeit. »Komm, treiben wir eine von Rohanas Schwatzliesen auf! Wir werden sie bitten, deine Kleider in Ordnung zu bringen, und sie glücklich machen mit dem
Gedanken, daß sie einer Freien Amazone überlegen ist!« Jaelle bündelte Magdas Sachen zusammen. Magda beobachtete sie und dachte: Sie ist so jung und verletzlich!
Wenn Peter ihr das Herz bricht, möchte ich ihn umbringen!
Was sollte aus Jaelle werden? Und außerdem, wenn es
sich hier um eine dauerhafte Verbindung handelte, was
Magda immer wahrscheinlicher vorkam, was sollte aus
Peter werden? Würde er seine Karriere tatsächlich für
eine Frau opfern? Und dazu für eine, der ihr Eid die Heirat verbot?
Es war leicht, über die Unvermeidlichkeit von Liebesgeschichten, Verbindungen und sogar Heiraten zwischen Mitgliedern verschiedener Völkergruppen auf Imperiumswelten zu reden. Für Magda waren das bisher
nur Statistiken gewesen. Aber es war anders, völlig anders, wenn man die betreffenden Personen kannte und
eine Vorstellung von den rein menschlichen und persönlichen Dingen hatte. Keine Statistik gab darauf auch nur
einen Hinweis.
Bin ich mit daran schuld? Habe ich das, indem ich mich
Peter verweigerte, auf sie beide herabbeschworen?
    15
    Der Winter zog sich hin; Ardais war tief verschneit. Für Jaelle war es ein köstliches Zwischenspiel, eine von allem übrigen in ihrem Leben vorher und nachher abgetrennte Zeit. Zum erstenmal seit ihrem dreizehnten Jahr war sie von normalen Frauen umgeben, trug Frauenkleidung, nahm am Leben des Haushalts teil und verbrachte den Tag mit weiblichen Wesen, die weder die Entsagungen noch die Freiheit der Amazonen kannten.
Sie hatte mit fünfzehn, wenn auch kurz und unfreiwillig, eine Kostprobe von dieser Daseinsform bekommen. Rohana hatte darauf bestanden, daß sie das Leben kennenlernte, dem sie entsagen wollte, bevor die Entsagung unwiderruflich war.
    Aber ich war zu jung, ich konnte es nicht klar erkennen.
Und nun ist es zu spät. Alle Schmiede in Zandrus Höllen können ein zerbrochenes Ei nicht flicken oder ein ausgeschlüpftes Küken in die Schale zurückschicken. Ich kann nie, nie mehr eine von ihnen werden.
Ich glaube auch nicht, daß ich das möchte. Doch ganz sicher bin ich mir jetzt nicht mehr…
Und dann war da der Terraner, ihr Liebhaber…
Wie jeder jungen Frau, die zum erstenmal wahrhaft liebt, war ihr, als fülle er ihren ganzen Himmel. Das Gildenhaus und das Leben dort schienen weit entfernt zu sein. Sie wußte, daß es nur ein Zwischenspiel war, daß es enden mußte. Deshalb versuchte sie, ganz in der Gegenwart zu leben, sich weder an die Vergangenheit zu erinnern noch an die Zukunft zu denken, sondern einfach je den Augenblick zu genießen.
Dennoch kam es vor, daß sie nachts in den Armen ihres Liebsten erwachte und es sie quälte, daß sie nicht mehr wußte, was sie tat, wer sie war und was auf ihn und auf sie zukam. Keine der tausend Ungewißheiten konnte zu einer Frage formuliert oder gar beantwortet werden. Dann klammerte sie sich verzweifelt an ihn und verlangte das eine, dessen sie sicher war, die eine Gewiß heit, die sie teilten. Sie hatte aufgehört, vorsichtig zu sein. Warum sollte sie verheimlichen, was zwischen ihnen war? Natürlich mußte das den Eintritt der Krise beschleunigen, aber sie hatte das Gefühl, selbst das wäre eine Erlösung aus der schrecklichen Ungewißheit.
Und dann hörte sie eines Nachts rings um die Türme das leise Tropfen des Regens und das Fließen des abtauenden Schnees. Die Frühjahrsschmelze hatte begonnen. Jetzt brach die Realität von neuem in ihre verzauberte Isolierung ein, und Jaelle hatte nicht die leiseste

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